Eigentlich ist Andi Zwiselsberger Hundetrainer geworden, um gemeinsam mit den Tieren auf der Wiese zu stehen. Angesichts der Corona-Regelungen in Bayern ist das derzeit nicht erlaubt. Darum schallt über Zwiselbergers Trainingsgelände in Gersthofen gerade kein Gebell; keine Hunde toben über den Platz. Doch der Coach, dessen Arbeit auf Martin Rütters DOGS-Philosophie basiert, bietet ein alternatives Programm: "Homeschooling für Hunde".
Mit dem Angebot via Webcam hat Andi Zwiselsberger bereits sehr positive Erfahrungen gemacht. Auch in einer Zeit nach der Pandemie möchte er das Homeschooling anbieten. Dennoch berge das Betriebsverbot für Hundeschulen in Präsenzformat große Schwierigkeiten: "Für Welpen ist es extrem wichtig, verschiedene Reize kennenzulernen, damit sie 'umweltsicher' werden."
Hunde brauchen Kontakt zu Gleichaltrigen
Außerdem bräuchten sie den Kontakt zu Gleichaltrigen. Gerade wenn die jungen Hunde zwischen acht und 17 Wochen alt seien, würden die Tiere sehr viel lernen und abspeichern. Zwiselsberger kritisiert deshalb: "Im Moment haben Welpen nicht die Möglichkeit, richtig aufs Leben vorbereitet zu werden." Der DOGS-Coach findet, dass Hundeschulen von gesellschaftlicher Relevanz sind und möglichst bald wieder öffnen sollten. "Wir verfügen über ein schlüssiges Hygienekonzept und würden unter freiem Himmel trainieren", so Zwiselsberger.
Der Vierbeiner muss lernen, wo er steht
Ganz ähnlich sieht das auch Konstantin Schorr, der in Ellgau nebenberuflich seine eigene Hundeschule führt. Der 43-Jährige ist der Meinung: "Welpen, die jetzt nicht sozialisiert werden, können irgendwann zu Problemhunden werden." Auch er spricht von einer Phase der Prägung in den ersten zwanzig Wochen, in welchen der Hund viel fürs Leben mitnehme. Eine wichtige Rolle spielen dabei Vertrauen, Bindungsaufbau und die Rangordnung - der Vierbeiner müsse lernen, wo er steht.
Prinzipiell rät Schorr davon ab, sich in der aktuellen Zeit einen Hund zuzulegen. Gerade für unerfahrene Familien gestalte es sich schwierig, das neue Haustier ohne Besuch in einer Hundeschule richtig zu erziehen. Ein Online-Training betrachtet der Ellgauer eher mit Skepsis - es fehle die Körpersprache und der persönliche Kontakt. Theorieabende seien durchaus möglich, praktisches Training am Hund eher nicht. Dennoch bietet Konstantin Schorr an: "Ich bin telefonisch erreichbar und helfe gerne."
Sorge vor steigender Zahl von Problemhunden
Auch Jessica Laumeyer beobachtet mit Sorge, dass sich gerade so viele Menschen einen Hund zulegen. Die Hundetrainerin aus Horgau, die sich mit ihrer Schule "Freude mit vier Pfoten" auf das Trainieren mit Problemhunden spezialisiert hat, rechnet mit einem Rattenschwanz an Problemen mit verhaltensauffälligen Vierbeinern nach dem Ende der Corona-Pandemie. Die Leute, die sich im ersten Lockdown einen Welpen gekauft haben, müssten jetzt ohne Hilfe von außen einen Hund in der Pubertät großziehen.
Dem Alternativprogramm - Hundetraining im Online-Format - steht auch Georg Stegmüller als Vorsitzender vom Verein für Deutsche Schäferhunde Gersthofen kritisch gegenüber. "Man erkennt den Charakter und die Reaktionen des Hundes nicht richtig", findet Stegmüller. Ähnlich wie an den Schulen sollte man auch bei der Arbeit mit den Vierbeinern den Präsenzunterricht über das Homeschooling stellen. Deshalb hofft er auf eine baldige Öffnung der Hundeschulen. Als Übungsersatz für zu Hause rät der Trainer allen Herrchen und Frauchen: "Dem Hund muss Kopf- und Konditionsarbeit geboten werden."
Professionelles Training kann nicht ersetzt werden
Doch wie lässt sich das meistern? Für Sabina Gaßner, Geschäftsführerin des Tierschutzvereins Augsburg und Umgebung, ist klar: Ein professionelles Training könne nicht ersetzt werden, weil die Erfahrung fehle. Und auch in der Online-Hundeschule könnten die Tiere nicht lernen, wie man sich anständig in Gesellschaft anderer Hunde oder Menschen bewege.
Als Besitzer sollte man sich dennoch seriös informieren - zum Beispiel auf Grundlage von Fachbüchern - und darauf ein kleines Training aufbauen, das regelmäßig und konsequent durchgeführt wird. Denn: "Schlecht erzogene Hunde wachsen ihren Haltern schnell über den Kopf."
Hund muss auch lernen, alleine zu bleiben
Einen weiteren Tipp für Hunde-Neulinge in Corona-Zeiten hat auch Mira Klatt von der Hundeschule Hund & Du in Gablingen: "Der Hund muss lernen, alleine zu bleiben." In Zeiten von Homeoffice und -schooling seien es viele Vierbeiner gewöhnt, jede Menge Aufmerksamkeit zu bekommen. Das könne irgendwann zu echten Problemen führen. Außerdem sollte man dem eigenen Haustier beim Spazierengehen "entspannte Begegnungen" mit Artgenossen ermöglichen. Einzeltraining wiederum bietet Mira Klatt via Webcam an und hält diese Option für einen "guten Ersatz" für die Hundeschule vor Ort.
Die Gablinger Hundetrainerin kann sich vorstellen, dass der Betrieb in Präsenzform im März wieder erlaubt werden könnte. Auch Andi Zwiselsberger hofft, in diesem Monat wieder Einzelunterricht anbieten zu dürfen. Für April plant der Coach schon die ersten Gruppentrainings. Ob das tatsächlich möglich sein wird, bleibt abzuwarten.
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