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Landkreis Augsburg: Ihle rät:  Brezenschlingen muss aus der Hüfte kommen

Landkreis Augsburg

Ihle rät:  Brezenschlingen muss aus der Hüfte kommen

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    Gekonnt schwingt der gelernte Bäcker Wilhelm-Peter Ihle den Teigstrang zur Breze und kommentiert: Die Bewegung, bei der Teigstrang einmal um die eigene Achse geschlungen wird, müsse „aus der Hüfte“ kommen.
    Gekonnt schwingt der gelernte Bäcker Wilhelm-Peter Ihle den Teigstrang zur Breze und kommentiert: Die Bewegung, bei der Teigstrang einmal um die eigene Achse geschlungen wird, müsse „aus der Hüfte“ kommen. Foto: Marcus Merk

    An den zwei Produktionsstandorten der Großbäckerei Ihle in Gersthofen und in Friedberg gehen Tradition und Moderne Hand in Hand. Die moderne Produktion verkörpern große Maschinen, die dafür sorgen, dass eine Vielzahl an Backwaren an sieben Tagen in der Woche produziert wird. Traditionell sind die Rezepturen, die seit mehr als 125 Jahren unangetastet bleiben. Eines dieser Urgesteine der Bäckerkunst ist die Breze, die häufig auch als Symbol des Bäckerhandwerks genutzt wird.

    Wilhelm-Peter Ihle, der gemeinsam mit Bruder Alexander Ihle den Familienbetrieb führt, beißt genüsslich in eine frische Breze und erklärt: „Ich mag’s knackig.“ Er weiß aber auch um die Geschmacksvorlieben seiner Kunden: „Kinder mögen

    1920 gab es noch Schweinefett statt Rapsöl

    Salz, Wasser, Hefe, Mehl und Rapsöl kommen in den Teig. „Früher, also zu Zeiten meines Großvaters um 1920 herum, wurde dem Teig anstatt Rapsöl noch Schweinefett zugefügt“, erklärt Wilhelm-Peter Ihle. Weitere Veränderungen gab es am Grundrezept nicht, nur gibt es das Gebäck mittlerweile in verschiedenen Veredelungsformen: Beliebte Formen sind die Butterbreze, die mit Leberkäse belegte Brezen, die mit Käse überbackene und zur Frühlingszeit die mit Butter und Schnittlauch belegte. Das Grundrezept jedoch, das geht immer noch auf Wilhelm-Peter Ihles Urgroßvater, Georg

    Und so funktioniert die Herstellung heute: Der Brezenteig kommt über einen Trichter in die sogenannte Kopfmaschine. Sie teilt die große Teigmasse in gewichtsgleiche Stücke. 110 Gramm wiegt ein Teigstück. Später wird daraus eine Breze mit einem Ausbackgewicht von 80 Gramm. Beim Portionieren werden aus dem Teig gewichtsgleiche Rundstücke gewirkt. Damit aus diesen die typische Brezenform entstehen kann, schiebt ein Förderband das Teigstück durch eine Walze. So wird aus dem runden Stück eine Teigzunge, die an eine Mini-Pizza erinnert.

    Dem Teig wird auch Entspannung gegönnt

    Die Wickelmaschine rollt diese anschließend auf. Nun gleicht der Teig einem Spitzle, das im nächsten Produktionsschritt durch zwei Druckbretter geschoben wird. Sie sorgen dafür, dass ein konischer Teigstrang entsteht. Rechts und links nehmen sie den Teig ordentlich in die Mangel; in der Mitte ist eine Vertiefung, sodass der Teig Platz hat, den dicken Bauchteil der Breze auszubilden. „Diese Prozedere setzt die Breze gehörig unter Stress“, erklärt Wilhelm-Peter Ihle. Ein wenig Entspannung wird dem Gebäck deswegen auf dem Entspannungsband gegönnt. Zehn Minuten darf der Teig dort ruhen, bevor er weiter verarbeitet wird.

    Nun legt der gelernte Bäcker – unter den Argusaugen seiner Mitarbeiter – selbst Hand an. Fachmännisch nimmt er sich einen Teigstrang, bringt ihn mit ein paar geübten Handgriffen auf die benötigte Länge, um daraus eine Breze formen zu können. Gekonnt schwingt er den

    Wichtig sind Temperatur und Luftfeuchtigkeit

    Von nun an ist die fertig geformte Breze in guter Gesellschaft. Mit 15 anderen Brezen liegt sie auf einem Blech und durchläuft die weiteren Stationen. Etwa 30 Bleche finden auf einem Wagen Platz. Für eineinhalb Stunden bleiben sie im Gärraum. Wichtig sind dort zwei Faktoren: eine Temperatur zwischen 30 und 35 Grad Celsius, die nötig ist, damit sich die Hefe entwickelt; und eine Luftfeuchtigkeit von 80 bis 90 Prozent, die verhindert, dass sich eine Haut um das Gebäck bildet.

    Im nächsten Raum, dem Absteif-raum, soll dann genau diese Entwicklung bei gerade einmal fünf Grad Celsius provoziert werden: Die Breze soll „absteifen“, wie es im Backjargon heißt. Das heißt: Der Teig zieht sich zusammen und die Breze bekommt eine Haut, damit die Lauge nicht eindringen kann. „Früher wurden die Backwaren auf den Hof geschoben um abzusteifen“, erklärt Ihle.

    Brezen bekommen eine Laugendusche

    Die nächste Station macht den zur Breze geformten Teig erst zur Laugenbreze: das Laugenbad. Dafür werden die Brezen vom Blech auf ein Förderband gezogen und bekommen eine Laugendusche. In der Produktion von Ihle bekommen sie an dieser Stelle eine Sonderbehandlung: Durch zwei

    Für die Brezen, die als Teiglinge in die Filiale kommen, ist an dieser Stelle Schluss im Produktionsprozess. Die wenigen, die direkt in Friedberg oder Gersthofen fertig ausgebacken werden, verbleiben auf der Fertigungsstraße und werden nun mit Salz bestreut. Dafür wird Salinensalz aus Bad Reichenhall verwendet. Anschließend fährt das Förderband direkt in den Ofen. Zuerst werden Kästen auf dem Förderband platziert, um zu verhindern, dass die ersten Gebäckstücke der Reihe zu viel Hitze abbekommen und verbrennen. Durch Gucklöcher an der Seite lässt sich beobachten, wie Brezen für etwa 19 Minuten gebacken werden. Die Anfangstemperatur liegt bei 220 Grad Celsius und sinkt auf 180 Grad Celsius.

    Zahlreiche Geschichten sind überliefert

    Wie die Breze und vor allem ihre urtypische Form entstanden sind, darüber scheiden sich übrigens die Geister. Zahlreiche Geschichten sind überliefert. Eine verortet ihren Ursprung bei einem Mönch, 610 nach Christus: Die verschränkten Hände der Mönche hätten ihn damals zur Brezenform inspiriert. Auch als Abwandlung des römischen Ringbrots wird das typische Gebäck häufig gehandelt. Eine andere Geschichte macht die Breze zum Lebensretter für einen Bäcker im Jahr 1477: Seine einzige Chance, einer Hinrichtung zu entgehen, war, ein Gebäck zu erfinden, durch das dreimal die Sonne lugen kann. Heraus kam ein Gebildebrot, welches ungeschickterweise in eine Lauge plumpste. Das Resultat: die heutige Laugenbreze.

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