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Neusäß: Sie sind echte Faschingsfreundinnen - seit 55 Jahren

Neusäß

Sie sind echte Faschingsfreundinnen - seit 55 Jahren

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    Spontan setzte sich Evelyn Nieder (links) in ihr Auto und kam von Ansbach zu ihrer Freundin Hedwig Rößle (rechts), um gemeinsam mit ihr alte Faschingserlebnisse wieder aufleben zu lassen.
    Spontan setzte sich Evelyn Nieder (links) in ihr Auto und kam von Ansbach zu ihrer Freundin Hedwig Rößle (rechts), um gemeinsam mit ihr alte Faschingserlebnisse wieder aufleben zu lassen. Foto: Jutta Kaiser-Wiatrek

    Der Aufruf unserer Zeitung nach Faschingsbildern aus früheren Zeiten, hat Hedwig Rößle aus dem Neusässer Stadtteil gleich aufhorchen lassen und so schickte sie ein Faschingsfoto aus Jugendzeiten ein. Letztlich ist aus dem, was sie zu erzählen hatte, aber nicht nur eine Geschichte über die Freuden des Faschings, so wie er früher gefeiert wurde, sondern auch gleich noch eine Geschichte über eine ganz besondere Freundschaft, die nun schon 58 Jahre währt, geworden.

    „Ich war schon immer ein richtiger Faschingsfreak“, erzählt Rößle. Dabei wurde der Fasching in ihrer Kindheit und Jugend nur zusammen mit Freundin Evelyn Nieder gefeiert, die für das Gespräch mit unserer Zeitung ganz spontan einen Ausflug von Ansbach zu ihrer Freundin Hedwig gemacht hat. „Ich bin einfach spontan ins Auto gesprungen und habe meine Freundin überrascht“, lacht sie.

    Es entstand eine dicke Mädchenfreundschaft

    Beide Freundinnen stammen aus Welden, wo Rößles Eltern eine Gastwirtschaft hatten. Kennengelernt haben sie sich, als Evelyn im Alter von fünf Jahren mit ihren Eltern in das Haus dahinter zog. Damals war Hedwig Rößle gerade drei Jahre alt. Es entstand eine dicke Mädchenfreundschaft, die bis heute gehalten hat. Fast täglich haben sich die Freundinnen gesehen. „Wir waren immer im Doppelpack und schon als ’Doppeltes Lottchen‘ im Dorf bekannt und verbunden wie Geschwister“, lachen sie. Einzelkind Evelyn fühlte sich hier sehr wohl, hat sie doch die Geschwister und den Familienanschluss gefunden, den sie zuhause in dieser Art nicht hatte, da ihre Mutter arbeiten musste. In der Wirtschaft von Hedwigs Eltern war, trotz vieler Arbeit, die Mutter immer für die Kinder da. „Auch meine Geschwister und ich mussten dort helfen und so packte auch Evelyn gerne mit an. Wenn dann die Arbeit gemacht war, dann waren wir schnell fort, um zu spielen und später zu feiern“, erinnert sich Rößle und Nieder sichtlich gerne an die alten Zeiten.

    Besonders Fasching war für die beiden Mädchen eine höchst intensive Zeit, fanden in der elterlichen Wirtschaft doch zahlreiche Kinder- und Faschingsbälle statt. Gern erinnern sich die beiden Frauen an den Sanitätsball, den Ball der Wasserwacht oder den Feuerwehrball, der damals für alle Faschingsfans das Ereignis der Saison war. Traditionen, die es heute meist gar nicht mehr in dieser Form gibt, bedauern die beiden. Teilweise haben die Freundinnen bei den Bällen in der Gastwirtschaft geholfen, teilweise haben sie fröhlich mitgetanzt. Eines stand aber immer an erster Stelle: die passende Verkleidung. Gingen sie als Kinder noch als Prinzessin oder Rotkäppchen – wobei sich Hedwig Rößle erinnert, dass sie genau, wie es das Grimmsche Märchen vorschreibt, Rotwein und Kuchen in einem Körbchen hatte, das sie dann einer Tante brachte – so waren die späteren Kostüme nicht mehr ganz so süß und brav.

    Jedes Jahr gab es ein anderes Faschingskostüm

    Mal zogen sie als Spanierinnen, Spinnen oder, im Teenageralter, als Hippies, zum Faschingsfest. Jedes Jahr gab es ein anderes Faschingskostüm – das war ein Muss. Während es Freundin Evelyn später nach Franken verschlug, wo Fasching keinen besonders hohen Stellenwert hat, und sie zudem einen ausgemachten Faschingsmuffel geheiratet hat, feierte Hedwig weiterhin gerne mit ihrem Mann die fünfte Jahreszeit. „Ich habe für mein Leben gern getanzt und richtig verkleiden und vor allem schminken, das war immer wichtig“, erzählt sie.

    Dabei hat das Ehepaar, verkleidet als Brautpaar, sogar einmal den ersten Preis einer Maskenprämierung gemacht. Momentan aber bremsen sie ihre Knie etwas aus, sodass sie zu ihrem großen Bedauern in diesem Jahr nicht zum Maskenball gehen kann. Sie frönt dafür einer weiteren alten Faschingstradition: am Faschingsdienstag werden regelmäßig mit Tochter und Schwiegertöchtern in ihrer Küche Faschingskiachla gebacken. „Über 100 Stück werden es allemal.

    Dabei kommen alle Bäckerinnen regelmäßig so richtig ins Schwitzen, denn der Hefeteig darf ja keinen Zug bekommen“, lacht Familienmensch Hedwig und freut sich ganz besonders über diese schöne Tradition. Schließlich heißt es im Augsburger Land ja auch „Luschtig isch dia Fasenacht, wenn mei Oma Kiachla bacht. Wenn se aber koine bacht, na pfeif i auf dia Fasenacht.“

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