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Langweid: Bombenentschärfer: "Hier haben Menschen schon sehr viel Glück gehabt"

Langweid

Bombenentschärfer: "Hier haben Menschen schon sehr viel Glück gehabt"

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    Sprengmeister  Torsten Thienert und die gezähmte Bombe: Eine Stunde war für die Entschärfung nötig.
    Sprengmeister Torsten Thienert und die gezähmte Bombe: Eine Stunde war für die Entschärfung nötig. Foto: Marcus Merk

    Um kurz nach drei ist die Gefahr vorbei: "Bombe entschärft und verladen" meldet Polizei-Einsatzleiter Christian Hauck. Aufatmen im Langweider Ortsteil Foret, in dem Firmen und einzelne Wohnungen aus Sicherheitsgründen geräumt worden waren. Aufatmen auch am Ort des Bombenfunds - denn dort musste die Entschärfungsspezialisten heikle Momente überstehen.

    Auf der Baustelle für das Bahnunternehmen Go Ahead war der Begleiter eines Baggerfahrers misstrauisch geworden, als er einen merkwürdigen Gegenstand im Erdreich erblickte. Der Mann war speziell geschult - aufgrund der Vorgeschichte des Areals ist nämlich klar, dass mit Bombenfunden aus dem Zweiten Weltkrieg gerechnet werden muss. Um die Mittagszeit legte der Kampfmittelräumdienst den Blindgänger frei: Eine 50-Kilogramm-Sprengbombe aus US-Produktion, in der 25 Kilo Sprengstoff schlummerten. An Kopf und Heck war der Sprengkörper jeweils mit einem Zünder versehen.

    Bombenfund in Langweid-Foret: Es fuhren keine Züge mehr

    Für die Entschärfung mussten Firmen und einige Wohnungen evakuiert werden. Der Evakuierungsradius lag bei 300 Metern. Polizei und Feuerwehr waren mit einem Großaufgebot von etwa 60 Einsatzkräften vor Ort und kümmerten sich um die Evakuierung. Während die Polizei räumte, sperrten die Feuerwehren aus Gablingen und Stettenhofen die Zufahrten ab.

    Polizei und Feuerwehr sperrten in einem Radius von 300 Metern um den Fundort ab
    Polizei und Feuerwehr sperrten in einem Radius von 300 Metern um den Fundort ab Foto: Marcus Merk

    Die Zusammenarbeit habe sehr gut geklappt, lobten Polizei und Feuerwehr hinterher einhellig. Kreisbrandrat Alfred Zinsmeister hatte noch eine beruhigende Botschaft parat: Die Chemiefirmen in der Nähe waren weit genug von der gefährlichen Stelle entfernt. Laut Polizeieinsatzleiter Hauck ist es für die betroffenen Firmen zwar "immer schwierig, wenn sie ihre Produktion unterbrechen müssen". Dennoch sei die Räumung eines Gewerbegebietes leichter zu bewerkstelligen als die eines Wohngebietes.

    In Gablingen wurde im Jahr 2016 ein Blindgänger entschärft

    Während sich also Straßenränder und Parkplätze in der Umgebung mit Lastwagen füllten, deren Fahrer nicht wussten, wohin, waren die Auswirkungen für Bahnkunden weithin spürbar. Zwischen 12.30 und 15 Uhr kam es wegen des Bombenfunds zu Zugausfällen. Betroffen war die Strecke zwischen Donauwörth und Augsburg. Zwischen Meitingen und Gersthofen wurde laut einem Sprecher der Bahn Schienenersatzverkehr eingerichtet. Fernzüge mussten teils warten oder wurden über Ingolstadt umgeleitet.

    25 Kilogramm Sprengstoff (TNT) befanden sich im Inneren der Bombe
    25 Kilogramm Sprengstoff (TNT) befanden sich im Inneren der Bombe Foto: Marcus Merk

    Vor rund fünf Jahren hatte es in der Nachbarschaft schon einmal einen ganz ähnlichen Einsatz gegeben. In der Nähe des Gefängnisses von Gablingen war eine etwa 250 Kilo schwere Fliegerbombe gefunden und entschärft worden. Auslöser für den Fund waren Bodenuntersuchungen, da auf dem Gelände ein Gewerbegebiet entstehen sollte. Damals hatten die Vorbereitungen für die Entschärfung wochenlang gedauert, weil sogar eine Räumung der JVA in Betracht gezogen werden musste. Neun Stunden dauerte damals die nervenaufreibende Entschärfung im August 2016.

    Sprengmeister entschärfte schon Bomben in Afghanistan und Syrien

    Gut zwei Jahre später, im Dezember 2018, stieß ein Baggerfahrer aus Meitingen in Stadtbergen auf eine 250-Kilo-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg. Nach einem Krisengespräch im Rathaus war damals klar: Der Zustand der Bombe ist kritisch. Die Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg wird noch am selben Tag entschärft. 1900 Menschen müssen ihre Wohnungen verlassen. Es herrscht Ausnahmezustand. Bis in die Abendstunden sind an diesem Tag Hunderte Rettungskräfte und Polizisten mit der Evakuierung beschäftigt.

    Entwarnung: Nach der Entschärfung packten die Helfer von der Feuerwehr schnell zusammen.
    Entwarnung: Nach der Entschärfung packten die Helfer von der Feuerwehr schnell zusammen. Foto: Marcus Merk

    Am Mittwoch waren die Sprengmeister aus München innerhalb einer halben Stunde vor Ort. Torsten Thienert und Adem Yilmaz arbeiten seit rund einem halben Jahr zusammen. Der erfahrene Sprengmeister Thienert ist Chef des Sprengkommandos München, Yilmaz hat schon in Ländern wie Afghanistan, Syrien und Kenia Sprengkörper entschärft. Das Duo hat also schon eine Menge erlebt und dennoch, sagt Thienert, dürfe man sich nicht auf irgendwelche Routinen verlassen. "Jede Bombe ist immer wieder die erste."

    Die Bombe von Foret stellte mit ihren beschädigten, aber noch funktionstüchtigen Zündern ihre Entschärfer vor Herausforderungen. Der hintere "hat ein paar Probleme gemacht", schildert Thienert rückblickend die heiklen Momente. Nach einer Stunde hoch konzentrierten Arbeitens - "Wir reden da nicht viel" - aber lag die ihrer Zünder beraubte Bombe mit Gurten verzurrt in einem grauen Transporter. Warum das Mordinstrument vor fast 80 Jahren nicht explodiert sei, darüber könne man nur rätseln, sagt Yilmaz. "Hier haben einmal Menschen schon sehr viel Glück gehabt. Manche würden auch sagen, hier hat Gott geholfen."

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