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Landkreis Augsburg: Holz aus dem Augsburger Land für Dachstühle in den USA

Landkreis Augsburg

Holz aus dem Augsburger Land für Dachstühle in den USA

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    Adolf Schreier (links) und sein Sohn Stefan benötigen das Holz für ihre Zimmerei in Thierhaupten unter anderem für den Bau von Dachstühlen.
    Adolf Schreier (links) und sein Sohn Stefan benötigen das Holz für ihre Zimmerei in Thierhaupten unter anderem für den Bau von Dachstühlen. Foto: Marcus Merk

    Die Baubranche kennt auch im Augsburger Land seit Jahren nur einen Weg: steil nach oben. Nun aber könnten vor allem die privaten Häuslebauer zumindest ein Stück weit ausgebremst werden. Viele Zimmereien müssen trotz voller Auftragsbücher einen Gang herunterschalten, denn ein entscheidender Rohstoff ist mancherorts nur schwer zu bekommen - Holz. Und das, obwohl in den sogenannten Schadgebieten so viel geschlagen wird, dass die Sägewerke mit der Verarbeitung kaum noch hinterherkommen. Wo bleibt also das viele Holz? Wir haben uns auf Spurensuche begeben.

    Im Sägewerk von Stefan Hattler in Altenmünster läuft das sogenannte Sägevollgatter auf Hochbetrieb. Vorne schiebt der Greifer den Stamm durch das Schneidewerk, hinten fallen die fertigen Schalbretter heraus. Zwei Mitarbeiter und ihr Chef haben alle Hände voll zu tun, die Bestellungen abzuarbeiten.

    Stefan Hattlers Sägewerk in Altenmünster läuft auf Hochtouren. Er könnte sogar noch weitere Mitarbeiter einstellen - findet aber keine.
    Stefan Hattlers Sägewerk in Altenmünster läuft auf Hochtouren. Er könnte sogar noch weitere Mitarbeiter einstellen - findet aber keine. Foto: Marcus Merk

    Von 7.30 bis 18 Uhr sind sie täglich im Einsatz. "Ich könnte gut noch zwei weitere Kräfte gebrauchen", sagt Hattler. Doch qualifiziertes Personal ist kaum zu bekommen. Holzbearbeitungsmechaniker will heute niemand mehr lernen. Es ist nicht das einzige Problem von Stefan Hattler.

    Ein Großteil des Holzes geht in die USA oder nach China

    Sorgen bereiten Hattler auch die Preise. "Seit vielen Jahren wurden die Erlöse für Schnittholz nicht mehr angepasst", sagt er. Und es drängt immer mehr Holz vor allem aus Tschechien und anderen osteuropäischen Ländern auf den Markt. Doch die weiterverarbeitenden Betriebe wie beispielsweise die Zimmereien profitieren nicht von dem Boom. "Bis Weihnachten können wir noch weiterarbeiten, dann sind die Lager leer", sagt Hans Dieter Strasser.

    Im Sägevollgatter schiebt Stefan Hattler den Stamm durch die Maschine. Holz mit einer Länge von bis zu zwölf Metern können hier zu Schnittholz verarbeitet werden.
    Im Sägevollgatter schiebt Stefan Hattler den Stamm durch die Maschine. Holz mit einer Länge von bis zu zwölf Metern können hier zu Schnittholz verarbeitet werden. Foto: Marcus Merk

    Er ist der stellvertretende Obermeister der Augsburger Zimmerei- und Holzbau-Innung. Aufträge seien bereits bis weit ins nächstes Jahr vorhanden. Allerdings hätten sich die Lieferzeiten für das dringend benötigte Schnittholz mittlerweile fast verdoppelt. Der Grund: "Die Sägewerke verkaufen natürlich an den Meistbietenden und ein Großteil des Holzes geht daher zurzeit in die USA oder nach China."

    Die Zimmerei Schreier in Thierhaupten muss ebenfalls mittlerweile ganz anders disponieren. "Betrug die Lieferzeit für Bauholz früher zwei bis drei Wochen, muss man jetzt mit bis zu sechs Wochen rechnen", sagt Stefan Schreier. Er macht unter anderem die aktuelle Zinspolitik für die Situation verantwortlich. "Bauherren bekommen zurzeit günstiges Geld und wollen investieren." Zudem decken die USA nach den verheerenden Waldbränden und Unwettern mit mehreren Millionen Kubikmetern Schadholz in ihrem Land den Bedarf bevorzugt bei deutschen Händlern. Und sie zahlen Spitzenpreise für das Bauholz. Doch auch das Rundholz, also die unbehandelten Baumstämme, treten nach dem Schlagen eine weitere Reise an.

    Preise für den Festmeter sind auf 30 Euro gefallen

    "Wir hatten bis vor Kurzem ein Überangebot an Rundholz", sagt Hubert Droste, der Forstbetriebsleiter der Bayerischen Staatsforsten in Zusmarshausen. Verantwortlich dafür seien Trockenheit und Borkenkäfer in den großen Schadgebieten Mitte Deutschlands und Tschechiens. "Diese Flut an geschlagenen Schadbäumen drängt per Ferntransport bei uns auf den Markt, mit der Folge, dass der Preis in die Knie geht", erklärt Droste. Wurden vor wenigen Jahren noch bis zu 100 Euro für den Festmeter gezahlt, sind es nun laut Droste gerade einmal 30 Euro für das Schadholz. "Kein Wunder, dass jetzt jede Menge Holz aus den Schadgebieten in Containern nach China verschifft werden", sagt der Forstbetriebsleiter. Die Preise dort seien um ein Vielfaches höher.

    Der Fachmann erkennt an den bläulichen  Flecken im Holz sofort, dass hier der Borkenkäfer am Werk war.
    Der Fachmann erkennt an den bläulichen Flecken im Holz sofort, dass hier der Borkenkäfer am Werk war. Foto: Marcus Merk

    "Um den Markt zu entlasten, haben wir deshalb bei den Bayrischen Staatsforsten kein Frischholz gemacht", so Droste. Doch seit einem Monat würden die Sägen wieder laufen, weil die großen Werke frisches Holz benötigen. Während des Sommers hatten die die großen Sägewerke laut Droste auf diese Nachfrage mit verstärkten Käufen aus den Schadgebieten Osteuropas reagiert. Einer dieser Branchenriesen ist beispielsweise die Firma Ilim Timber aus Landsberg.

    Das Sägewerk zählt zu den weltweit größten Produzenten und hat neben Landsberg einen weiteren Standort in Wismar. "Wir sind aktuell in der zeitlichen Vollauslastung und produzieren sieben Tage die Woche, 16 Stunden am Tag", sagt Geschäftsführer Michael Liche auf Nachfrage unserer Zeitung. Aufgrund von behördlichen Bestimmungen in Bezug auf die Lärmemission sei eine Ausweitung auf die Nacht aktuell nicht möglich.

    Adolf Schreier und sein Sohn Stefan (links) benötigen das Holz für ihre Zimmerei in Thierhaupten unter anderem für den Bau von Dachstühlen.
    Adolf Schreier und sein Sohn Stefan (links) benötigen das Holz für ihre Zimmerei in Thierhaupten unter anderem für den Bau von Dachstühlen. Foto: Marcus Merk

    Auch die Sonntagsarbeit wurde lediglich aufgrund einer bis Ende 2020 gültigen Sondergenehmigung gestattet. 50.000 Kubikmeter Schnittholz werden monatlich allein am Standort Landsberg verarbeitet. Zum Vergleich: Der Monatsbedarf der Zimmerei Schreier liegt bei 25 bis 30 Kubikmeter. Dass ein Teil der Produktion aus Landsberg ins Ausland wandert, kann Liche bestätigen. Etwa 15 Prozent würden europaweit verkauft, circa 25 Prozent verlassen die EU. "Der Sägerundholz- als auch der Schnittholzmarkt sind ein weltweiter Markt", fasst Liche zusammen.

    Holz aus den Westlichen Wäldern für Häuser in Kalifornien

    Sägewerksbesitzer Hattler in Altenmünster schaut mit kritischem Blick auf die Globalisierung des Holzmarktes. "Da wird waggonweise Holz aus Osteuropa gekauft, bei uns im Sägewerk verarbeitet und geht dann in die USA oder nach China", sagt er. Statt dass sich die heimische Zimmereien mit Schnittholz aus den Westlichen Wäldern eindecken können, bekommen sie Balken für den Dachstuhl oder Konstruktionsholz aus Tschechien. Und Holz, das im Augsburger Land geschlagen wird, stützt künftig die Dächer der Häuser in Kalifornien. "Mit Nachhaltigkeit hat dies leider wenig zu tun", bedauert Hattler.

    Fein säuberlich gestapelt wartet das geschnittene Holz in Altenmünster auf den Weitertransport.
    Fein säuberlich gestapelt wartet das geschnittene Holz in Altenmünster auf den Weitertransport. Foto: Marcus Merk

    Für die Zimmerer und Säger im Augsburger Land ist daher eine vorausschauende Planung das Wichtigste. "Bauherren sollten auf keinen Fall auf den letzten Drücker kommen und auf jeden Fall zeitliche Puffer einkalkulieren", sagt Schreier. Je früher Projekte mit den Betrieben abgesprochen werden, desto reibungsloser verlaufe die Umsetzung. Auch Stefan Hattler würde sein Holz nur allzu gerne an örtliche Zimmereibetriebe verkaufen. Denn auch wenn sein Betrieb in Altenmünster zu den kleinen zählt, so hat er gegenüber den Goliaths der Branche einen Vorteil. "Mit meiner Maschine kann ich Schnittholz mit einer Länge von bis zu zwölf Metern und 70 Zentimetern Durchmesser verarbeiten", sagt er stolz. Bei den großen Betrieben hingegen sei bereits bei fünf Metern Schluss.

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