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Neusäss-Hainhofen: Fronleichnam: Für den Altaraufbau sitzt jeder Handgriff

Neusäss-Hainhofen

Fronleichnam: Für den Altaraufbau sitzt jeder Handgriff

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    Noch sind die Teile des Altars im Stadel auf dem Anwesen in Hainhofen verstaut. Berta Seitz zeigt die Säulen und das Heiligenbild, die dazugehören.
    Noch sind die Teile des Altars im Stadel auf dem Anwesen in Hainhofen verstaut. Berta Seitz zeigt die Säulen und das Heiligenbild, die dazugehören. Foto: Marcus Merk

    Ein Fronleichnam in Hainhofen wird Berta Seitz nie vergessen: Als die Prozession auf den Altar vor ihrem Haus zukam, waren die Kerzen in den prächtigen goldenen Ständern umgeknickt. Die Morgensonne hatte das Wachs weich gemacht. Seitdem steckt Berta Seitz die Kerzen erst kurz vor der Ankunft des Umzugs die Kerzen in die Halter. Alles soll passen an dem großen Tag. Die Landwirtin nimmt die Aufgabe, einen Altar vor dem eigenen Anwesen zu schmücken, sehr ernst. Sie beschreibt dies als Verantwortung, aber auch Ehre.

    Am Kirchberg vor dem Hof der Familie Seitz endet die Prozession in Hainhofen an der vierten Station. „Wie die Jungfrau zum Kind“ seien sie vor einigen Jahren zu dieser Aufgabe gekommen, lacht Berta Seitz. Ein Grund dafür ist, dass es auf dem Anwesen genügend Platz zum Lagern des Altars gibt. Im Stadel liegen die Einzelteile verdeckt von einer Plane und eingehüllt in Decken. Nur das Heiligenbild hat einen anderen Platz bekommen, damit es gut geschützt wird und die Katzen nicht drankommen. Es hängt im Haus im Schlafzimmer. Der Altar mit seinen goldenen Säulen und Kreuz ist in einem schönen, gepflegten Zustand. Alois Lindner hat ihn vor einigen Jahren restauriert. In Hainhofen gibt es für die Prozession vier Stationen: bei der Wirtschaft, am alten und neuen Feuerwehrhaus und eben am Kirchberg. Zwei Altäre stammen aus dem Schloss.

    Tagelange Vorbereitung für Familie Seitz

    In Hainhofen findet die Prozession mit Pfarrer Karl Freihalter statt.
    In Hainhofen findet die Prozession mit Pfarrer Karl Freihalter statt. Foto: Marcus Merk

    Bereits zwei Tage vor dem Umzug beginnt bei der Familie Seitz die Vorbereitung. Der Landwirt holt am Vorabend die Birken, die alle vier Altäre in Hainhofen an den Seiten schmücken. Berta Seitz mäht den Rasen für das Grün, das die Grundlage für den Blumenteppich vor dem Altar bildet. Das frische Gras wird auf dem Asphalt ausgelegt. Im Vorfeld poliert Berta Seitz die Kerzenhalter und das Kruzifix und richtet das weiße Spitzentuch für den Altar her. Als Blumenschmuck hat sie sich heuer für zwei rote Begonien entschieden. Berta Seitz hat auch schon frische Blumensträuße verwendet. Doch da diese schnell verwelken, nimmt sie inzwischen Blumenstöcke im Topf, an denen sie länger Freude hat.

    Der Großteil der Arbeit passiert am Prozessionstag selbst. „Ausgerechnet zur Stallzeit ist das für uns schon ein ganz schöner Stress,“ sagt Johann Seitz. Auf dem Hof in Hainhofen gibt es zwar keine Tiere mehr, aber mit dem Sohn betreiben sie einen großen Aussiedlerhof Richtung Schlipsheim am Erpelweg. Am frühen Morgen von Fronleichnam muss dann alles schnell und Hand in Hand gehen. Johann Seitz holt um sechs Uhr mit seinem Sohn die Altarteile aus dem Stadel und baut das Prachtstück an der Ecke des Kirchbergs unter einem hohen Baum auf. Seine Frau hilft in dieser Zeit dem Sohn beim Melken der Kühe.

    Wie geht es mit der Tradition weiter?

    Kerzenständer und Kruzifix zieren den Altar, der auf dem Foto zu sehen ist.
    Kerzenständer und Kruzifix zieren den Altar, der auf dem Foto zu sehen ist. Foto: Marcus Merk

    Nach ihrer Rückkehr schmückt sie den Altar. Sie ist froh, dass sie sich um den Blumenteppich davor nicht kümmern muss. Ministranten legen die kirchlichen Motive wie einen Kelch oder Kreuz mit Blumen, die sie selbst gesammelt haben. „Das machen die Kinder echt schön“, freut sich Berta Seitz über die Hilfe. Insgesamt sei es an dem Morgen „schon ein wenig hektisch und stressig“, gibt die Landwirtin zu, lacht dabei aber fröhlich. Dass zeitgleich in dieser Woche Silage gemacht wird und sich der Kindergarten für einen Hofbesuch angekündigt hat, bringt sie nicht aus der Ruhe. An Energie mangelt es der fünffachen Mutter und neunfachen Großmutter nicht, und daher denkt das Ehepaar Seitz auch noch nicht daran, diese Aufgabe an Fronleichnam abzugeben. „Das gehört halt dazu“, sagt sie.

    Zahl der Teilnehmer an der Prozession sinkt

    Wie es mit der Tradition weitergeht, wenn sie es nicht mehr übernehmen können, weiß das Ehepaar nicht. „Wir machen es so lange, wie wir können.“ Bedenken haben die beiden Hainhofer, dass es in dem kleinen Ort vielleicht gar keine Prozession mehr geben wird, wenn Pfarrer Karl Freihalter nicht mehr im Dienst sein wird. „Das wäre sehr schade,“ sagt Johann Seitz. Er verbindet mit Fronleichnam schon aus der Kindheit viele Erinnerungen. Für ihn gehört der Umzug durch den Ort einfach dazu. „Das ist etwas wunderbar Festliches“, findet auch seine Frau. Ihr tut es leid, dass die Zahl der Teilnehmer an der Prozession von Jahr zu Jahr eher abnimmt. „Gerade wenn es in einem Ort so schöne alte Altäre gibt, sollte diese Tradition erhalten bleiben.“

    Der kleine Enkel Benedikt steht dabei, als sich die Erwachsenen über die Zukunft von Fronleichnam unterhalten. Er weiß natürlich noch nicht, dass er vielleicht eines Tages diese Tradtion für die Familie Seitz fortführen könnte. Der Bub wird ungeduldig und möchte jetzt erstmal ein Eis. Trotz der vielen Arbeit und Hektik vor Fronleichnam nimmt sich die quirlige Oma dafür natürlich gerne Zeit.

    Was ist Fronleichnam eigentlich?

    Mit dem Fronleichnamsfest feiert die katholische Kirche die leibliche Anwesenheit von Jesus Christus in Form von Brot und Wein. Das Wort Fronleichnam stammt aus dem Mittelhochdeutschen und setzt sich zusammen aus vron, was Herr bedeutet, und lichnam, was Leib gleichzusetzen ist. Fronleichnam bedeutet also Fest des Leibes Christi. Das Fronleichnamsfest fand erstmals 1246 im Bistum Lüttich statt und wurde 1264 durch Papst Urban IV. zum Fest der Gesamtkirche erklärt.

    Traditionell wird heutzutage bei der Prozession der Leib Christi in Form einer Hostie, welche sich in einer Monstranz befindet, von einem Geistlichen durch die Straßen getragen. Die Gemeinde folgt ihm und trägt Blumen, Fahnen und singt Kirchenlieder.

    Lesen Sie auch den Kommentar: Fronleichnam ist ein Feiertag auf wackligen Füßen

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