Die neueste Generation des deutschen ICE, Frankreichs Schnellzug TGW und eine 160 Jahre alte Bahnstrecke: Bei Gabelbachergreut treffen sie täglich aufeinander und das wird noch einige Jahre so bleiben. Denn der Ausbau der Bahngleise im Westen von Augsburg hat Zuckelzugtempo und den Preis dafür werden tausende Zugpendler aus dem Augsburger Land bezahlen müssen: Ihnen drohen ab Mitte des kommenden Jahrzehnts deutliche Verschlechterungen bei den Regionalzügen.
Deswegen forderte am Montag der Kreistag in einer Resolution noch einmal Tempo beim Ausbau der bestehenden Bahnstrecke zwischen Augsburg und Dinkelscherben, die unter dem Stichwort „drittes Gleis“ als teil des Gesamtausbaus der Bahnstrecke Augsburg-Ulm erfolgen soll. Die Pläne der Bahn freilich sehen ein anderes Vorgehen vor. Das verdeutlichte Projektleiter Markus Baumann am Montag.
Der Verlauf der Trasse ist offen
Bis 2025 sollen die Pläne so weit sein, dass sich der Bundestag per Gesetz auf eine Trasse festlegen kann, anschließen würde sich ein weiteres Jahre langes Verfahren, ehe es überhaupt zum Baubeginn käme. Derzeit aber ist noch nicht einmal klar, wo denn ausgebaut würde. Die berühmte „Weißwurst“ (siehe Grafik) aus dem Bundesverkehrswegeplan, die den Planern zwischen Augsburg und Dinkelscherben einen engen Korridor entlang der bestehenden Gleise vorschlägt, ist für Baumann nur eine von mehreren Varianten: „Das kann rauskommen, muss aber nicht.“
27 Minuten sind das Ziel
Für den Projektchef der Bahn ist eine Verkürzung der Reisezeit zwischen Ulm und Augsburg von derzeit einer knappen dreiviertel Stunde auf 27 Minuten oberstes Ziel. Die dafür nötige Trasse soll im Dialog mit der Bevölkerung gefunden werden und wirtschaftlich sein.
Unter diesen von Baumann genannten Bedingungen sehen die Politiker im Augsburger Land den lange gehegten Traum vom dritten Gleis in weite Ferne rücken, wenn nicht sogar platzen. Schon der jetzige Zeitplan bedeute Verschlechetrungen für das Nahverkehrsangebot, warnte der Bundestagsabgeordnete Hansjörg Durz. Ab 2025 würden vom neuen Bahnhof Stuttgart 21 aus wesentlich mehr Fernzüge Richtung München fahren und den Nahverkehr im Augsburger Land aufs Abstellgleis drängen. Durz: „Die Zeit drängt.“ Die Bahn müsse eine akzeptierte und schnell verwirklichbare Strecke wählen – „damit wir das alle noch erleben.“
Seit 1996, als in der so genannten Diedorfer Erklärung das Dritte Gleis als Grundlage für den S-Bahn-ähnlichen Zugverkehr genannt wird, hat es mehrere Beschlüsse und Resolution für den Bau dritter Gleise auf den Strecke zwischen Augsburg und Dinkelscherben sowie Augsburg und Meitingen gegeben.
Sailer wirbt für Signal der Geschlossenheit
Gestern warb Landrat Sailer leidenschaftlich für ein erneutes Signal in diese Richtung. Die Region müsse Geschlossenheit demonstrieren und jede Trassendiskussion vermeiden. Sailer plädiert dafür, zwischen Augsburg und Dinkelscherben frühzeitig abschnittsweise loszulegen, selbst wenn der weitere Verlauf der Strecke nach Dinkelscherben noch nicht feststehen sollte.
Er verwies aus die Bedeutung der Bahnstrecken als Rückgrat für den öffentlichen Nahverkehr. Der Landkreis bastle gerade an einem neuen Mobilitätskonzept, der Ausbau zwischen Augsburg und Dinkelscherben bringe zudem für die Anwohner Lärmschutz und barrierefreie Bahnhöfe. Uneingeschränkt hinter Sailers Kurs stellten sich auch SPD und Freie Wähler sowie FDP/ÖDP. SPD-Fraktionschef Harald Güller wertete es als „enttäuschend, wo wir heute stehen“. FW-Sprecher Fabian Mehring bezeichnete den Bau der dritten Gleise im Westen und Norden als „nicht verhandelbar“, Manfred Buhl (FDP) sagte: „Wir müssen an unseren Positionen festhalten.“
Schwerer taten sich mit einer Zustimmung die Grünen. Die Fraktion sei für einen „zukunftsfähigen Ausbau“ der Strecke, so Sprecherin Silvia Daßler. Dazu gehöre zum Beispiel ein zehn-Minuten-Takt auf der Schiene im Nahverkehr. Aus der Grünen-Fraktion kam auch die einzige Gegenstimme. Hannes Grönninger befand, mit der Resolution werfe man den Planern Knüppel zwischen die Beine. Man solle sie erst einmal machen lassen.
Lesen Sie hierzu den Kommentar: Verkehrspolitik zum Vergessen