Die allererste Fahrt mit der Staudenbahn in dieser Saison ging am Sonntag um 8.07 Uhr los. Na ja, ein paar Minuten später, weil Lokführer Hubert Teichmann, der auch gleichzeitig der Geschäftsführer der Staudenbahn ist, noch einen verspäteten ICE aus München abwarten musste, der die gleiche Strecke fährt.
Eine Familie steigt direkt in Augsburg am Hauptbahnhof ein und hat die Fahrräder mit dabei. „Ludwig, wohin wollen die Leute, die eingestiegen sind?“, fragt Teichmann seinen Sohn, der fleißig mithilft und an diesem Tag als Zugbegleiter fungiert. „Nach Walkertshofen“, kommt es per Funk zurück. Gefahren wird erst einmal mit einem Waggon samt Gepäckwagen. Darin gibt es 40 Sitzplätze und Platz für bis zu 30 Fahrräder.
Übergänge müssen manuell gesichert werden
Ab Gessertshausen fahren Frank Hannecke und Kultmoderator Albert Fink die Straßen neben der Bahnstrecke mit dem Auto. An den Bahnübergängen fungieren sie als lebende Schranken, denn fast überall müssen dort die Übergänge manuell gesichert werden.
Ebenfalls in Gessertshausen steigen Willi und Heidi Steiger samt Fahrräder zu. Sie möchten bis zur Endstation Markt Wald fahren und von dort aus mit dem Radl wieder nach Hause. Eine Einkehr ist ebenfalls geplant. Teichmann freut sich und weiß, dass die Leute aus den Stauden das Angebot der Staudenbahn lieben. Allerdings müsse sich erst herumsprechen, dass sie sonntags unterwegs ist. Bisher fuhr sie samstags und sonntags, heuer nur an Sonn- und Feiertagen. Die Gründe sind vielfältig. 2022 soll nach mehreren Verschiebungen endlich die Teilstrecke Gessertshausen–Langenneufnach reaktiviert werden.
Man freut sich, wenn das Bähnle fährt
Ob Radfahrer entlang der Bahnstrecke, Autofahrer oder die Oldtimer-Traktorfahrer, alle winken den Staudenbahnfahrern und Teichmann zu. Man freut sich, wenn das Bähnle fährt. Schneller als 60 Kilometer pro Stunde fährt die Lok nicht. Und meist ist Teichmann noch viel langsamer, da die Bahnübergänge fast überall sehr unübersichtlich sind. An jeder brenzligen Stelle, und er kennt sie alle auswendig, pfeift er mit der Lok unüberhörbar laut. Mal ist ein Fußballfeld direkt an der Bahnstrecke und mal ein kleiner Badeweiher. In Walkertshofen steigt die Familie aus Augsburg aus. Sie wird vom Zugführer persönlich verabschiedet.
In Markt Wald angekommen, wartet eine vierköpfige Familie auf den Zug. Michi Helg mit Frau Doris, Tochter Jana und Sohn Mirco kommen aus der Schweiz – Romanshorn am Bodensee. Sie machen gerade Urlaub auf dem Ferienhof und haben gelesen, dass da nun ein Zug fährt. „Das ist richtig cool, mit so einem alten Zug zu fahren“, schwärmt Doris Helg. Sie wollen in Gessertshausen aussteigen und zu Fuß nach Oberschönenfeld. Teichmann empfiehlt ihnen, schon in Margertshausen auszusteigen. Die beiden Kinder haben Fahrräder dabei, damit der Fußmarsch nicht zu lang wird.
Es geht entspannt und gemütlich zu im Staudenbähnle. Man schwätzt miteinander und genießt die fantastische Aussicht. Grün, so weit das Auge reicht. Man sieht vom Zug aus unzählige Tiere wie Kühe, Pferde, Wildgänse, Alpakas und Graureiher.
Die Fenster öffnen und rausschauen
In dem alten Waggon kann man sogar noch die Fenster öffnen und rausschauen. Ein herrliches Gefühl. Nur rauslehnen darf man sich während der Fahrt nicht, denn dann bekommt man schon mal einen Ast ins Gesicht, wenn man nicht aufpasst. Der Bewuchs entlang der Bahnlinie ist enorm, und es erfordert ein hohes Maß an Zeit, diese Strecke zu pflegen. Ludwig Teichmann hat am Samstag noch mit seinem Kumpel an drei Bahnhöfen die Grünstreifen gemäht. Alles ehrenamtlich.
Am Augsburger Hauptbahnhof zur zweiten Fahrt wartet schon eine ganze Reisegruppe mit Fahrrädern und strahlt, als die Staudenbahn eintrifft.
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