Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg Land
Icon Pfeil nach unten

Neusäß: Unfreiwilliger Schulwechsel trifft Zweitklässlerin in Neusäß hart

Neusäß

Unfreiwilliger Schulwechsel trifft Zweitklässlerin in Neusäß hart

    • |
    Eine Zweitklässlerin aus Neusäß soll die Schule wechseln. Gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie können ihre Eltern die Begründung nicht wirklich nachvollziehen.
    Eine Zweitklässlerin aus Neusäß soll die Schule wechseln. Gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie können ihre Eltern die Begründung nicht wirklich nachvollziehen. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, dpa (Symbolbild)

    Sommer, Sonne, Schulferien: Mit einem mulmigen Gefühl geht Emily in die lange Urlaubszeit. Die Achtjährige aus Neusäß hat in ihrer zweijährigen Schulzeit nur wenige Monate "normalen" Unterricht erlebt, bevor im März 2020 der erste Lockdown begann. Für das eher zurückhaltende Mädchen eine Zeit, in der sie, was ihren sozialen Umgang betrifft, fast völlig auf sich allein gestellt war, berichten ihre Eltern. Das ist jetzt anders: Sie spielt mit anderen Kindern, sie ist fröhlich. Doch jetzt soll sie die Schule wechseln - allerdings nicht freiwillig. Es geht um die Sprengelzugehörigkeit. Und da zeigt sich die Stadt Neusäß unnachgiebig.

    Eltern kennen das: Wenn ihre Kinder mit sechs in die Grundschule kommen, dann hängt der Besuch der öffentlichen Einrichtung vor allem vom Wohnort ab. Besonders in Städten mit mehreren Schulen ist straßengenau aufgeteilt, welche Einrichtung besucht werden soll. Der Vorteil für die Kommunen: Sie können besser planen, die Schulen können jeweils nach ihrer Kapazität gefüllt werden. Manchmal passiert das auch über Gemeindegrenzen hinweg: Bis vor 14 Jahren besuchten die Kinder aus dem Diedorfer Ortsteil Biburg sogar die Grundschule in Steppach, weil sie in Diedorf keinen Platz hatten.

    Die Großeltern haben das Mädchen nach dem Unterricht betreut

    Und manchmal gehört der eigene Haushalt, in dem der Sprengel liegt, sogar zu einer Schule, die weiter weg ist als die nächstgelegene. So ist das auch bei Familie Thomik in Neusäß. Doch das war nicht der Grund, weshalb Emily mit einer Befreiung in der Grundschule St. Ägidius eingeschult wurde statt in der Eichenwaldschule, zu dessen Sprengel der Straßenzug beim Neusässer Schulzentrum gehört. "Nach der Schule ist Emily zu meinen Schwiegereltern gegangen, die dort in der Nähe wohnen", erklärt ihr Vater Andreas. Nun sind die Schwiegereltern umgezogen, der Grund für die Befreiung vom Schulsprengel ist somit weggefallen. Die Stadt Neusäß hat nun die Sprengelbefreiung nicht erneut ausgestellt.

    Die achtjährige Emily hat lange gebraucht, bis sie in ihrer Klasse Fuß gefasst hat. Jetzt soll sie die Schule wechslen.
    Die achtjährige Emily hat lange gebraucht, bis sie in ihrer Klasse Fuß gefasst hat. Jetzt soll sie die Schule wechslen. Foto: Sebastian Gollnow, dpa (Symbolbild)

    Eine Entscheidung, die die Thomiks so nicht wirklich nachvollziehen können. Denn: Auch die Betreuung nach der Schule, die die Familie jetzt gefunden hat, liegt im Umgriff der Grundschule St. Ägidius, erläutert der Vater. Doch was für ihn als Pädagogen, auch seine Frau ist in diesem Bereich tätig, schwerer wiegt: Er bedauert die für die Familie gefühlte besondere Härte der Entscheidung gerade in den für Kinder so schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie.

    Die Familie trifft die Entscheidung hart

    Denn Emily war nur wenige Monate überhaupt erst in der Schule, bevor der erste Lockdown und damit die erste Schulschließung kam. Erst jetzt habe sie sich so richtig in der Klasse eingelebt - und soll nun wechseln, obwohl die Grundschule St. Ägidius ausreichend Platz hätte für sie als Schülerin, hat er sich erkundigt. Die Ablehnung der Sprengelbefreiung trifft die Familie: "Es fällt uns schwer, in Worte zu fassen, was wir ob der Entscheidung der Schulverwaltung empfinden. Wie kann man nur ein achtjähriges Kind aus seiner gewohnten Umgebung herausreißen, nur weil der ursprüngliche Sprengelgrund entfällt? Und das auch noch vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie, wo es kaum noch möglich ist, die vor allem für Kinder so wichtigen Sozialkontakte zu knüpfen", hat er nach der Ablehnung an Bürgermeister Richard Greiner geschrieben.

    Doch die Schulverwaltung der Stadt und auch das Landratsamt als übergeordnete Behörde bleiben bei ihrer Einschätzung: Ein zwingender persönlicher Grund für eine Sprengelbefreiung liege nicht vor. Das Landratsamt ergänzt auf Nachfrage unserer Redaktion: "Unzumutbare Härte ist in diesem Einzelfall ebenfalls nicht erkennbar - insbesondere wenn man sich vor Augen führt, dass die Corona-Pandemie und die mit ihr einhergehenden Schwierigkeiten alle Schülerinnen und Schüler in vergleichbarem Ausmaß getroffen hat und alle Sozialkontakte stark eingeschränkt hat." Zudem stelle die Sprengelpflicht nun mal die Regel dar, um den Schulbetrieb sinnvoll planen zu können.

    Jedes Jahr fragen 50 Familien bei der Stadt Neusäß um eine Sprengelbefreiung nach

    Etwa 50 Anträge auf Sprengelbefreiung gehen bei der Stadt Neusäß jedes Jahr ein, berichtet eine Sprecherin der Stadt. Jeder einzelne werde sorgfältig geprüft. Was als Grund nicht anerkannt werde, sei dabei der Wunsch nach einer bestimmten Betreuung nach der Schule, wenn es eine gleichwertige auch vor Ort gebe - so, wie eben an der Eichenwaldschule. Und: "Generell werden alle eingereichten Anträge auf Schulsprengelbefreiung wertneutral und sehr sorgfältig geprüft. Hierbei bleiben berufliche Ränge unberücksichtigt und eine Sonderbehandlung durch die Stadt Neusäß findet keine Anwendung", versichert die Stadt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden