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Landkreis Augsburg: So trifft die Coronakrise die kleinen Unternehmen im Augsburger Land

Landkreis Augsburg

So trifft die Coronakrise die kleinen Unternehmen im Augsburger Land

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    Heike Leyers Nerven liegen blank: Sie hat ihren Friseursalon in Schwabmünchen seit 20. März geschlossen.
    Heike Leyers Nerven liegen blank: Sie hat ihren Friseursalon in Schwabmünchen seit 20. März geschlossen. Foto: Marcus Merk

    Ein Gutes hat die Situation für Christian Seitz: „Wir hatten einen kleinen Wartungsstau in der Kneipe. Jetzt wo es nichts zu tun gibt, können wir den abarbeiten“, meint der Wirt der Pilskneipe Heuboden in Zusmarshausen. Er hat seit zehn Tagen geschlossen. Der Vater zweier Kinder hat in dieser Zeit kein Einkommen gehabt. „Ich kann jetzt viel Zeit mit Frau und Kindern verbringen. Wir streiten uns aber häufig. Die Ungewissheit ist eine schwere Situation“, sagt Seitz. Hartz IV hat er schon beantragt. „Bei uns in der Kneipe stand immer das Trinken im Vordergrund. Zum Essen hatten wir nur tiefgekühlte Burger und Pizza. Nach zehn Hellen findet man das vielleicht geil, aber zum Bestellen eher nicht so“, sagt er.

    Auch Leonidis Karakostas musste sein griechisches „Restaurant Limani“ in Neusäß schließen. Sein anderes Geschäft, eine Waschanlage, musste er nach der Verkündung der Ausgehbeschränkungen schließen: „Eine Katastrophe. Die Polizei ist vorbeigekommen und hat uns angewiesen zu schließen“, erzählt Karakostas. Ihm hat die Situation die Laune verdorben: „Als ich erfahren habe, dass wir zumachen müssen, musste ich erst mal alleine sein“, erinnert er sich.

    Coronakrise: „Heikés Frisörteam“ in Schwabmünchen geschlossen

    Heike Leyers Nerven liegen blank: „Ohne die mentale Unterstützung meiner Familie würde ich da nicht durchkommen“, sagt sie. Sie hat ihren Friseursalon „Heikés Frisörteam“ in Schwabmünchen seit dem 20. März geschlossen. Bereits vorher sei die Arbeit eine psychische Hochleistung gewesen, weil man die Mindestabstände nicht habe einhalten können.

    Jetzt gehe es stattdessen um Existenzängste. „Ich hoffe einfach, dass wir bis zum 20. April wieder aufmachen können“ sagt sie. Sie lebe von persönlichen Ersparnissen und Altersvorsorge.Sie hat Hilfen der Staatsregierung beantragt, aber noch keine erhalten.

    Am 18. März hat Christian Seitz Soforthilfen des bayerischen Wirtschaftsministeriums bei der Regierung von Schwaben beantragt, die am Tag zuvor von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) versprochen wurden. Karakostas hat noch am gleichen Tag um Hilfe gebeten. Beide haben noch kein Geld bekommen. Und das wird wohl noch eine Weile so bleiben:„Die waren überwältigt. Die Frau am Telefon hat mir gesagt, sie hätten schon 5000 Anträge bekommen. Meiner käme in eine große Kiste und ich käme dran, wenn ich dran komme“, erinnert sich Seitz. Dabei drängt die Zeit: Wenn er bis zum 10. April kein Geld bekommt, müsse er anfangen Ausrüstung aus dem Restaurant zu verkaufen.

    Freistaat will besonders den kleinen Unternehmen in der Krise helfen

    Karakostas kann nach eigenen Angaben etwa eine Woche durchhalten. Seitz hat bereits eine Reduzierung der Stromkosten und eine Pachtsenkung für seine Kneipe herausgehandelt. Einen Kredit für die Renovierung seines Hauses muss er trotzdem bedienen. Die 5000 Euro die ihm zustünden, würden ihm sechs bis acht Wochen Zeit kaufen, sagt er.

    Rein statistisch gesehen sieht es dunkel aus für Seitz, Karakostas und Leyer. Für die Bewilligung der Soforthilfen sind die Bezirksregierungen zuständig. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums hatte die Regierung von Schwaben am vergangenen Mittwoch 19627 Anträge abzuarbeiten. Bei einer durchschnittlichen Fördersumme von 7500 Euro würde das ein Fördervolumen von 147,2 Millionen Euro bedeuten. Bereits bewilligt hat man die Auszahlung von 4,8 Millionen Euro. Wenn man die gleiche durchschnittliche Summe annimmt, wären das 640 Anträge. In diesem Tempo würde es bis Mitte Oktober dauern bis alle Zahlungen bewilligt sind. Und das nur, wenn keine Neuen eingehen. „Wir machen was wir können. Wir haben schon Personal zusammengezogen“, sagt Karl-Heinz Meyer von der Regierung von Schwaben.

    Es könnten noch einige Wochenendschichten auf seine Kollegen zukommen: „Wir rechnen damit, dass wir erst den Anfang der wirtschaftlichen Folgen gesehen haben“, sagt Ann-Christin Joder von der Stadt Gersthofen. Die Folgen der Coronakrise würden in allen Branchen einschlagen. Von Geschäftsschließungen, über Nachfrageeinbrüche bis hin zu unterbrochenen Lieferketten: „Alle Behörden sind angewiesen, maximale Kulanz zu zeigen“, sagt Joder. Beim Finanzamt habe es bereits eine Reihe von Anträgen auf Stundung von Steuerzahlungen gegeben.

    Corona: Gibt es günstige Kredite bei den Hausbanken?

    Ein weiterer Kanal für Hilfen sind die Hausbanken. Dort soll man günstige Kredite bekommen können. Die LfA Förderbank Bayern und die Kreditanstalt für Wiederaufbau bürgen für 90 Prozent der Zahlungen. „Die Beantragung läuft weiterhin nach den üblichen Regeln. Der Kreditnehmer muss also kreditwürdig sein“, sagt Richard Fank, der Chef der Kreissparkasse.Das heißt, er oder sie muss in der Lage sein den Kredit zurückbezahlen. Für Seitz Leyer und Karakostas, die kein Einkommen mehr haben, dürfte es schwer werden das zu leisten. „Der Staat kann nicht alles verschenken. Auch in der Krise muss der Kreditnehmer ein tragfähiges Geschäftsmodell nachweisen“, findet Fank. Wenn zu viele der Kredite ausfielen, bekämen auch die Banken selbst ein Problem. Stand Freitag hat die Kreissparkasse 300 Anfragen erhalten. Aus 30 davon wurden konkrete Anträge.

    Fank empfiehlt, sich auf die Soforthilfen der Bayerischen Landesregierung zu verlassen, wenn man nicht kreditwürdig ist.

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