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Nordendorf: Nach dem Sensationsfund: Wem gehört der Reiter von Nordendorf?

Nordendorf

Nach dem Sensationsfund: Wem gehört der Reiter von Nordendorf?

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    So ungefähr könnte der Reiter von Nordendorf ausgesehen haben.
    So ungefähr könnte der Reiter von Nordendorf ausgesehen haben. Foto: Marcus Merk

    Einen spektakulären Fund haben im vergangenen Sommer Archäologen bei Ausgrabungen in Nordendorf gemacht – ein ungeöffnetes Grab aus dem frühen Mittelalter, in dem ein Reiter und nebenan sein Pferd mit wertvollen Grabbeigaben bestattet waren. Präsentiert wurde das Ergebnis der Ausgrabungen Mitte Februar, doch wie es weitergeht, ist derzeit offen. Denn zunächst muss geklärt werden, wem der Fund gehört.

    Als das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege im Februar zu einer Präsentation nach München einlud, um die Ergebnisse einer Ausgrabung in Nordendorf vorzustellen, war das Interesse groß. Selbst der bayerische Wissenschaftsminister Bernd Sibler war gekommen. In einem Grab, das etwa 1300 Jahre offenbar unberührt geblieben war, wurde das Skelett eines Kriegers gefunden, daneben Schwert, Schild und Lanze sowie wertvolle Grabbeigaben. Nun hat sich im Landtag der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst mit dem archäologischen Fund befasst. Die AfD hatte einen Antrag gestellt, möglichst vor Ort eine angemessene Präsentation des Grabmals zu schaffen.

    Ein einzigartiger Fund

    Die Ausschussmitglieder seien sich einig gewesen, dass der archäologische Fund in Nordendorf einzigartig ist, teilt das Ministerium für Wissenschaft und Kunst über den Verlauf der Beratungen mit. Dennoch wurde der Antrag von der Mehrheit der Ausschussmitglieder abgelehnt. Der Antrag komme zum jetzigen Zeitpunkt noch zu früh, so ihre Auffassung, denn zunächst müsse das Eigentum an den Funden geklärt werden – und diese Klärung ist bislang nicht abgeschlossen.

    Überrascht haben die Forscher die goldenen Kreuze
    Überrascht haben die Forscher die goldenen Kreuze Foto: Marcus Merk

    Auch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege erklärt auf Nachfrage, dass für alle weiteren Schritte eine Abstimmung mit dem Eigentümer der Funde grundlegend sei. Daher gebe es derzeit noch keine Entscheidungen etwa zur Restaurierung der Funde oder deren wissenschaftlicher Bearbeitung.

    Grabungen in Nordendorf sind abgeschlossen

    Die Ausgrabungen in Nordendorf selbst sind abgeschlossen, die Dokumentation über die Ergebnisse liegt im Landesamt bislang aber noch nicht vor. Aktuell finden den Angaben des Amtes zufolge in Nordendorf keine weiteren Ausgrabungen statt, das gilt auch für das bekannte Bodendenkmal. Ob und wann dort erneut archäologische Sicherungsmaßnahmen stattfinden, lasse sich nicht abschätzen.

    Laut bayerischem Recht, gehört die Hälfte des Fundes dem Grundstückseigentümer. Die andere Hälfte gehört dem Finder. Das ist juristisch betrachtet, meist der Veranlasser der Grabung. Das Gelände, auf dem der Reiter gefunden wurde, gehörte damals, laut Bürgermeister Tobias Kunz (Freie Wähler) der Gemeinde Nordendorf, aber wurde mittlerweile verkauft. Die Grabung geschah laut Kreisheimatpflegerin Gisela Mahnkopf, auf Veranlassung der Gemeinde Nordendorf. Diese wäre damit der alleinige Eigentümer des Fundes.

    Pläne für die Nordendorfer Funde fehlen noch

    Kunz hat noch keine Pläne, was mit den Funden geschehen soll. Den Vorschlag der AfD unterstützt er aber nicht: „ Wir haben keine Pläne für ein Museum vor Ort. Es wäre sicherlich sinnvoller, den Fund in einem bestehenden Museum unterzubringen“, findet der Bürgermeister.

    Seine rund 2500 Einwohner zählende Gemeinde ist Frühmittelalterforschern schon länger ein Begriff. 1844 stießen Arbeiter beim Bau der Bahnlinie nach Donauwörth auf die Überreste von fast 500 Gräbern aus der Zeit der Alamannen, die die Gegend nach den Römern beherrscht hatten. Es gab spektakuläre Funde: Darunter eine silberne Fibel, auf deren Rückseite Runen eingeritzt sind. Das Schmuckstück lagert heute im Depot des Römischen Museums in Augsburg.

    Dieses Geschirr kam vor rund 1300 Jahren aus dem Mittelmeerraum, wahrscheinlich aus Ägypten, nach Schwaben.
    Dieses Geschirr kam vor rund 1300 Jahren aus dem Mittelmeerraum, wahrscheinlich aus Ägypten, nach Schwaben. Foto: Foto: Marcus Merk

    Im Sommer 2019 wurde ein paar hundert Meter südlich des großen Gräberfeldes gegraben. Dort stießen die Archäologen auf die Gräber von zwei hochrangigen Persönlichkeiten. In einem lagen die Überreste eines etwa 50 Jahre alten Mannes und ein Zaumzeug, der Rest der Beigaben war vermutlich schon wenige Jahre nach der Bestattung entnommen worden. Grab Nummer zwei dagegen hatte vermutlich mehr als 1300 Jahre unversehrt überstanden. Darin lagen das Skelett des Kriegers, Schwerter, Schild und Lanze sowie ein Zaumzeug. Daneben ein weiteres Grab, in dem das kopflose Pferd bestattet worden war.

    Forscher von Grabbeigaben fasziniert

    Mehr noch als die Waffen des Reiters von Nordendorf faszinierten die Forscher aber die übrigen Grabbeigaben: die goldenen Kreuze und eine bronzene Kanne sowie eine Geschirrschale. Nicht mehr als 30 derartige Stücke gibt es in ganz Bayern. Die jetzt gefundenen stammen aus dem Mittelmeerraum, wahrscheinlich aus Ägypten.

    Die Archäologen sind sich d sicher, auf das Grab eines Angehörigen der Oberschicht gestoßen zu sein. Die Funde ließen auf eine wohlhabende Bevölkerungsgruppe schließen, die auch Kontakte in die Ferne unterhielt. Die Kreuze - sehr frühe Zeichen einer Christianisierung, sind die ersten Kreuzfunde in Nordendorf überhaupt.

    Der Reiter von Nordendorf hat aller Wahrscheinlichkeit nach zum Germanen-Volk der Alamannen gehört. Er war etwa 1,80 Meter groß und zum Zeitpunkt seines Todes zwischen 20 und 40 Jahre alt.

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