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Landkreis Augsburg: Rentner aus dem Augsburger Land kämpft sechs Jahre gegen Strafzettel

Landkreis Augsburg

Rentner aus dem Augsburger Land kämpft sechs Jahre gegen Strafzettel

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    Weil er mit zwei Bußgeldern nicht einverstanden ist, klagt sich ein Bürger aus dem Augsburger Land durch die Institutionen, bis zum Landtag.
    Weil er mit zwei Bußgeldern nicht einverstanden ist, klagt sich ein Bürger aus dem Augsburger Land durch die Institutionen, bis zum Landtag. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa/dpa-tmn (Symbol)

    Der 85-Jährige aus dem westlichen Landkreis ist sauer: „Nachdem was mir in unserem Rechtsstaat widerfahren ist, wundere ich mich doch sehr, wie wir auf Länder wie Russland schauen“, sagt er. Seit sechs Jahren kämpft er sich nun durch die bayerische Justiz, weil er mit Bußgeldern wegen Falschparken und Schwarzfahren nicht einverstanden war. Dabei hat der 85-Jährige sich von niemandem kleinkriegen lassen. Weder von Politessen noch vom bayerischen Justizminister. Nun beschäftigte sich sogar der Verfassungsausschuss des Bayerischen Landtags mit seiner Beschwerde.

    Sechs Jahre Kampf gegen das System wegen einem kaputten Ticketautomaten

    Angefangen hat alles mit einem Zugticket. 2014 wollte der Mann aus dem westlichen Landkreis Bahn fahren, konnte sich aber nach eigenen Angaben wegen eines defekten Automaten keine Karte lösen. „Der Schaffner hat mir ein Formblatt gegeben, mit dem ich den Fahrschein nachbezahlen sollte“, sagt er. Der Schaffner habe ihm gesagt, dass die Sache mit der Überweisung des Fahrpreises und einer kurzen Erklärung erledigt sei.

    Trotzdem bekam der 85-Jährige eine Mahnung von einem Inkassounternehmen über 60 Euro wegen Schwarzfahren, gegen die er Einspruch erhob. Auch den Forderungen eines weiteren Inkassounternehmens kam er nicht nach, bis dieses eine Zwangsvollstreckung bei seiner Bank beantragte. „Damit haben sie mich da in ein schlechtes Licht gerückt“, sagt der Rentner. Die Sache landete nach einem sechsmonatigen Briefwechsel vor Gericht und der Rentner wurde, wie er findet zu Unrecht, zur Zahlung des Bußgeldes verurteilt. „Das schlimmste, was mir als rechtschaffenem Bürger passieren kann“, sagt der Mann aus dem Augsburger Land. Normalerweise wäre der Fall hier zu Ende gewesen.

    Dem Fall zu Grunde liegen auch ein Strafzettel wegen Geschwindigkeitsüberschreitung von 2016. Sogar die Richterin habe damals über die Sache gelacht. „Trotzdem wurde ich schuldig gesprochen und musste die Verfahrenskosten tragen“, sagt der 85-Jährige. Allein der Anwalt habe ihn 300 Euro gekostet. Das letzte Mal in dieser Geschichte, dass er sich von einem Anwalt beraten ließ.

    Haben das Ordnungsamt und die Bahn den Rentner betrogen?

    Beide Urteile wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Er zeigte das Ordnungsamt und die Bahn wegen Betrug an. Als die Staatsanwaltschaft Augsburg sich des Verfahrens nicht annehmen wollte, hatte der Rentner immer noch nicht genug. Das Verfahren landete automatisch bei der Generalstaatsanwaltschaft in München, die sich sonst mit Wirtschaftsdelikten und Terrorismus beschäftigt: „Da wurde die Sache dann niedergeschlagen“, sagt er. Der 85-Jährige sah das anders und erstattete eine Strafanzeige gegen die Generalstaatsanwaltschaft in München.

    Von dort ging seine Beschwerde weiter an das bayerische Justizministerium: „Der Generalstaatsanwaltschaft in München wurde das wohl zu viel“, sagt der Rentner. Das Justizministerium stellte das Verfahren schließlich ein. „Mit einem automatisch erstellten Schreiben. Nicht mal unterschrieben“, beschwert sich der Rentner. Spätestens hier hätte das Verfahren konventionellerweise geendet, aber nicht mit dem 85-Jährigen.

    "So einen Fall haben wir jede Woche", sagt Landtagsvizepräsident Alexander Hold

    Er erstattete Anzeige gegen mehrere Stellen von der Staatsanwaltschaft und dem Ordnungsamt in Augsburg über die Generalstaatsanwaltschaft in München bis hin zum bayerischen Justizministerium. Seine Vorwürfe waren immer die gleichen: Strafvereitelung im Amt, Betrug und Machtmissbrauch. Auch aus diesen Anzeigen wurde nichts. Der 85-Jährige reichte also Beschwerde beim Verfassungsausschuss des Landtags, ein: „Damit wollte ich Justizminister Georg Eisenreich zwingen, ein Statement dazu abzugeben“.

    Am Donnerstag kam seine Beschwerde nun vor den Verfassungsausschuss des Bayerischen Landtags, der für Beschwerden gegen Richter zuständig ist. Der Mann war persönlich bei der Sitzung zugegen: „So wie das vorgelesen wurde, haben die mich als Querulanten hingestellt“, sagt er. So sei auch das Ergebnis kein Wunder gewesen: Ausschussmitglied und Landtagsvizepräsident Alexander Hold von den Freien Wählern berichtet auf Anfrage unserer Zeitung, dass der Antrag des Beschwerdeführers einstimmig abgelehnt und für teilweise unzulässig erklärt wurde. „Solche Fälle bekommen wir eigentlich jede Woche im Ausschuss“, sagt der ehemalige Fernsehrichter. Es gäbe viele Leute, die sich als Opfer eines Justizskandals sähen: „Durch meine Fernsehauftritte werde ich schon seit 20 Jahren darum gebeten bei der Aufklärung solcher Angelegenheiten zu helfen“, sagt Hold.

    Der Rentner ist von dem Ergebnis nicht überrascht: „Das ist so ausgegangen, wie ich es erwartet habe“, sagt er. Er will aber weiter um sein Recht kämpfen. Ihm gehe es vor allem ums Prinzip: „Es ist mein gutes Recht Einspruch einzulegen, wenn ich mit einer Entscheidung nicht einverstanden bin“.

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