Beinahe hätte man die Damen und Herren, die sich am Dienstagnachmittag vor dem riesigen Schlackeberg zum Erinnerungsfoto aufbauten, für eine Ausflugsgruppe halten können. War aber nur fast richtig. Denn der Landesvorstand des größten Naturschutzverbandes in Bayern, des Bund Naturschutz (BN), wollte weniger Eindrücke sammeln, sondern vielmehr eine Botschaft platzieren – und die hatte viel mit dem mehr als 180.000 Tonnen wiegenden Schlackehaufen und seinem Ursprung zu tun: den Lechstahlwerken in Herbertshofen.
Das Unternehmen ist einer der größten Arbeitgeber in der Region und aktuell wieder einmal in der Diskussion.Diesmal geht um Erweiterungspläne, denen über ein Drittel des angrenzenden Lohwaldes zum Oper fallen soll, in dem seltene Tier- und Pflanzenarten hausen. 350 neue Arbeitsplätze verspricht das Unternehmen.
Lechstahl: Erweiterung des Betriebs ist hoch umstritten
Seitdem es die Pläne öffentlich gemacht hat, geht es hoch her in der Region. Die Meitinger Nachbargemeinden Langweid und Biberbach drohen im Falle einer Genehmigung mit Klage,Bürgerinitiativen laufen Sturm. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) war schon zu einem Schlichtungsversuch vor Ort, doch entschieden ist noch nichts.
Nun hat sich der BN-Landesvorstand mit einem Positionspapier zu Wort gemeldet. Die Naturschützer fordern darin ein „gesamtökologisches Zukunftskonzept für Bayerns einziges Stahlwerk“ und machen dies an neun Punkten fest. So solle das Werk beim Ausbau seiner Kapazitäten Flächen sparen, den Ausstoß von Schadstoffen und Lärm reduzieren, auf die Entnahme von Grundwasser verzichten und vor allem die Finger vom Bannwald lassen. Im Gegenteil: Der Bund fordert einen Bannwaldgürtel rund um das Stahlwerk. Dieses solle sich in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zur Einhaltung der ökologischen Ziele verpflichten. Der Bund-Naturschutz-Kreisvorsitzende Johannes Enzler sprach von „ökologischen Leitplanken“ für das Werk und machte klar, dass aus seiner Sicht das größte Problem der Schlackeberg sei, von dem belasteter Feinstaub herabwehen könne. Für diese Schlacke wird ein Entsorgungskonzept gefordert, welches ohne die umstrittene Deponie bei Holzheim auskommt.
Bund Naturschutz kritisiert Stahlwerkseigner Max Aicher
Dass die Chefetage des Stahlwerks diesen Forderungen wenig abgewinnen dürfte, ist den Naturschützern klar. Man habe Stahlwerkseigner Max Aicher schon an anderen Stellen als Unternehmer kennengelernt, der „Gewinne auf Kosten von Natur und Landschaft“ erzielen wolle, so BN-Landesvorsitzender Richard Mergner.
![Der BN-Landesvorstand vor dem Schlackeberg von Lechstahl. Der BN-Landesvorstand vor dem Schlackeberg von Lechstahl.](https://images.mgpd.de/img/100946592/crop/c1_1-w100/1679519926/362911397/img3070.jpg)
Jetzt greife Aicher ohne Not nach dem Bannwald. Dessen Bestand ist gesetzlich garantiert und darf nur für Belange von öffentlichem Interesse geopfert werden. Doch auf diese Garantie sei in Bayern kein Verlass mehr, schimpfte der BN-Ehrenvorsitzende Hubert Weiger. „Wir sehen an vielen Stellen, dass der Schutz Zug um Zug aufgeweicht wird.“
Sollte es auch in Meitingen so weit kommen, wird die Genehmigung aller Voraussicht nach Gerichte beschäftigen. Auch die Bürgerinitiative Lech-Schmuttertal will klagen, wie ihr Vorsitzender Markus Ecksten am Dienstag bekräftigte. Er erläuterte, ebenso wie AGL-Vorsitzende Maria Brettschneider und Gudrun Schmidbaur vom BN Meitingen, den Landesvorständen die Situation vor Ort. Dazu gehörte auch der eingangs geschilderte Fußmarsch an den Fuß des Schlackebergs.
Lechwerke bei Meitingen: Auch Landtagsausschuss soll kommen
Im Herbst könnte sich dort schon die nächste Delegation einfinden. Denn auch der Petitionsausschuss des Landtages will vorbeischauen. Den Parlamentariern liegen zwei Petitionen vor: eine ist für den Ausbau des Stahlwerks, die andere lehnt das Projekt ab. Beide Seiten haben in der Region zahlreiche Unterschriften gesammelt.
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