Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg Land
Icon Pfeil nach unten

Meitingen: Schmiergeld: Angeklagten im Lechstahl-Prozess drohen lange Haftstrafen

Meitingen

Schmiergeld: Angeklagten im Lechstahl-Prozess drohen lange Haftstrafen

    • |
    Ex-Lechstahl-Manager sollen Schmiergelder für neue Aufträge kassiert haben. In Augsburg läuft nun der Prozess.
    Ex-Lechstahl-Manager sollen Schmiergelder für neue Aufträge kassiert haben. In Augsburg läuft nun der Prozess. Foto: Matthias Becker (Symbolbild)

    Wie viel Schmiergeld er am Ende kassiert hat, will der Angeklagte nicht mehr wissen. "Er hat nicht nachgezählt", sagt der Verteidiger des ehemaligen Lechstahl-Chefs vor Gericht. Sichtlich gezeichnet sitzt der ehemalige Spitzenverdiener auf der Anklagebank des Augsburger Landgerichts. Sein altes Leben, das Penthouse in Augsburg, die luxuriösen Urlaube, die Formel-1-Rennen mit Freunden - all das tauscht der 55-Jährige Ex-Manager seit anderthalb Jahren gegen eine Gefängniszelle. Vieles deutet darauf hin, dass das noch eine ganze Weile so bleibt.

    Insgesamt geht es in dem Verfahren um mehr als eine Dreiviertelmillion Euro an Bestechungsgeld, eine teure Luxusküche und Steuerhinterziehung. Der Ex-Manager soll dafür bestochen worden sein, dass er bei der Auftragsvergabe bestimmte Subunternehmer bevorzugt. Einer von ihnen ist der zweite Angeklagte in dem Verfahren. Der dritte ist ein Steuerberater, der von diesem Modell gewusst und bei der Vertuschung geholfen haben soll. Alle drei Angeklagten sitzen seit Monaten auf der Anklagebank in dem Mammutverfahren. Sie stehen kurz vor einer Verurteilung.

    Korruptionsaffäre bei Lechstahl: Staatsanwältin fordert mehrjährige Haft

    Was den Ex-Manager angeht, fordert Staatsanwältin Nazanin Mozaffari nun eine Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Außerdem soll er rund 1,2 Millionen Euro an Wertersatz zahlen. Einen Teil davon dürfte der 55-Jährige schon beglichen haben. Bei einer Razzia wurden unter anderem ein Sportwagen und eine Harley-Davidson beschlagnahmt. Laut Verteidigung sind die Fahrzeuge von der Justiz für zusammen 100.000 Euro versteigert worden. Sie fordern eine Haftstrafe von zweieinhalb Jahren für ihren größtenteils geständigen Mandanten.

    Entscheidend dafür, ob die Vorsitzende Richterin Martina Neuhierl der Forderung der Staatsanwaltschaft folgt, sind vor allem zwei Fragen: Wer hat die illegalen Geschäfte eingefädelt und was hatten die Beteiligten davon? In den nun vorgetragen Plädoyers wird klar, dass Staatsanwaltschaft und Verteidigung sich da nicht einig sind. Eine wichtige Rolle spielt ein bereits gestorbener Ex-Manager der Stahlwerke. Er gilt als Strippenzieher der illegalen Geschäfte. Im Laufe des Prozesses wurde er immer wieder als schillernde, aufbrausende Person beschrieben. Jemand, der sich nimmt, was er will und Subunternehmern klar machte: Wer nicht schmiert, ist raus. Im vergangenen Jahr starb der Mann nach einer schweren Krankheit. In seinen Notizbüchern fand die Staatsanwaltschaft entscheidende Hinweise, welche die Ermittlungen schließlich erst ins Rollen brachten.

    Angeklagter fühlt sich vom Ex-Lechstahl-Manager erpresst

    Auf dutzenden Seiten ist darin offenbar aufgelistet, welche Subunternehmer wie viel Schmiergeld zahlen müssen. Einer von denen, die gezahlt haben, ist der zweite Angeklagte in dem Korruptionsprozess. Der 45-Jährige gibt zu, über Jahre hinweg geschmiert zu haben. Mal waren es laut Anklage 7.500 Euro im Monat, mal 86.000 Euro. Aus Sicht seiner Verteidiger habe der Mann aber keine andere Wahl gehabt: "Ihm wurde die Zerstörung seiner Existenz angedroht."

    Und auch die Jobs der rund 180 Mitarbeiter des Unternehmers aus Oberbayern sollen auf dem Spiel gestanden haben. Selbst habe ihr Mandant keinen Vorteil von den Zahlungen gehabt. Die Aufträge mit einem Volumen von insgesamt 56 Millionen Euro hätte er nur deshalb bekommen, weil er besser als die Konkurrenz sei. Ganz anders sieht das die Staatsanwaltschaft.

    Staatsanwaltschaft spricht von "Bestechungslegende"

    Staatsanwältin Mozzaffari hält diese Geschichte für eine "Bestechungslegende". Er habe gezahlt, um an neue Aufträge zu kommen - und nicht, um die bestehenden nicht zu verlieren. Beweis dafür sei das explosionsartig angestiegene Auftragsvolumen. Waren es vor den Zahlungen noch wenige Zehntausend Euro, die der Subunternehmer mit Aufträgen der LSW machte, waren es später zig Millionen Euro jährlich. Und noch etwa passt für die Staatsanwältin nicht ins Bild: Nahezu jeden Freitag traf sich der Subunternehmer mit seinem angeblichen Erpresser zum Weißwurstfrühstück. Mozzaffari: "Passt das in die Rolle des Erpressten?" Daneben gibt es etliche weitere Beweise, die ein Bild einer innigen Freundschaft zwischen Bestecher und Bestochenem zeichnen: Aufnahmen von gemeinsamen Ausflügen zur Formel-1, zu Fußball- oder Eishockeyspielen oder Silvesterfeiern.

    Für den Subunternehmer fordert die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren. Die Verteidiger des 45-Jährigen halten lediglich eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten für angemessen. Für den angeklagten Steuerberater, der von den illegalen Geschäften gewusst und bei der Vertuschung geholfen haben soll wird von der Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von drei Jahre Gefängnis gefordert. Er ist - wie der Subunternehmer - auch wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe angeklagt.

    Lesen Sie dazu auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden