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Landkreis Augsburg: Pannen und Feiertage: Inzidenzwert im Kreis Augsburg von 200 war falsch

Landkreis Augsburg

Pannen und Feiertage: Inzidenzwert im Kreis Augsburg von 200 war falsch

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    Die Corona-Statistik des RKI für den Landkreis Augsburg weist massive Fehler auf.
    Die Corona-Statistik des RKI für den Landkreis Augsburg weist massive Fehler auf. Foto: Andreas Lode

    Wer am Freitagmorgen die aktuellen Corona-Zahlen aufgerufen hat, war wahrscheinlich verwundert. Über Nacht war der sogenannte Inzidenzwert von knapp über 200 um ein Viertel gesunken. Im Laufe des Tages stellte sich heraus: Dem hohen Donnerstagswert, der auch im Vergleich zur Entwicklung der vergangenen Tage einen Ausreißer darstellte, lagen mehrere Fehlerquellen zugrunde.

    Dennoch gilt das Ausflugsverbot, das er ausgelöst hat, in der kommenden Woche. Das löst nun deutliche Kritik aus. Update: Inzwischen wurde die Beschränkung wieder aufgehoben.

    Kreis Augsburg: 15-Kilometer-Regel kommt trotz Fehler bei Inzidenz

    Die sogenannte 15-Kilometer-Regel tritt automatisch in Kraft, nachdem der Sieben-Tage-Inzidenzwert die 200 übersteigt, und gilt dann für mindestens eine Woche. Auch wenn der Inzidenzwert in dieser Zeit fällt oder es Ungenauigkeiten bei seiner Ermittlung gegeben hat. Genau das war im Landkreis Augsburg offenbar der Fall.

    Auf Anfrage unserer Redaktion teilte das Landratsamt mit, dass die Schwankungen "maßgeblich" mit einer internen Umstellung der Technik in Labors, die die Tests auswerten, zu tun haben. Seit dem 1. Januar müssen Labore, die Tests auswerten, eine Software namens "Deutsches Elektronisches Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz" (DEMIS) benutzen. Das schreibt das Infektionsschutzgesetz vor, um die Meldung von positiven Tests zu beschleunigen.

    Erreicht wurde zumindest vorübergehend das genaue Gegenteil: Die Softwareumstellung habe laut Landratsamt Probleme verursacht, die Nachmeldungen zur Folge hatten. Auch in Nürnberg und anderen Städten und Kreisen hatten die Probleme mit DEMIS Verzerrungen bei den Corona-Zahlen zur Folge.

    So funktioniert die Corona-Statistik im Landkreis Augsburg

    Laut Landratsamt hat es zudem wegen der Feiertage, insbesondere des Dreikönigstages bundesweit "Verschiebungen der Tageswerte" gegeben, also Verzögerungen bei der Übermittlung von Zahlen. Laut RKI hat das Landratsamt am Dreikönigstag keinen Fall gemeldet. Ebenso zwischen dem 9. und dem 11. Januar. An Silvester und Neujahr gingen zwei Fälle dort ein. Zwischen Heiligabend und dem zweiten Weihnachtstag acht. Dabei sind mehrere Dutzend Fälle an einem normalen Tag keine Seltenheit. Wie eine Sprecherin des RKI mitteilt, spiele es aber auch eine Rolle, dass an den Feiertagen und am Wochenende weniger Menschen zum Arzt gehen und sich testen lassen, sodass es weniger Fälle zum Übermitteln gibt.

    Maßgeblich für die Anordnungen der Behörden zum Infektionsschutz ist die Statistik des Robert-Koch-Instituts, das die Meldungen der Gesundheitsämter verarbeitet. Dort taucht jeder, der positiv auf das Virus getestet wurde, auf. Ein solcher Test muss an das Gesundheitsamt vor Ort gemeldet werden, welches die Daten dann an das RKI weiterleitet. Gibt es hierbei Verzögerungen, tauchen schon länger zurückliegende Tests als aktuelle Fälle in der Statistik auf. Eine Verzögerung bei der Übermittlung ist auch unter normalen Umständen durchaus möglich, zum Beispiel an Wochenenden.

    Landrat Martin Sailer (CSU) kommentierte den Vorgang auf Anfrage unserer Redaktion nicht. Er verwies über einen Sprecher auf das unverändert hohe Infektionsgeschehen im Landkreis Augsburg.

    Kreis Augsburg: SPD kritisiert unflexibles System bei Corona-Regeln

    In der Tat ist der Spielraum des Landkreischefs überschaubar. "Der Landrat hat hier leider keinen Spielraum", sagt auch der SPD-Landtagsabgeordnete Harald Güller aus Neusäß. Und genau das kritisiert der Oppositionspolitiker: "Man muss vor Ort mehr Spielraum und die Möglichkeit haben, flexibel reagieren zu können." Güller hält den Automatismus "200er-Inzidenz, dann 15-km-Regel" für falsch. "Diese Beschränkung macht ohnehin keinen Sinn und ist überzogen", findet der SPD-Abgeordnete. "Am Kuhsee darf ich spazieren, in Klosterlechfeld aber nicht - das ist Unsinn."

    Mit großer Sorge sieht Güller, dass durch solche Pannen und unflexible Beschränkungen die Akzeptanz bei den Bürgern spürbar sinke. "Die Zahlen müssen dringend runter, das ist vollkommen unstrittig, aber man muss je nach Sachlage vor Ort reagieren können", meint der Abgeordnete und Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion.

    Der Grüne Landtagsabgeordnete Maximilian Deisenhofer aus Krumbach betont, dass Freiheitsbeschränkungen gut begründet sein müssen: "Wenn der 200er-Inzidenz-Wert wegen einer Software-Umstellung vorübergehend erreicht wurde, dann ist es schon sehr schwer zu verstehen, warum mindestens eine ganze Woche lang strengere Maßnahmen gelten." Eine Verpflichtung zum Homeoffice würde mehr bringen, um die Pandemie zu bekämpfen, als Ausflugsverbote. "Das Wichtigste ist aber, dass sich die Bevölkerung aus Überzeugung an der Pandemiebekämpfung beteiligt."

    Ministerin Trautner zu Corona: "Alle werden dünnhäutiger"

    Ob es denkbar wäre, die jetzt geltende 15-km-Regel im Landkreis Augsburg zurückzunehmen, nachdem die Inzidenz tatsächlich wieder niedriger ist, mag Bayerns Sozialministerin Carolina Trautner (CSU) nicht beurteilen. "Das sind juristische Feinheiten." Aber sie könne gut verstehen, wenn die Leute verärgert sind über das ständige Auf und Ab und die Beschränkungen. "Wir alle werden mit der Zeit dünnhäutiger", sagt die Stadtbergerin, aber das dürfe nicht dazu führen, das große Ziel aus den Augen zu verlieren. Da könne es aus ihrer Sicht keine Ausnahmen geben, auch wenn hie und da Fehler passieren. "Das ist schade, aber die Gesundheitsämter leisten großartige Arbeit und tun, was sie können", so die Ministerin. Entscheidend sei für sie nicht so sehr die Inzidenz, sondern alles, was dazu beitragen könnte, die Infektionen zu verringern. Und dazu gehöre eben auch ein Verbot der touristischen Ausflüge.

    Ähnlich äußerte sich der Freie-Wähler-Landtagsabgeordnete Fabian Mehring. Als "ärgerlich" bezeichnete er den Vorgang rund um die Landkreis-Inzidenz, nahm aber gleichzeitig die Beteiligten in Schutz. "Alle arbeiten an der Belastungsgrenze." Zudem änderten die nun besseren Inzidenzzahlen nichts an der insgesamt bedrohlichen Pandemielage. Mehring warb um Verständnis für die bayerischen Bestimmungen und bezeichnete das Ausflugsverbot als "verschmerzbar".

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Falscher Inzidenzwert im Kreis Augsburg: Das Vertrauen nimmt Schaden

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