Harald Eckart redet nicht lange um den heißen Brei herum, wenn es um die Folgen der hohen Energiepreise geht: "Das ist erheblicher sozialer Sprengstoff." Eckart ist Leiter der Schuldnerberatung der Diakonie für den Landkreis Augsburg. Die Beraterinnen und Berater dort haben es mit Menschen zu tun, die finanziell alles andere als auf Rosen gebettet sind. Sie bekommen es als Erste schmerzhaft zu spüren, wenn die Energiepreise in die Höhe schnellen.
Laut Statistischem Bundesamt verteuerte sich Heizöl im September um 76 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Sprit kostete 28 Prozent mehr. Auch die Preise für Erdgas mit einem Plus von rund sechs Prozent und Strom mit einer Steigerung um zwei Prozent zogen an (wir berichteten).
Derzeit sind vor allem Spritpreise das Problem - auch im Landkreis Augsburg
Derzeit, so Eckart, hätten vor allem die Klienten der Schuldnerberatung, die auf ein Auto angewiesen sind, mit den hohen Spritpreisen zu kämpfen. Die steigenden Heizpreise seien dagegen noch nicht so angekommen, weil die meisten Klienten in Mietwohnungen leben - und da wird erst im kommenden Frühjahr abgerechnet. Das Erwachen könnte für manchen böse sein, prophezeit Eckart: "Unter denen tut sich ein Loch auf, das sie noch gar nicht spüren." Die hohen Energiepreise treiben die Inflation insgesamt und auch die trifft Menschen mit geringem Einkommen - und das sind Klienten der Schuldnerberatung in vielen Fällen - besonders. Die angekündigte Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes um drei Euro pro Person zum Jahreswechsel falle deshalb viel zu gering aus, kritisiert der Schuldnerberater.
Zurück zu den Energiepreisen. Sie spielen bei Schuldnerberatungen von jeher eine wichtige Rolle. Denn die Rechnungen für Strom oder Heizung gehören neben der Miete zu den Dingen, die ganz unbedingt beglichen werden sollten. Eckart: "Wenn der Strom erst einmal gesperrt ist, wird es ganz schwer." Umgekehrt seien oft dringende Mahnungen der Energieversorger der letzte Anstoß für Menschen, eine Schuldnerberatung aufzusuchen. Die der Diakonie, die für den Landkreis Augsburg zuständig ist, verzeichnet übrigens starken Zulauf - nicht zuletzt eine Folge der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.
Wichtige Beratungsstellen im Landkreis Augsburg
Allgemeine Hilfe Der Besondere Soziale Dienst des Landkreises Augsburg hilft Erwachsene bis 60 Jahren und deren Angehörige in besonders schwierigen Lebenslagen. Die Anlaufstelle ist unter der Telefonnummer 0821/3102 -2780 oder per E-Mail an bsd@LRA-a.bayern.de zu erreichen.
Finanzielle Probleme Bei finanziellen Schwierigkeiten hilft die Schuldnerberatung der Diakonie in Augsburg unter der Telefonnummer 0821/450193250 oder per E-Mail an schuldner-insolvenzberatung@diakonie-augsburg.de.
Psychische Probleme Der Sozialpsychiatrische Dienst hilft Menschen mit psychischen Problemen und deren Angehörige. Betroffene können sich an die Außenstellen der Diakonie in Gersthofen unter der Nummer 0821/2990523 wenden. Der Sozialpsychiatrische Dienst in Schwabmünchen ist telefonisch unter 08232/96640 zu erreichen, in Königsbrunn unter der Nummer 08231/915145.
Häusliche Gewalt Bei häuslicher und sexualisierter Gewalt hilft die Beratungsstelle "via - Wege aus der Gewalt" der AWO Augsburg. Betroffene Frauen erhalten unter der Nummer 0821/45033910 Unterstützung, Männer unter 0821/45033920. Die Beratungsstelle ist auch per E-Mail an awo.via@awo-augsburg.de zu erreichen.
Seniorenberatung Für Personen über 60 und pflegende Angehörige steht die "Seniorenberatung - Fachstelle für Pflegende Angehörige" des Landratsamts Augsburg zur Verfügung. Die Experten sind per E-Mail an seniorenberatung@lra-a.bayern.de zu erreichen oder unter der Nummer 0821/3102-2718.
Offene Behindertenarbeit Im nördlichen Landkreis unterstützt der Kreisverband des Roten Kreuzes die Offene Behindertenarbeit. Ansprechpartner stehen unter der Nummer 0821/9001-24 oder -22 zur Verfügung. Im südlichen Landkreis ist der Caritasverband unter 0821/5704813 zuständig.
Infolge der steigenden Energiepreise wird zurzeit in der Politik diskutiert, ob die öffentliche Hand Hilfsbedürftigen mit Heizkostenzuschüssen beispringt. So etwas gab es nach Auskunft der Sozialverwaltung am Landratsamt zuletzt vor 20 Jahren, als der Bund einmalige Heizkostenzuschüsse gewährte. Ob und wie so etwas diesmal ablaufen könnte, ist bislang nicht entschieden, sodass etwaige Auswirkungen auf die Menschen im Augsburger Land unklar sind.
Wem der Staat die Heizkosten erstattet
Anspruch auf Erstattung der Heizkosten haben dagegen bereits jetzt Empfänger von Sozialhilfe (rund 900 Fälle im Monat) oder Hartz IV - soweit sie als angemessen gelten. Richtschnur sind dabei die Höchstwerte des bundesweiten Heizspiegels, der bundesweite Vergleichswerte für Heizkosten und Energieverbrauch liefert. Bewegen sich die Kosten innerhalb dieser Vergleichswerte, werde gezahlt, so die Landkreisverwaltung.
Liegen die tatsächlichen Kosten bei Betroffenen darüber, so ist das laut Sozialverwaltung in den allermeisten Fällen derzeit auch kein Problem. Aufgrund von Corona-Sonderregelungen werden auch höhere Kosten anerkannt, zudem würden sogenannte unangemessene Heizkosten auch für die Dauer eines halben Jahres toleriert. Dann sei der Winter ohnehin vorbei. Fazit der Sozialverwaltung: "Die Erhöhung der Heizkosten belastet die Systeme der sozialen Sicherung, nicht jedoch unmittelbar den einzelnen Bürger oder Bürgerin."