Die Marktgemeinde Meitingen ist heute ein wichtiger Industriestandort im Landkreis Augsburg, an dem unter anderem der Konzern SGL Carbon ansässig ist. Doch auch vor 1000 Jahren schon könnte hier eine vorindustrielle Siedlung bestanden haben, in der Handwerker lebten und arbeiteten. Davon geht Kreisheimatpflegerin Gisela Mahnkopf aus, die fünf Jahre lang mit ihrem archäologischen Arbeitskreis gleich in der Nähe der SGL gegraben hat. Konkret handelt es sich um eine 12.000 Quadratmeter große Fläche östlich der Donauwörther Straße, auf welcher derzeit ein Neubaugebiet entsteht.
Archäologische Grabungen: 275 Fundstücke aus Meitingens Geschichte
Für eine vorindustrielle Vergangenheit mitten in Meitingen sprechen die 275 Befunde, auf die Kreisheimatpflegerin Mahnkopf und ihr Team in dem lehmigen Boden gestoßen sind. Als dunkle Flecken im Erdreich sind dort noch heute 50 Grubenhäuser zu erkennen. Dabei handelt es sich um Werkstätten und Arbeitshäuser, die früher in den Boden eingetieft wurden - unter anderem, um bei hoher Luftfeuchtigkeit Textilfasern besser verarbeiten zu können.
Entdeckt wurden auch Nachweise ein paar weniger Wohnhäuser und mehrere Brunnen. Zu den gefundenen Gegenständen zählen unter anderem das Fragment einer römischen Fibel, der Fuß eines antiken Bechers sowie verschiedene Keramiken. Eine Schwungschere, Webbrettchen zur Herstellung von Borten und eine Schwungscheibe zum Spinnen von Fäden sprechen für textilverarbeitendes Gewerbe, das hier einst betrieben wurde. Doch auch die Landwirtschaft hat wohl eine Rolle gespielt, was der Fund einer alten Pflugschar belegt.
Meitingen lag an der Via Claudia und der Alten Heerstraße
Die Lage für eine vorindustrielle Siedlung scheint nach Meinung der Kreisheimatpflegerin ideal gewesen zu sein, wie sie in der jüngsten Sitzung des Marktgemeinderates darstellte: Das heutige Meitingen liegt an einem Knotenpunkt, an dem sich die ehemalige Via Claudia - eine der wichtigsten Verkehrsadern im Römischen Reich - und die "Alte Heerstraße" kreuzten. Bei letzterer handelte es sich wohl um eine Art Umgehungsstraße der Römer. Man geht davon aus, dass diese Straßen auch im Mittelalter noch genutzt wurden.
Die umfangreichen Grabungen des Arbeitskreises hatten dafür gesorgt, dass sich die Erschließung des Neubaugebietes auf derselben Fläche in die Länge zog. Das sei zwischenzeitlich mit ungeduldigem Warten einhergegangen, bis die archäologischen Tätigkeiten im August endlich abgeschlossen waren. Nun bedankte sich Bürgermeister Michael Higl (CSU) für die Arbeit von Gisela Mahnkopf und ihrem Team und sprach von "einem bleibenden Wert für die Geschichte Meitingens". Um den Bürgerinnen und Bürgern auch zu zeigen, warum die Grabungen so viel Zeit in Anspruch genommen haben, schlug Robert Hecht (FW) vor, die Funde in einer Ausstellung zu zeigen. Diese Anregung stieß auf Zustimmung innerhalb des Gremiums.
Archäologischer Arbeitskreis plant 100 Seiten starke Broschüre
Abgesehen davon ist der Arbeitskreis rund um Gisela Mahnkopf auf finanzielle Unterstützung der Marktgemeinde angewiesen. Zum einen würde die Gruppe gerne Radiocarbondatierungen durchführen lassen, um so manches Fundstück zeitlich besser einordnen zu können. Mit der kostspieligen Methode, die auch als C14-Datierung bekannt ist, kann zum Beispiel festgestellt werden, wann ein Baum gefällt wurde oder ein Tier gestorben ist. Zum anderen würde sich Mahnkopf wünschen, eine fast hundertseitige Broschüre über die Grabungen in Meitingen zu publizieren. Am kommenden Dienstag soll im Haupt- und Finanzausschuss entschieden werden, inwieweit die Marktgemeinde dafür Geld ausgeben wird.