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Landkreis Augsburg: Wegen Corona: Musikunterricht per Mausklick

Landkreis Augsburg

Wegen Corona: Musikunterricht per Mausklick

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    Klavierlehrerin Sabine Süß aus Neusäß gibt wegen des Coronavirus zur Zeit digitalen Unterricht.
    Klavierlehrerin Sabine Süß aus Neusäß gibt wegen des Coronavirus zur Zeit digitalen Unterricht. Foto: Sabine Süß

    Wenn Dominik Lehmeier, Leiter der Sing- und Musikschule Zusmarshausen-Horgau, Unterricht gibt, schaltet er sein Laptop ein. Er und seine Kollegen haben aus der Not eine Tugend gemacht und den Musikunterricht ins Internet verlegt. Dazu braucht der Schüler lediglich ein Smartphone, Tablet oder Laptop mit Mikrofon und Lautsprecherboxen, sagt er. Mit der Musikschule kann der Schüler dann jederzeit auf dem konventionellen Weg in Form von E-Mail oder Telefon in Verbindung treten.

    Die Resonanz im Kollegium war zwar teilweise kritisch, aber positiv. Sie alle wollten sich in der jetzigen Situation geschlossen solidarisch zeigen und den Schülern – so gut wie möglich – einen normalen Alltag ermöglichen. „Das Projekt kommt bei den Eltern und Schülern supergut an“, erzählt Lehmeier. „Und Zeit zum Üben haben die Kinder und Jugendlichen jetzt jede Menge.“

    Technische Grenzen beim Musikunterricht vor dem Laptop

    Von einer kompletten Umstellung könne natürlich nicht die Rede sein. „Wir haben auch Lehrkräfte, die mit Kindern zu Hause sitzen und den Onlineunterricht nur in begrenztem Maß erteilen können. Und es gibt natürlich auch technische Grenzen“, sagt er. Der virtuelle Unterricht ist ähnlich wie eine Schulstunde. Der Schüler spielt etwas vor, der Lehrer hört und sieht zu, gibt Tipps, korrigiert und zeigt, wie es klingen soll. Doch die Töne kommen durch den Computer etwas zeitversetzt rüber. Der Lehrer kann nicht spontan eingreifen oder den Schüler rechtzeitig korrigieren, weil der Schüler bereits schon ein paar Takte weiter ist. Das geht erst, wenn das Stück zu Ende gespielt ist. Das mache derzeit den Gruppenunterricht und das gemeinsame Musizieren unmöglich. „Aber man gewöhnt sich sehr schnell daran“, sagt Lehmeier.

    Auch an der Musikschule in Gersthofen gibt es digitalen Corona-Unterricht. Hier arbeitet man zum Beispiel mit WhatsApp-Videos, aber auch mit Live-Unterricht über Video. So arbeitet zur Zeit auch Klavierlehrerin Sabine Süß aus Neusäß. Sie unterrichtet nun seit über zwei Wochen digital. Aufgrund der Corona-Krise musste sie nicht nur ihre Klavierstunden einstellen, auch alle Konzerte, an denen sie oder ihre Schüler beteiligt gewesen wären, wurden bis in den Mai abgesagt. „Wenn ich jetzt keinen Unterricht mehr halten würde, wäre ich in kurzer Zeit pleite“, sagt Süß. Der Klavierunterricht per Skype-Konferenz habe daher für sie eine gute Möglichkeit geboten, weiterhin ihren Lebensunterhalt zu verdienen. „Anfangs haben Schüler und Eltern noch zögerlich reagiert, doch mittlerweile wird das Angebot sehr gut angenommen“, freut sich Süß. Etwa 35 Schüler unterrichtet sie so nun in der Woche. Inzwischen funktioniere der digitale Unterricht gut, meist gäbe es auch keine große Zeitversetzung in der Übertragung.

    Videokonferenz sind deutlich anstrengender als normaler Musikunterricht

    Allerdings sei der Unterricht über Videokonferenz für Schüler und Lehrer deutlich anstrengender als normaler Klavierunterricht, erzählt Süß. „Ich brauche auf jeden Fall mehr Pausen zwischen den Unterrichtseinheiten.“ Zum einen sei mehr Vorbereitung notwendig, um sicherzustellen, dass die Verbindung gut ist und dass der Schüler ungestört ist. Viele Schüler hätten außerdem keine guten Geräte, wodurch der Ton oft schlecht sei. „Am besten funktioniert der digitale Unterricht mit Schülern, die ich schon seit Langem kenne. Mit Kindern unter sieben Jahren ist es schwieriger“, sagt Süß. Ältere Schüler kennen ihre Art zu kommunizieren, sie könnten ihre Anweisungen auch in Online-Klavierstunden gut verstehen und schnell umsetzen.

    Eine ihrer Schülerinnen habe ihr sogar gesagt, der Klavierunterricht sei inzwischen der Höhepunkt ihrer Woche. „Man merkt, dass die Kinder sich freuen, mal wieder Kontakt zu einem Lehrer zu haben. Manche Schüler üben sogar besser als vorher“, freut sich die Klavierlehrerin. Auch die Eltern seien dankbar für das Angebot.

    Auch Online-Unterricht in der Zeit nach Corona?

    Ob diese Art von Unterricht auch noch nach Corona denkbar wäre? „Schwer zu sagen“, so Musikschulleiter Lehmeier aus Horgau. „Fest steht, dass der traditionelle Frontalunterricht nicht ersetzt werden kann. Den Schüler kann ich als Lehrkraft im Raum natürlich viel besser wahrnehmen und korrigieren. Ich kann ihm auch Sachverhalte viel besser und effektiver aufzeigen.“ Das Musizieren im sozialen Umfeld sei das Ziel einer musikalischen Ausbildung und deswegen aus dem Lehrplan nicht wegzudenken. „Unterm Strich kann man online vieles gewinnbringend vermitteln, aber ich sehe keine pädagogischen oder entwicklungsrelevanten Vorteile, welche der Onlineunterricht gegenüber dem Frontalunterricht hat“, so Lehmeier.

    Auch für Klavierlehrerin Sabine Süß bietet der digitale Unterricht keinen Ersatz für normale Klavierstunden. Eine Chance sieht sie darin trotzdem: „Ich denke, da eröffnen sich viele neue Möglichkeiten. Man könnte so zum Beispiel auch bei Schülern, die für eine bestimmte Zeit im Ausland sind oder für diejenigen, die zum Studieren wegziehen, den Unterricht online fortsetzen“, sagt Süß.

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