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Neusäß: Eklat im Neusässer Stadtrat: CSU fühlt sich verraten

Neusäß

Eklat im Neusässer Stadtrat: CSU fühlt sich verraten

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    Die Waldstraße in Neusäß ist längst zum Politikum geworden. Jetzt wurde über das Thema abgestimmt. 
    Die Waldstraße in Neusäß ist längst zum Politikum geworden. Jetzt wurde über das Thema abgestimmt.  Foto: Marcus Merk

    „Verräterisch“, „rücksichtslos“, „niederträchtig“ – dies sind nur ein paar der Attribute, mit denen die CSU am Donnerstagabend im Stadtrat ihre Kollegen von den anderen Parteien bedachte. In der finalen Abstimmung über den Ausbau der Waldstraße kam es im Gremium zu einem Eklat. Am Ende setzten sich Freie Wähler/FDP, Grüne und SPD mit der Ablehnung der Ausbaupläne durch, weil sie durch die Abwesenheit einiger CSU-Stadträte die Mehrheit hatten. Taktik oder Zufall?

    Zur Vorgeschichte: Im Planungsausschuss wurde vergangene Woche mit der knappen Mehrheit der CSU der Ausbau der Waldstraße mit dem Wendehammer am Ende (Planvariante 1) gegen den Willen der Mehrheit der Anwohner beschlossen. Diese Beschlussempfehlung stand für die Stadtratssitzung als einziger wichtiger Punkt auf der Tagesordnung. Doch die Oppositionsparteien stellten zwei Tage zuvor den Antrag, den Punkt zu verschieben, damit die Variante 2 (mit dem Wendehammer auf halber Strecke und geringerem Eingriff in den Kobelwald) noch näher geprüft werden kann. Ein Beschluss sei verfrüht. Damit hätte sich die Entscheidung erneut verzögert, aber die CSU war mit der Vertagung einverstanden, um – wie sie sagte – eine möglichst einvernehmliche Lösung zu finden.

    Dennoch drängte die Zeit, denn die Kosten des Ausbaus können nur auf die Anlieger umgelegt werden, wenn das Projekt bis 1.4.2021 fertig gestellt und abgerechnet ist.

    Einige Stadträte fehlen bei der Abstimmung

    Am Donnerstagabend füllte sich dann der Sitzungssaal und schnell wurde klar, dass von der CSU-Fraktion einige Mitglieder fehlen – vielleicht in der sicheren Erwartung, dass das Thema Waldstraße ohnehin vertagt wird. Stadtrat Axel Salzmann war nicht da, da er als Anwohner ohnehin nicht mitstimmen darf. Er ist ein Befürworter des Ausbaus mit Wendehammer.

    Auch Rechtsanwalt Simon Bulla stand erneut bereit für juristischen Rat. Als die Sitzung eröffnet wurde, ließ Inge Steinmetz-Maaz (Freie Wähler) aber die Bombe platzen, dass man den Antrag auf Vertagung zurück ziehen wolle, „weil wir gesehen haben, das auch Dr. Bulla heute da ist und es wäre doch gut, wenn auch die Stadtratsmitglieder, die nicht im Ausschuss sind, die ganzen Stellungnahmen und Argumente hören“, so Steinmetz-Maaz. Das bedeutete aber auch, dass es danach wie geplant zur Abstimmung kommt – mit der CSU in der Minderheit.

    Dies machte die CSU-Fraktionsvorsitzende Karin Zimmermann wütend: „Das ist ein unglaublicher Vorgang, dass Sie jetzt, wo bei uns Kollegen fehlen, plötzlich Ihre Meinung ändern!“ Bürgermeister Richard Greiner nannte die Aktion „verräterisch“ und „ganz schlechten Stil“.

    „Wir haben keine Zeit für weitere Prüfungen“

    Inge Steinmetz-Maaz (Freie Wähler) nannte die Angriffe der CSU „niveaulos“ und erklärte, man wolle lediglich die alternative Variante 2 näher untersuchen und prüfen, da sie diese als genauso rechtssicher ansieht wie die Variante 1. Zimmermann entgegnete: „Wir haben aber keine Zeit für weitere Prüfungen“, sonst muss die Allgemeinheit die Kosten tragen und das wäre ungerecht gegenüber allen Bürgern, die brav ihre Erschließungsbeiträge bezahlt haben.

    Geld allein sei aber kein Argument, meinte Silvia Dassler (Grüne), Naturschutz und Sicherheit seien wichtiger. Hildegard Langenecker (SPD) sagte, man habe schon vor zehn Jahren für einen naturnahen Ausbau gestimmt und das müsse auch heute noch möglich sein.

    Rechtsanwalt Bulla fasste die Stellungnahmen der Behörden erneut zusammen (wir berichteten) und resümierte, dass die Variante 2 „nicht rechtssicher und angreifbar“ sei, anders als die Variante 1, die aber den größeren Eingriff in den Kobelwald bedeutet.

    Bürgermeister Greiner führte aus, dass er rechtlich verpflichtet sei, die Straße auszubauen und dass es nicht in seinem Ermessen läge, auf Einnahmen zu verzichten. „Bleiben wir wider besseres Wissen untätig, machen wir uns schuldig.“ Man habe das Planungsverfahren so abgearbeitet, wie es gesetzlich vorgeschrieben sei, aber keine Planung sei so lange und intensiv geprüft worden wie diese.

    Die Opposition fragte er, ob sie heute der Variante 2 zustimmen könnten, was verneint wurde bzw. unbeantwortet blieb. Es gab auch keinen entsprechenden Antrag dafür, obwohl ja genau dies die Begründung im Antrag für die Vertagung war. Die Variante 2 noch genauer zu untersuchen und die Abstimmung zu verschieben – davon war dann keine Rede mehr.

    Anwohner sind erleichtert

    „Dann will ich jetzt einen Schlusspunkt setzen unter diese ’never ending story’“, sagte Greiner sichtlich entnervt und stellte die Variante 1 zur Abstimmung, die gegen elf Stimmen der CSU mit 15 Stimmen abgelehnt wurde. Die Anwohner der Waldstraße, die fast alle die Sitzung verfolgt hatten, verließen erleichtert den Saal.

    Gestern sagte Bürgermeister Greiner gegenüber unserer Zeitung, die Planung habe alle Instanzen ordnungsgemäß durchlaufen und sei mit der Ablehnung zum Abschluss gebracht, „zumindest so lange, bis ein Anwohner auf seinen Anspruch auf einen Straßenausbau pocht und ihn einklagt“.

    Anwohner Axel Salzmann wäre dafür der wahrscheinlichste Kandidat. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagt er in einer ersten Reaktion: „Die Opposition hat in ihrer Verantwortung kolossal versagt, aber ich beabsichtige momentan nicht, Klage zu erheben.“ Wenn man in einer Stadtratssitzung die Mehrheit hat, reiche es nicht, nur dagegen zu sein.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kleine Straße, große Wirkung

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