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Landkreis Augsburg: Nach Orkan Sabine: Die Wälder im Augsburger Land bleiben gefährlich

Landkreis Augsburg

Nach Orkan Sabine: Die Wälder im Augsburger Land bleiben gefährlich

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    Waldspaziergänge sind im Moment keine gute Idee, noch immer drohen viele Bäume umzustürzen, wie hier in der Nähe des Horgauer Bahnhofs. 
    Waldspaziergänge sind im Moment keine gute Idee, noch immer drohen viele Bäume umzustürzen, wie hier in der Nähe des Horgauer Bahnhofs.  Foto: Marcus Merk

    Einen Tag nach dem Orkan Sabine sind die Schäden im Wald noch schwer absehbar. Sicher ist: Ein Waldspaziergang kann dieser Tage lebensgefährlich sein. Es wird noch Wochen dauern, bis die Lage wieder unter Kontrolle ist. Viele Bäume sind umgestürzt, in den Baumkronen hängen abgebrochene Äste. Der Orkan „Sabine“ weckt Erinnerungen an andere verheerende Unwetter.

    Am Tag danach seien die Förster damit beschäftigt, die Wälder im Augsburger Land zu inspizieren, sagt Wolfgang Sailer, Behördenleiter beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. „Gestern war das einfach zu gefährlich.“ Deshalb könne man noch nicht genau sagen, wie groß der Schaden ist. „Es sieht aber danach aus, dass wir mit einem blauen Auge davongekommen sind“, sagt Sailer. Große Baumgruppen seien in den Wäldern im Augsburger Land wohl nicht umgekracht. Einzelne Bäume allerdings schon. Die müssen nun aus dem Wald geschafft werden. Doch allein damit ist es nicht getan.

    Die größte Gefahr lauert derzeit in den Baumkronen: abgetrocknete Äste, die durch den Sturm in die Luft gewirbelt wurden. „Wenn einen so ein Ast trifft, kann das tödlich enden“, sagt Sailer. In den kommenden Tagen sei der Wald deshalb tabu. Auch später sollten Spaziergänger auf keinen Fall in abgesperrten Waldbereichen unterwegs sein.

    Erinnerungen an der Orkan „Lothar“

    Dass hierdurch eine echte Gefahr für Menschen ausgeht, beweist der Orkan „Lothar“, der 1999 viele Wälder in Frankreich und Süddeutschland verwüstete: Viele der 110 Todesopfer starben nicht während des Orkans selbst – sondern bei Aufräumarbeiten danach.

    Im nördlichen Landkreis hat es besonders die Wälder um Stadtbergen, Deuringen, Neusäß und Leitershofen schwer getroffen. Dort habe auch die Feuerwehr viel zu tun gehabt, bestätigt Kreisbrandrat Alfred Zinsmeister. Insgesamt hatten im Landkreis 69 Wehren bis Dienstagmittag 234 Einsätze an 148 Einsatzorten. Größtenteils waren die Wehren mit umgestürzten Bäumen beschäftigt, vereinzelt auch mit abgedeckten Dächern und Überflutungen.

    Im Einsatz sind nun auch die vielen Waldbesitzer, die die Schäden beseitigen müssen. Umgestürzte Bäume müssen bis spätestens April verschwunden sein, denn wenn es warm und trocken wird, verbreiten sich dort schnell Borkenkäfer. Gefährliche Stellen im Wald sollten nun schnell unter Kontrolle gebracht werden, sagt Sailer.

    Vor allem Fichten fallen dem Orkan „Sabine“ zum Opfer

    Er ist für ein Waldgebiet von rund 57000 Hektar Wald zuständig, eine große Fläche davon im Landkreis Augsburg. Umgekracht seien in den Wäldern durch den Orkan vor allem Fichten. Denn deren Wurzeln ragen nicht so tief in die Erde wie die anderen Baumarten. Hinzu komme, dass der Boden im Wald durch den starken Regen in den vergangenen Tagen teils stark aufgeweicht war, erklärt Sailer. Man habe allerdings damit gerechnet, dass die Folgen weit drastischer sein könnten. So wie zuletzt 2015, erinnert sich Sailer. So wie zum Beispiel 2007 nach dem Orkan „Kyrill“.

    Wind, Sturm und Orkan - was ist der Unterschied?

    Windstärken werden nach der von dem britischen Admiral Francis Beaufort (1774-1857) entwickelten Skala berechnet. Sie reicht von 0 Beaufort (Windstille) bis zur Stärke 12 (Orkan).

    Böen sind kräftige Windstöße, die den Zehn-Minuten-Mittelwert der gemessenen Windgeschwindigkeit für bis zu 20 Sekunden übersteigen.

    Stürmischer Wind (Stärke 8) erreicht eine mittlere Geschwindigkeit von 62 bis 74 Kilometern pro Stunde - gemessen in zehn Metern Höhe über freiem Gelände.

    Bei Sturm fegt der Wind mit einer mittleren Geschwindigkeit von 75 bis 88 Stundenkilometer über freies Gelände (Stärke 9). Bei Wind mit Tempo 89 bis 102 (Stärke 10) spricht man von einem schweren, bei 103 bis 117 (Stärke 11) von einem orkanartigen Sturm.

    Orkane sind besonders heftige Stürme mit 118 Kilometern pro Stunde und mehr (Stärke 12). Sie richten oft schwere Verwüstungen an.

    Getroffen hat der aktuelle Sturm wohl vor allem den mittleren und südlichen Landkreis, sagt Sailer. Das kann Alois Auer, Vorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft Schwabmünchen, bestätigen: „Gefühlt ist der Schaden hier höher als im Norden“, sagt er. Genaue Zahlen könne aber auch er erst in den kommenden Tagen nennen. Im nördlichen Landkreis sei man „noch gut weggekommen“, meint Vorsitzender Anton Kraus von der Forstbetriebsgemeinschaft Augsburg-Nord. Großflächige Schäden seien in den rund 8000 Hektar großen Waldflächen der Gemeinschaft wohl ausgeblieben. Kraus hat allerdings das Gefühl, dass die Unwetter im Augsburger Land immer aggressiver werden.

    Immer mehr und heftigere Stürme im Augsburger Land

    Das kann Behördenleiter Wolfgang Sailer bestätigen. „Das, was Wissenschaftler Klimawandel nennen, kann man hier vor Ort ganz klar feststellen“, meint Sailer. Die Anzahl sowie die Heftigkeit der Stürme habe in den vergangenen Jahren zugenommen. Dennoch müsse man erwähnen, dass die Zeit zwischen Januar und März eine „traditionelle Sturmzeit“, sei. Doch was kann man tun, um den Wald „sturmfest“ zu machen? Die Frage beschäftige die Waldbesitzer seit Jahren, meint Sailer. Eine Maßnahme: mehr Vielfalt in den Wäldern. Statt Fichten werden beispielsweise vermehrt Buchen, Tannen oder Ahorn gepflanzt.

    Dieser Trend sei nicht neu und werde auch gezielt gefördert, auch in privaten Wäldern. Ziel seien mindestens vier Baumarten je Abschnitt. Ganz verhindern lassen sich Sturmschaden allerdings auch damit nicht.

    Zahlreiche Unfälle durch den Sturm „Sabine“

    • Meitingen Just in dem Moment, als einer 55-jährige Autofahrerin am Montag auf der Raiffeisenstraße ein Gespann mit einem 81-Jährigen am Steuer entgegenkam, schlug Sabine zu. Eine starke Windböe erfasste um 14.05 Uhr den Anhänger und warf ihn um. Die Frau konnte nicht mehr bremsen und krachte in das Gespann. Dabei schob sich laut Polizei das Gestänge des Hängerdaches über das Autodach und schlitzte es über die gesamte Länge auf. Die 55-Jährige musste leicht verletzt ins Krankenhaus eingeliefert werden. Die Höhe des Schadens steht noch nicht fest.
    • Westendorf Der zweite, sturmbedingte Verkehrsunfall geschah auf der Ortsverbindungsstraße von Westendorf in Richtung Meitingen. Eine 38-jährige Autofahrerin war gegen 3.45 Uhr in Richtung Meitingen unterwegs und touchierte kurz vor der B-2-Unterführung einen etwa 25 Zentimeter dicken Baum, der durch den Sturm auf die Straße geworfen worden war. Der Schaden an ihrem Fahrzeug wird laut Polizei auf rund 4000 Euro geschätzt.
    • Dinkelscherben/Häder Gesperrt war ab 2.06 Uhr die Kreisstraße zwischen Dinkelscherben und Häder. Ein Baum lag quer über der Fahrbahn, sodass ein Durchkommen nicht mehr möglich ist. Die Freiwillige Feuerwehr kümmerte sich um die Beseitigung.
    • Fischach/Aretsried Bei der Molkerei Müller ging nachts um 3.11 Uhr der Feueralarm los. Die Brandmeldeanlage wurde nach Auskunft der Polizei durch zuvor abgeführtes Wasser ausgelöst, das durch den Orkan wieder zurück in die Anlage gedrückt wurde. Die Störung konnte jedoch schnell wieder behoben werden, der Einsatz wird daher als Fehlalarm in die Statistik der Feuerwehr eingehen (mit thia)

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