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Meitingen: Stahlbaron im Prozess gegen Ex-Manager: "Wer so viel verdient, hat das nicht nötig."

Meitingen

Stahlbaron im Prozess gegen Ex-Manager: "Wer so viel verdient, hat das nicht nötig."

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    Max Aicher steht an der Spitze der gleichnamigen Unternehmensgruppe zu der auch die Lechstahlwerke gehören. Nun sagte Aicher im Korruptionsprozess gegen einen Ex-Manager aus.
    Max Aicher steht an der Spitze der gleichnamigen Unternehmensgruppe zu der auch die Lechstahlwerke gehören. Nun sagte Aicher im Korruptionsprozess gegen einen Ex-Manager aus. Foto: Marcus Merk (Archivbild)

    Er gilt als willensstarker Patriarch, der ein milliardenschweres Firmenimperium aufbaute und mit seinen 86 Jahren noch immer anführt. Max Aicher steht an der Spitze der gleichnamigen Unternehmensgruppe, zu der auch die Lechstahl-Werke in Meitingen gehören. Im Korruptionsprozess gegen einen ehemaligen Ex-Lechstahl-Manager sagt Aicher nun als Zeuge aus. Dabei geht es auch um eine große Statue aus Stahl, die Aicher als Denkmal gesetzt wurde.

    Angeklagt ist ein 55-jähriger ehemaliger Lechstahl-Manager, weil er Schmiergeld angenommen haben soll. Es geht um mehr als 800.000 Euro in rund zwei Jahren. Neben ihm sitzen zwei weitere Geschäftsmänner auf der Anklagebank. Kurz vor Beginn des Verhandlungstages blickt der Ex-Lechstahl-Manager in die Zuschauerreihen im Gerichtssaal. Wegen Corona sind nur fünf Plätze für Besucher reserviert, der Rest muss draußen warten. Auch die Ehefrau des Angeklagten. Durch die offene Tür zum Gerichtssaal wirft der Ex-Manager ihr einen Luftkuss zu, dann stellen sich mehrere Justizbeamte zwischen die beiden. Immer wieder wies die Vorsitzende Richterin Martina Neuhierl den Angeklagten im Laufe des Verfahrens in die Schranken. Dann tritt Max Aicher als erster Zeuge an diesem Verhandlungstag in den Saal.

    Max Aicher: "Wer so viel verdient, der hat das doch nicht nötig"

    Der Stahlbaron in dunklem Anzug und bunter Krawatte legt seine Aktentasche auf den Tisch. Er spricht sehr leise, räuspert sich immer wieder. Doch das Wort des millionenschweren Geschäftsmannes hat Gewicht. 2014 machte Aicher den heutigen Angeklagten persönlich zu einem von mehreren Geschäftsführern der Lech-Stahlwerke. "Das ich mich in einem Menschen so täuschen kann, hätte ich nicht gedacht", sagt Aicher vor Gericht. Von Schmiergeldern oder Unternehmensbeteilligungen des Ex-Geschäftsführers will Aicher nichts gewusst haben. Aicher: "Wer so viel verdient, der hat das doch auch nicht nötig".

    So kam zur Sprache, dass der Angeklagte als Geschäftsführer etwa 200.000 Euro im Jahr an Gehalt und zusätzlich mindestens 150.000 Euro an Tantiemen kassiert haben soll. Ein Monatseinkommen von knapp 30.000 Euro. Laut Anklage hat das dem Ex-Manager aber nicht ausgereicht. Zusammen mit einem anderen, inzwischen gestorbenen Mann aus der Lechstahl-Führungsriege, soll er monatlich Schmiergeld eingesteckt haben. Dafür soll er bei der Vergabe von Aufträgen einen anderen Geschäftsmann bevorzugt haben, der nun ebenfalls angeklagt ist. So wurden offenbar Leistungen, die nie erbracht wurden, abgerechnet. Der so geschaffene Bestechungslohn floss dann laut Anklage zurück an den Ex-Manager. Gerüchte über dieses Vorgehen gab es bei Lechstahl offenbar schon lange, berichtet auch Max Aicher. Doch der Unternehmensführer wollte es nicht glauben. "Für mich war das aber unmöglich."

    Gerüchte über Korruption bei Lechstahl brodeln offenbar schon lange

    Von diesen Gerüchten berichtet auch ein weiterer Zeuge, der gemeinsam mit dem Angeklagten die Geschäfte bei Lechstahl führte. Erstmals misstrauisch wurde er bei einem ungewöhnlichen Auftrag. Zum 85. Geburtstag von Max Aicher wurde dem Multimillionär ein Denkmal gebaut. "Wir haben uns gedacht: Was schenkt man einem Mann, der schon alles erreicht hat?", sagte der Zeuge aus der Lechstahl-Führungsriege. Da kam die Idee zu einem Denkmal auf. Das Edelstahl-Porträt des Patriarchen, 2,50 Meter mal drei Meter groß, wurde am Weg zum Verwaltungsgebäude des Stahlwerkes platziert. Von einem "imposanten Architektur-Metallgewebe" sprach die Firmenzeitschrift stolz.

    Stutzig machte den Manager allerdings die enorme Anzahl an Arbeitsstunden, die in dieses Projekt geflossen sein sollten. Ausgeführt hatte den Auftrag das Unternehmen des Mannes, der Schmiergeld an den Ex-Lechstahl-Chef gezahlt haben soll. Wirkliche Beweise für mögliche illegale Absprachen lagen zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht vor, so der Zeuge. Doch sie sollten folgen.

    Wie berichtet, war in die Bestechungsaffäre offenbar ein weiterer führender Mitarbeiter aus dem Max-Aicher-Imperium verwickelt, der inzwischen - nach längerer Krankheit - verstorben ist. Dieser habe eine Mitarbeiterin aus dem Krankenhaus heraus angewiesen, Bargeld und persönliche Bücher aus seinem privaten Safe verschwinden zu lassen. Die Mitarbeiterin verständigte stattdessen offenbar den Manager, der nun als Zeuge aussagte. Seinen Schilderungen zufolge habe es sich bei den Büchern um Tagebücher gehandelt, in denen die illegalen Geschäfte zum Teil sehr detailliert beschrieben wurden. Diese Bücher seien später als Beweismittel an die Ermittler übergeben worden.

    Ex-Manager entschuldigt sich bei Max Aicher für "Riesenfehler"

    Vermutlich werden diese Tagebücher im weiteren Verlauf des Verfahrens noch eine Rolle spielen. Ein Urteil wird erst im Mai erwartet. Bis dahin wird noch eine Reihe an Zeugen aussagen. Den Auftritt des vermutlich prominentesten Zeugen, Max Aicher, nutzte der angeklagte Ex-Manager, um sich zu entschuldigen. Nachdem Aicher nach seiner Aussage als Zuschauer Platz nahm, wendete sich der Angeklagte direkt an ihn. "Ich habe einen Riesenfehler gemacht", sagte er. Dafür müsse er sich entschuldigen. Finanziellen Schaden habe er den Lechstahl-Werken aber nicht verursacht, beteuerte der Angeklagte. Offenbar sieht Aicher das aber anders. Der Stahlbaron lachte nach dieser Aussage kurz auf und verfolgte die restliche Verhandlung als Zuschauer.

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