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Neusäß-Täfertingen: Mordprozess in Augsburg: Mann soll Kollegen brutal getötet haben

Neusäß-Täfertingen

Mordprozess in Augsburg: Mann soll Kollegen brutal getötet haben

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    Im Strafjustizzentrum Augsburg hat der Mordprozess begonnen.
    Im Strafjustizzentrum Augsburg hat der Mordprozess begonnen. Foto: Silvio Wyszengrad (Archiv)

    Vor dem Augsburger Landgericht hat jetzt das Verfahren wegen Mordes gegen einen 34-jährigen polnischen Elektriker begonnen, der in der Nacht des 1. Februar 2019 im Neusäßer Stadtteil Täfertingen einen 24-jährigen Kollegen getötet haben soll.

    Einem Arbeitskollegen mit einer Hantelscheibe den Kopf zu zertrümmern, ihm anschließend mit dem Messer vielfache Wunden zuzufügen und den Kopf fast abzuschneiden – was veranlasst jemanden zu einer derart grausamen Tat?

    „Der soll das gewesen sein“, fragt entsetzt eine Schülerin im Besucherraum des großen Verhandlungssaales ihre Nachbarin. Auf der Anklagebank sitzt ein junger Mann, gepflegte Frisur mit Vollbart, Hornbrille, hellblaues Hemd, blaues Jackett. Die nächsten Stunden wird er fast ohne Regung den Prozess verfolgen.

    Mutmaßlicher Täter und Opfer sollen öfter gemeinsam Bier getrunken haben

    Laut Anklageschrift hatten der Angeklagte und das spätere Opfer am Abend des 31. Januar wie des Öfteren gemeinsam mit anderen in ihrer Container-Unterkunft Bier getrunken. Die Männer wohnten im Täfertinger Gewerbegebiet auf dem Gelände ihres Arbeitgebers, einer Gerüstbaufirma. Der Angeklagte soll an jenem Abend anfangs zwischen sechs und acht Flaschen Bier getrunken haben. Dies führen die Anwälte des Angeklagten, Bernd Scharinger und Roland Aigner, in ihrer Verteidigererklärung aus, wohingegen der Angeklagte keine Angeben zur Tat macht. Nach dem gemeinsamen Bier-Trinken sei er mit dem 24-Jährigen in dessen Wohncontainer gegangen. Dort hätten die beiden Männer anschließend bis nach Mitternacht noch eine Flasche Whisky getrunken. Während der Angeklagte dabei eine Pizza gegessen habe, habe sich der 24-Jährige Bratkartoffeln gemacht.

    Laut Verteidiger sollen dabei Schmähungen seitens des Opfers gegenüber der Familie des Angeklagten gefallen sein, etwa die derb formulierte Ankündigung mit der Frau und den Kindern des 34-Jährigen Beischlaf zu vollziehen. Möglicherweise habe sich der Angeklagte zudem durch das Küchenmesser des Opfers bedroht gefühlt. Der Angeklagte könne sich an die Vorgänge im Container des Getöteten kaum mehr erinnern, hieß es.

    Ermittlungen der Polizei zeigen ein fast unvorstellbar grausames Vorgehen

    Der Versuch, Erinnerungen mittels Hypnose wieder hervorzurufen, sei erfolglos geblieben, erklärte Verteidiger Scharinger dazu. Sein Mandant habe keine Erklärung für die Tat. Die Ermittlungen der Polizei zeigen ein fast unvorstellbar grausames Vorgehen des Angeklagten: So habe er den Kollegen, der wohl am Herd stand und kochte, völlig überraschend von hinten mit einer mitgebrachten Hantelscheibe gegen den Hinterkopf geschlagen. Als der Kollege zu Boden gegangen war, habe der Angeklagte weiter auf den Kopf des Mannes eingeschlagen. Bereits dadurch habe der 24-Jährige laut Staatsanwältin Martina Neuhierl massive Verletzungen erlitten. Dann habe der Angeklagte die Hantelscheibe weggelegt und zu einem Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 24 Zentimetern gegriffen. Damit stach er dem am Boden Liegenden angeblich vier Mal in die Brust, wobei die Lungen und das Herz verletzt wurden.

    Schließlich habe der Angeklagte mit seiner linken Hand den Kopf des Schwerverletzten festgehalten und mit dem Messer fast völlig abgeschnitten. Zuletzt stach er das Messer mehrmals in den Bauch des Opfers und ließ es dort stecken. Der 24-Jährige starb darauf durch Verbluten nach innen und außen.

    Der Angeklagte wurde noch am Tatort festgenommen

    Nach der Tat rief der Angeklagte einen Arbeitskollegen um Hilfe, der aber nicht die Polizei holen sollte. Von den dennoch alarmierten Beamten wurde der Angeklagte noch am Tatort festgenommen. Er sitzt seitdem in Gablingen in Untersuchungshaft. Als erste Zeugen vernahm das Gericht am ersten Verhandlungstag ein halbes Dutzend Arbeitskollegen des Angeklagten und des Opfers. Sie machten Angaben zu den Ereignissen vor und nach der Tat, direkte Beobachtungen vom Geschehen im Wohncontainer des Opfers hatte niemand geschildert.

    Beobachtet worden war von den Zeugen unter anderem, dass der Angeklagte viel Alkohol vertragen und auch an jenem Abend getrunken habe. Der 24-jährige wurde als ordentlicher, zurückhaltender, unauffälliger Kollege geschildert, der eher weniger Alkohol getrunken habe. Wohl deswegen, weil er ein Hörgerät getragen habe und es damit unter Alkoholeinfluss Probleme gegeben habe.

    Hände und Kleidung waren blutverschmiert

    Vom Angeklagten und anderen jüngeren Kollegen sei bekannt gewesen, dass diese gelegentlich zu Drogen gegriffen hätten. Während der Elektriker vor der Tat als aufgekratzt beschrieben worden war, sei er danach geradezu apathisch gewesen. An den Händen und an der Kleidung sei er blutverschmiert gewesen. Noch ein Jahr später fällt es manchen der Arbeitskollegen vor dem Gericht unter Vorsitz von Richterin Susanne Riedel-Mitterwieser schwer, über das zu sprechen, was sie in der Tatnacht zu sehen bekommen hatten, als sie zu dem Container gelaufen waren.

    Als Nebenkläger verfolgen die Eltern des Opfers das Verfahren. Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt.

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