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Wie Beratungsangebote Kindern durch Scheidungen helfen: Einblicke und Tipps

Landkreis Augsburg

Was Kinder nach einer Scheidung am meisten belastet

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    Kinder sind meist die Leidtragenden, wenn sich die Eltern nicht mehr verstehen. Beratungsangebote im Landkreis Augsburg unterstützen Kinder und Jugendliche.
    Kinder sind meist die Leidtragenden, wenn sich die Eltern nicht mehr verstehen. Beratungsangebote im Landkreis Augsburg unterstützen Kinder und Jugendliche. Foto: Bernhard Weizenegger (Symbolbild)

    Seit vergangenem Jahr gibt es in Gersthofen eine Beratungsgruppe für Trennungs- und Scheidungskinder. Finanziert wird die Gruppe aus dem Erlös des Spendenlaufs der Organisation „Gersthofen läuft“. Bei der Aktion 2023 ließen die Vereine die Spenden der Familienstation Gersthofen zukommen. Birgit Gaertner arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Sozialpädagogin. Trotzdem ist die Erziehungsberaterin immer wieder überrascht davon, wie die Kinder in den Trennungsgruppen mitarbeiten. „Die Kinder bekommen in solchen Situationen mehr mit, als man glauben mag. Das darf man nicht unterschätzen“, sagt Gaertner. Gemeinsam mit Angelika Werner von der Familienstation leitet sie die Gruppe.

    Bestimmte Verhaltensweisen können darauf hinweisen, dass Kinder sich mit der neuen Situation schwertun, wie Gaertner erklärt. „Manche sind nicht mehr so offen ihren Eltern gegenüber und ziehen sich zurück. Bei manchen geht es bis zum Einnässen, da gibt es zum Teil massive Symptome“, sagt sie. Vielen Eltern sei die Problematik für ihre Kinder nicht direkt klar. „In dem Trennungsgeschehen sind die Eltern oft viel mit sich selbst beschäftigt“, sagt sie. Das Bedürfnis der Kinder bleibe dann auf der Strecke. 

    Beraterin Birgit Gaertner hat mehrere Tipps für Eltern in Trennung

    Für Eltern, die eine Trennung durchmachen, hat sie folgende Ratschläge: „Die Eltern sollten ihren Kindern gemeinsam von der Trennung erzählen. Dies signalisiert ein Bemühen um die Erhaltung der gemeinsamen Elternebene. Denn beide Eltern bleiben die Eltern, auch wenn sie sich als Paar getrennt haben“, sagt sie. Beide sollten außerdem vor dem Kind nicht schlecht über den Ex-Partner sprechen und nicht vor dem Kind streiten. Zudem sollte man darauf achten, dem Kind keine Schuld zuzuweisen und es nicht zu instrumentalisieren. „Manche Kinder fungieren nach eine Trennung als Boten – ‚sag das mal dem Papa‘ – oder gar als Geheimhalter – ‚aber sag das nicht der Mama‘. Das ist extrem belastend für die Kinder“, weiß Gaertner. Eine Trennung könne für betroffene Kinder durchaus entwicklungsschädigend sein. 

    In Diedorf findet dieses Jahr zum ersten Mal eine Trennungs- und Scheidungsgruppe statt. Diese leitet Astrid Schmid von der Erziehungsberatungsstelle der KJF Augsburg. "Ich leite so eine Gruppe bereits in Augsburg. In Diedorf wollten wir ein Angebot schaffen, das für Menschen aus dem Landkreis gut zugänglich ist", erklärt sie. Denn für Kinder sowie arbeitstätige Eltern, die auf dem Land leben, sei es nicht immer leicht, bis in die Stadt zu fahren. Sechs Mädchen im Alter von elf bis 14 Jahren treffen sich nun sechsmal in der Familienstation Diedorf und sprechen mit Schmid über die Dinge, die sie belasten. 

    Kinder sollen sich am besten aus den Konfliken der Eltern heraushalten

    Dazu gehören auch Themen wie Freundschaft und Selbstwert – der Schwerpunkt liegt jedoch auf Trennung und Scheidung. „Die Mädchen beschäftigen Fragen wie, wie geht es nach der Trennung weiter? Wie gehe ich mit Streit zwischen den Eltern um?“, sagt Schmid. Die Jugendlichen beschäftige außerdem auch, ob sie sich bei den streitenden Eltern auf eine Seite stellen sollen. „In diesem Alter haben die Kinder schon eigene Wertvorstellungen und nehmen dann womöglich eher eine Position ein. Für die Jugendlichen wäre es allerdings besser, wenn sie sich aus so einer Bewertung herausnehmen könnten“, meint Schmid. Zwischen den Elternteilen und dem Kind sollte sich im besten Fall nichts verändern. 

    Sie rät betroffenen Kindern und Jugendlichen vor allem, sich aus den Konflikten der Eltern herauszuhalten. „Wenn die Eltern vor einem streiten, dürfen die Kinder deutlich sagen, dass sie das belastet. Und sie sollten nicht in den Streit einsteigen und sich auf die eine oder andere Seite stellen“, empfiehlt Schmid. Daher sei es auch für die Eltern wichtig, darauf zu achten, die Kindern außen vorzulassen. „Kinder und Jugendliche sagen uns immer wieder, dass nicht die Trennung an sich das Belastendste ist, sondern die dauernden Konflikte“, sagt die Sozialpädagogin. In Diedorf funktioniere die Gruppe bisher gut. „Die Mädchen sind auch untereinander in regem Austausch“, erzählt Schmid. „Man merkt, dass sie sich auf die nächste Stunde freuen.“

    Berater im Landkreis Augsburg fungieren als neutrale Ansprechpartner

     Im Familienbüro Schwabmünchen beschäftigt Berater Christoph Wiegand sich mit Problemen aller Art – das Thema Trennung und Scheidung ist ein Teil davon. „Wenn Kinder oder Jugendliche zu mir kommen, stehe ich ihnen als neutraler Ansprechpartner zur Seite“, sagt er. In Konfliktsituationen sei es wichtig, auch eine neutrale Sichtweise zu bekommen. Ausschlaggebend sei immer, dass die Kinder freiwillig in die Beratung kommen, und nicht von ihren Eltern gedrängt werden.

    Er rät Eltern, die sich trennen, die Paar-Ebene klar von der Eltern-Ebene zu separieren. „Auf der Eltern-Ebene sollten beide immer zusammenarbeiten“, sagt Wiegand. „Und sie sollten den Kindern erst von der Trennung erzählen, wenn sie wissen, wie es weitergeht.“ Denn für die betroffenen Kinder sei es vor allem wichtig zu wissen, was nach der Trennung passiert. Auch dazu können sich Eltern im Familienbüro beraten lassen.

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