Sie haben Hygienekonzepte erstellt, Lüftungsanlagen eingebaut - und auf bessere Zeiten gehofft. Doch nun kommt der zweite Corona-Lockdown und ab Montag müssen im Augsburger Land unter anderem Restaurants, Kinos und Theater aber auch Fitness-Studios schließen. Für die Betreiber beginnen damit wieder harte Zeiten. Manche wissen noch gar nicht, wie es weitergehen soll.
Schwimmbad Titania: Noch Mitte Oktober hat die Betriebsleiterin der Neusässer Titania-Therme, Jana Freymann, gesagt, sie habe keinerlei Signale, dass erneut eine Schließung des Bades ins Haus stehe. An einen deutschlandweiten Lockdown glaubte sie zu diesem Zeitpunkt nicht, allenfalls an regionale Verschärfungen. Jetzt ist alles anders gekommen: Das Bad, das in den letzten Monaten teilweise mit Schichtbetrieb und Hygienekonzept öffnen durfte, muss ab Montag seine Pforten schließen. Außer den Reinigungskräften waren seit der ersten Schließung im März sowieso noch einige Mitarbeiter weiter in Kurzarbeit, jetzt werden es wieder mehr werden. Noch am Mittwoch hatte das Titania-Team auf Facebook ein lustiges Rutschen-Video veröffentlicht, am Donnerstag verkündete es traurig die vorläufige Schließung von Bad und Saunen. Alle, die bereits für die Zeit ab dem 2. November ein Online-Ticket erworben haben, werden in den nächsten Tagen darüber informiert, wie die Rückerstattung erfolgen wird. Für das kommende Wochenende erwartet das Titania einen Ansturm und rät dringend dazu, online Tickets zu buchen.
Gastronomie und Hotels: Ungewissheit herrsche derzeit bei den Gastwirten und Hoteliers, wie Marc Schumacher berichtet. Er ist Sprecher der jungen Wirte und betreibt die Alte Posthalterei in Zusmarshausen. „Es ist sehr schwierig zu sagen, wie es weitergeht, weil wir die Verordnung noch gar nicht kennen“, erklärt er. Zwar sollen die Gastwirtschaften bis zu 75 Prozent der Einnahmen des Novembers 2019 als Förderung erhalten, wenn sie am Montag für vier Wochen schließen. Doch Marc Schumacher und seine Kollegen wissen noch gar nicht, zu welchen Bedingungen die Förderung ausbezahlt wird. Die Alte Posthalterei war vor einem Jahr gar nicht geöffnet, weil sie renoviert wurde. Die Enttäuschung ist groß: „Wir haben in Belüftungsanlagen und Hygienemaßnahmen investiert, wir haben die Gäste rausgeworfen, die sich nicht an die Auflagen gehalten haben“, berichtet der Wirtesprecher. „Wir haben alles mitgetragen.“ Wie es jetzt weitergeht? „Wir wissen nicht, was wir den Angestellten sagen sollen“, räumt er ein. Sie werden wohl in Kurzarbeit sein. Auch ein Lieferservice sei vorstellbar, sagt Marc Schumacher. Doch im Moment stehe nicht einmal fest, wie lange die Gastbetriebe tatsächlich schließen müssen.
Gastronomie: Weihnachten ist ein wichtiges Geschäft
Weihnachten und Silvester seien wichtige Termine, da erwirtschaften viele Gastronomen den Umsatz, den sie in den Folgemonaten zum Überleben brauchen. Schumacher geht davon aus, dass jeder dritte Gastbetrieb in Deutschland der Corona-Pandemie zum Opfer fallen wird. Wenn die Gäste jetzt nicht gleich alle Reservierungen in diesem Jahr stornieren, könnte das helfen. „Wir nehmen auch kurzfristige Absagen entgegen“, erklärt er.
Noch mehr Unklarheit herrschte am Donnerstagnachmittag im Parkhotel Schmid in Adelsried. Hier war noch völlig unklar, ob Tagungen im Hotel stattfinden können und ob möglicherweise Gäste anreisen dürfen. Das Restaurant sollte ab Montag geschlossen bleiben.
Schließung trifft die Kinos hart
Nach der langen Zwangspause freute man sich bei der Rusch-Gruppe, die die Cineplex-Kinos in Königsbrunn und Meitingen betreibt, über steigende Besucherzahlen. Blockbuster wie Tenet, aber auch deutsche Produktionen wie Jim Knopf oder „Gott, Du kannst ein Arsch sein“ liefen gut. Ein wirtschaftlicher Betrieb sei durch die Platzbeschränkungen aber nicht möglich gewesen, teilt die Rusch-Gruppe mit. Die Hoffnung lag auf den Herbstferien und dem Start des neuen Eberhofer-Films „Kaiserschmarrndrama“. Der Zeitpunkt der verordneten Schließung trifft die Kinobetreiber daher besonders hart. Die Mitarbeiter gehen nun wieder in Kurzarbeit, Services wie der Snack-Lieferdienst fürs Heimkino laufen weiter.
Das Eukitea bereitet trotzdem das Weihnachtsstück vor
Das Diedorfer Theater Eukitea ist als freischaffendes Ensemble besonders betroffen, weil es sich zum großen Teil selbst finanzieren muss. „Unser Vorstellungskalender wäre eigentlich gut gefüllt bis Weihnachten“, erklärt Theaterchef Stephan Eckl. Das Konzert im November muss nun entfallen. Aber: „Das Weihnachtsstück werden wir auf jeden Fall vorbereiten.“ Die Ende November geplante Premiere werde dann um eine Woche verschoben – „falls der Lockdown nicht verlängert wird“, so Eckl.
Bereits im ersten Halbjahr 2020 fielen 180 Vorstellungen aus. „Im Herbst hatten wir bereits 20 Absagen und ganz wenig Nachfragen.“ 40 bis 50 weitere Vorstellungen in Schulen und Kindergärten stünden auf der Kippe. „Wir hoffen, dass die Schulen dann auf unser Online-Angebot mit einem gefilmten Theaterstück und Vor- und Nachspann mit Liveschalte direkt mit den Schauspielern zurückgreifen.“ In dieser Zeit weiterzumachen sei für das Eukitea-Team anspruchsvoll. „Aber die Existenz ist gottseidank noch nicht bedroht. Die Einschränkungen müssen halt bald wieder aufhören, damit wieder normaler Spielbetrieb möglich ist.“
Die Teams der Stadthallen sind traurig
Das hofft auch die Stadthalle Gersthofen. „Es ist sehr traurig für die Künstler, die wir bewusst in dieser Zeit engagiert haben“, sagt Gersthofens Kulturreferent Uwe Wagner. Es sei auch bedauerlich für das Publikum, das Karten gekauft habe, und für das Stadthallenteam, das sich viel Arbeit mit dem Hygiene- und Sicherheitskonzept sowie mit den vielen Verschiebungen von Veranstaltungen gemacht habe. Der Lockdown für die Kultureinrichtungen sei „in gewisser Weise plausibel. Das heißt aber nicht, dass ich privat mit allem einverstanden bin", so Wagner
Dies sagt auch Veronika Wanninger, die Leiterin des Neusässer Kulturbüros. „Wir haben drei Monate darauf hingearbeitet, dass wir den Spielplan mit nur 200 Besuchern hinbringen.“ Allmählich sei es auch nicht mehr möglich, Vorstellungen zu verschieben. „Irgendwann wird es keine Tourneetheater mehr geben, wenn das so weitergeht.“ Aber das Stadthallenteam stehe parat für Dezember.
Corona: Fitnessstudios mit dem Rücken zur Wand
Walter Seckler vom Königsbrunner Sports- und Wellnessclub Injoy bezeichnet den neuen Lockdown als „schwierige Phase für die Branche“. Sein Kollege Christian Kunzi von Fitz Fitness wird deutlicher: „Wir stehen wie die gesamte Branche mit dem Rücken zur Wand.“ Sollte der neue Lockdown länger als vier Wochen dauern, dann werde es finanziell sehr schwierig, meint Kunzi. Während des ersten Lockdowns hätte sein Fitnessstudio schon ein Drittel des Umsatzes eingebüßt. Die Zeit nutzten Christian und Klaus Kunzi unter anderem für Renovierungsarbeiten. Rund 100.000 Euro seien investiert worden. Zuletzt wurden ein Lüftungskonzept ausgearbeitet und Luftreiniger bestellt – die kommen jetzt nicht mehr zum Einsatz. Auch Walter Seckler hatte viel Geld für Schutz und Hygiene ausgegeben. Jetzt würde die Branche ausgebremst. Da sei es schwer, Verständnis für die neuen Regeln zu finden.
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