Es sind dramatische Momente, die sich am Mittwochabend in Lettenbach abspielen. Meterhoch schlagen die Flammen aus dem Wohnhaus in der Steppacher Straße. "Als ich die Rufe 'es brennt, es brennt' hörte, bemerkte ich auch schon den Brandgeruch", erinnert sich Sophie. Die 19-Jährige wohnte mit ihren beiden Geschwistern und den Eltern im 1. Stock. Geistesgegenwärtig habe sie dann ihre vier Jahre alte Schwester gepackt und sei durch das bereits stark verqualmte Treppenhaus ins Freie geflüchtet. Doch für Ihren älteren Bruder war dieser Rettungsweg bereits versperrt.
Um Haaresbreite wäre dem 24-jährigen Albert sein mutiger Rettungsversuch zum Verhängnis geworden. "Als ich den Brand bemerkte, wollte ich noch versuchen, das Feuer zu löschen", sagt er. Er rannte ins Badezimmer und füllte einen Eimer mit Wasser. In dieser kurzen Zeit aber war die Rauchentwicklung bereits so stark gewesen, dass er die Treppe ins Erdgeschoss, wo das Feuer ausbrach, nicht mehr nutzen konnten. Ihm blieb nur ein einziger Ausweg.
Brand in Lettenbach: 24-Jähriger rettet sich mit Sprung aus dem Fenster
"Ich öffnete ein Fenster im 1. Stock, das zur Hofeinfahrt führt, und hangelte mich am Fensterbrett heraus." Als er mit beiden Händen am Sims hing, ließ er los und sprang auf den gepflasterten Boden. Er blieb unverletzt. Hilflos musste er dann mit seinen Geschwistern und den Eltern dabei zusehen, wie die Wohnung komplett ausbrannte. "Sechs Jahre haben wir dort gewohnt", sagt seine Schwester Sophie. Nun haben sie alles verloren.
Frierend und nur mit dem Schlafanzug bekleidet stand Sophie mit ihrer Familie vor dem Haus. Mehr als die Kleidung, die sie am Körper trugen, konnten sie aus ihrer Wohnung nicht retten. "Ich habe mir lediglich kurz vor dem Sprung aus dem Fenster noch den Geldbeutel geschnappt", erzählt Albert am Tag danach. Zusammen mit seiner Schwester ist er noch einmal in die Steppacher Straße zurückgekehrt, um einen Blick in die Wohnung zu werfen. Doch es ist nichts mehr zu gebrauchen. "Heizung und Wasser funktionieren ebenfalls nicht", lautet das ernüchternde Ergebnis.
Nach Brand in Lettenbach: Im Winter und dem Lockdown ohne Wohnung
Sophie, Albert und die kleine Schwester stehen nun mitten im Winter zusammen mit ihren Eltern ohne Wohnung da. In einem Winter, der nicht nur Schnee und Kälte bietet, sondern auch durch den Lockdown keine geöffneten Hotels hat und aufgrund der neuesten Inzidenzwerte sogar den Bewegungsradius auf 15 Kilometer einschränkt. "Wir haben hier keine weiteren Familienmitglieder, die uns aufnehmen könnten", sagt Sophie. Lediglich eine Cousine wohne in der Nähe, bei der nun die Eltern untergekommen sind. Sophie, Albert und die kleine Schwester sind zunächst bei Freunden untergekommen. Doch es gibt auch einen kleinen Silberstreifen am dunklen Horizont.
"Die Nachbarschaftshilfe war großartig", betont Sophie. Ein Anwohner, der gerade die Kinder ins Bett brachte und zunächst noch dachte, der Sirenenalarm gelte einem Unfall auf der B300, bemerkte plötzlich beim Blick aus dem Fenster die meterhohen Flammen im Haus gegenüber. "Ich bin dann sofort rausgelaufen und habe der Familie warme Jacken gebracht", sagt er. Anschließend half er dabei, die Autos umzuparken, damit die Feuerwehr freien Zugang zu dem brennenden Haus bekommt. Seine Hofeinfahrt und die Garage wurden schließlich zur Rettungsstation der Einsatzkräfte. Für den Anwohner ein ganz normaler Vorgang. "Man kennt sich ja und hilft sich gegenseitig", sagt er. Und die Hilfe geht sogar noch weiter.
Auch die Kartei der Not sagt nach Brand in Lettenbach spontan Hilfe zu
"Wir haben in unserem Haus eine kleine Einliegerwohnung, die wir gerne der Familie zur Verfügung stellen", sagt eine weitere Nachbarin. Auch die Seniorin aus dem Erdgeschoss, bei der das Feuer in der Küche ausgebrochen war, wurde bereitwillig von einer Anwohnerin für die erste Nacht aufgenommen.
"Mittlerweile hat sich aber bereits unsere Vermieterin bei uns gemeldet und uns ebenfalls eine Wohnung in der Umgebung angeboten", sagt Sophie am Tag nach dem Brand. Diese Welle der Hilfsbereitschaft aus der Nachbarschaft tue ungemein gut. Spontane Hilfe hat auch die Kartei der Not, das Leserhilfswerk unserer Zeitung, zugesagt.
"Genau für diese Fälle ist die Kartei der Not ja da", sagt Arnd Hansen, der Geschäftsführer des Hilfswerks. Menschen, die unverschuldet in eine akute Notlage geraten, müsste in solchen Fällen schnell und unbürokratisch geholfen werden. Sophie erhielt daher bereits am Donnerstag einen Anruf, der ihr eine erste finanzielle Hilfe zusicherte.
Unklar war am Donnerstagnachmittag immer noch, wieso das feuer ausgebrochen war. Fest steht bislang lediglich, dass das Feuer wohl in der Küche der 79-jährigen Mieterin im Erdgeschoss ausgebrochen ist. "Aufgrund der Tatumstände wird am ehesten von einer fahrlässigen Begehungsweise ausgegangen", teilt das Polizeipräsidium mit. Der Schaden belaufe sich nach ersten Schätzungen auf rund 150.000 Euro. Die Kriminalpolizei Augsburg hat die Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen.
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