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Landkreis Augsburg: Steigt die Gewaltbereitschaft im Landkreis Augsburg in Corona-Zeiten?

Landkreis Augsburg

Steigt die Gewaltbereitschaft im Landkreis Augsburg in Corona-Zeiten?

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    Binnen weniger Tage werden zwei Menschen in Gersthofen überfallen und geschlagen.
    Binnen weniger Tage werden zwei Menschen in Gersthofen überfallen und geschlagen. Foto: Alexander Kaya (Symbolbild)

    Am helllichten Tag ist eine 65-jährige Frau vor Kurzem in Gersthofen von einem Räuber überfallen worden. Er schlug ihr auf den Kopf und fordert die Herausgabe ihres Rucksacks. Wenige Tage später wird in der Röntgenstraße ein 54-Jähriger nachts von zwei Männern überfallen und beraubt. Auch in Diedorf ist ein 19-Jähriger direkt vor seiner Wohnung mit Faustschlägen traktiert worden. Ähnliche Fälle hat es vor wenigen Tagen in Augsburg-Oberhausen und in Lauingen gegeben. In den frühen Morgenstunden schlugen zwei Männer auf eine 52-Jährige Frau in der Donauwörther Straße ein und stahlen ihr die Handtasche, in Lauingen griffen gleich vier Männer einen 20-Jährigen an und forderten Geld. Wie lässt sich solch eine Häufung von körperlicher Gewalt erklären?

    Eine Nachfrage unserer Zeitung bei der Pressestelle des Polizeipräsidiums hat ergeben, dass nach den bisherigen Erkenntnissen der Kripo die Taten in Gersthofen wohl nicht in Zusammenhang stehen. Dass es binnen weniger Tage zu zwei Überfallen in einer Stadt komme, sei zwar ungewöhnlich, ein bestimmtes Muster lasse sich jedoch nicht erkennen. Die beiden Tatorte, Am Mühlängerle bei der Autobahnunterführung und Röntgenstraße, liegen zudem rund drei Kilometer Fußweg auseinander. Auch bei den Tatzeiten gibt es keine Übereinstimmung.

    Täter in Gersthofen schreckten nicht vor körperlicher Gewalt zurück

    Die 65-Jährige wurde vormittags um 9.45 Uhr überfallen, der 54-Jährige hingegen eine halbe Stunde nach Mitternacht. Auffällig ist jedoch, dass in beiden Fällen die Täter nicht davor zurückgeschreckt haben, körperliche Gewalt anzuwenden. Ob der lange Lockdown und die durch Corona bedingten Einschränkungen ein Grund für das hohe Aggressionspotenzial sein könnten, mag die Polizei nicht bestätigen.

    Der Augsburger Generationenforscher und Psychologe Rüdiger Maas hingegen sieht jedoch in der Tat die Pandemie als eine mögliche Erklärung. Angesprochen auf die jüngsten Vorfälle im Englischen Garten in München, wo sich etwa 100 junge Menschen bei einem Polizeieinsatz mit einem 16-Jährigen solidarisierten, der ein 14-jähriges Mädchen gegen ihren Willen umarmt und angefasst haben soll, sagt er, dass Corona durchaus "wie ein Brandbeschleuniger" wirke. Vieles hätte sich in den jungen Menschen aufgestaut. Vor der Pandemie hingegen sei die Gewaltbereitschaft der Jugend stetig gesunken, Aggression und Kriminalität hätten abgenommen.

    Deutlich mehr Prügeleien im Bereich der Polizei Neu-Ulm

    Aufschlussreich ist jedoch ein Blick in die Nachbarschaft. Im Bereich der Polizeiinspektion Neu-Ulm beispielsweise stiegen Delikte wie Vandalismus und Körperverletzungen um 20 Prozent auf insgesamt 819 Straftaten an. Erheblich nach oben ging aber auch die Zahl der Gewaltdelikte insgesamt, nämlich um 18,4 Prozent. Im Vergleich zu 2019 bedeutet dies eine Steigerung der Fallzahlen um 33 auf 212. Dazu gehören beispielsweise Raub, gefährliche Körperverletzung, Vergewaltigung sowie Mord und Totschlag. Vor allem Prügeleien hätten deutlich zugenommen. Mit den Lockdowns seien die Fälle auf der Straße oder in der Kneipe weniger geworden, in den eigenen vier Wänden nahm die Gewalt dagegen zu.

    "Es hat sich aus dem öffentlichen Raum ins private Umfeld verlagert", erläuterte Thomas Merk, der kommissarische Leiter der Polizeiinspektion Neu-Ulm. Der deutliche Anstieg der Straßenkriminalität ist dagegen unter anderem auf eine Serie von Sachbeschädigungen durch Graffiti zurückzuführen, die die Polizei aufklären konnte. Durch umfangreiche Ermittlungen wurde eine Gruppe von fünf Tatverdächtigen ermittelt und 69 Fälle von Sachbeschädigung konnten geklärt werden. (mit mru)

    Hinweise zu den Überfällen in Gersthofen nimmt die Kriminalpolizei in Augsburg unter der Telefonnummer 0821/323-3810 entgegen.

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