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Neue Sportart zur Sonnenwende
Westheim l ers l Nordeuropäische Traditionen zur Sonnenwende: Ein Händchen für Handys scheinen die Finnen tatsächlich zu haben. So ist es kaum verwunderlich, dass gerade sie eine ganz besondere Sportart ins Leben gerufen haben: Handyweitwerfen. "Früher wurden stattdessen Gummistiefel verwendet, heute sind Handys wohl einfach moderner", sagt Martin Ludwig aus dem Vorstand der Augsburger Deutsch-Finnischen Gesellschaft (DFG).
Die wollte sich zur "Johanusfeier" beim Sportheim in Westheim eben mal etwas anderes einfallen lassen. Der Feiertag, im Deutschen eher unter dem Namen "Mittsommer" bekannt, wird in Finnland groß begangen. Gefeiert wird die kürzeste Nacht des Jahres. "Schließlich kommt dann wieder die lange Zeit, in der es fast den ganzen Tag dunkel ist", erklärt Peter Engelbrecht. Der 59-Jährige gehört zu den Begründern des Vereins, der es sich unter anderem zum Ziel gesetzt hat, die finnische Kultur in Deutschland zu pflegen.
Wie auch Martin Ludwig ist er mit einer Finnin verheiratet. In der DFG haben sie die Möglichkeit, den Kontakt zu ihren Landsleuten auch im Ausland aufrechtzuerhalten. Immerhin 10 000 Mitglieder zählt der deutsche Dachverband, die finnische Kirche finanziert sogar eine Schule in Leitershofen.
Auch mal wieder die Muttersprache sprechen
Die zweisprachig erzogenen Kinder haben so die Möglichkeit, ihre finnischen Wurzeln zu pflegen. "Vor allem die eigene Sprache habe ich irgendwann begonnen zu vermissen", sagt die Vorsitzende Auli Takala, die seit 1995 in Deutschland lebt. Auf die DFG ist sie im Internet gestoßen, als die Sehnsucht nach ihren Landsleuten aufkam. Neben kulturellen Veranstaltungen wie Konzerten und Ausstellungen bietet der Verein auch die Möglichkeit, wie heute landestypische Feste zu begehen. Etwas traditioneller als das Handyweitwerfen ist dann auch das große Lagerfeuer, das später noch entzündet wird.
Im Moment steht aber noch der Sport im Vordergrund. Martin Ludwig, der sich vom Nokia Service Center mit drei schon etwas älteren Handys hat ausstatten lassen, hat die Modelle bereits entsprechend präpariert: Damit sie ganz bleiben, hat er sie kurzerhand mit Klebeband umwickelt. "In Deutschland wird anders als in Finnland ohne Akku geworfen", erklärt er. "Durch das geringe Gewicht ist es nicht leicht, größere Distanzen zu erzielen."
Erst 2005 wurde in Ostdeutschland die Europameisterschaft der doch eher ungewöhnlichen Sportart ausgetragen, der momentane Rekord liegt laut Ludwig bei 66 Metern. Mit internationalen Maßstäben will sich in Westheim aber keiner messen, so richtig ernst nimmt den Wettkampf schließlich niemand. Als Austragungsort dient das Fußballfeld neben dem Sportheim.
Mit kleinen finnischen Flaggen wird der jeweils weiteste Wurf gekennzeichnet. Ob Carlos Diosa, der als einziger Kolumbianer unter den Mitgliedern die größte Distanz erzielt, den Rekord knacken konnte, bleibt ungeklärt: Aus praktischen Gründen wurde schlicht auf ein genaues Messen verzichtet.
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