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Landkreis Augsburg: Hälfte der Mitarbeiter in Altenheimen im Landkreis Augsburg ist schon geimpft

Landkreis Augsburg

Hälfte der Mitarbeiter in Altenheimen im Landkreis Augsburg ist schon geimpft

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    Lassen sich genügend Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeheimen gegen Corona impfen? Über diese Frage ist eine Debatte zur Impfpflicht entbrannt.
    Lassen sich genügend Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeheimen gegen Corona impfen? Über diese Frage ist eine Debatte zur Impfpflicht entbrannt. Foto: Kirsten Boos (Symbolbild)

    "Alles kein Drama, das ging ratzfatz." Mit diesen Worten beschreibt eine Krankenpflegerin aus Neusäß ihre Impfung gegen das Coronavirus. Die 33-Jährige sagt, dass viele Kollegen sich sofort und gerne "piksen" ließen. Eine Impfpflicht für Pflegepersonal hält die Mitarbeiterin der Uniklinik für den falschen Weg. Solche Debatten machten die Berufe in der Pflege noch unattraktiver. Mit der Kritik an einer Impfpflicht für Berufsgruppen steht die Krankenschwester nicht alleine da.

    Die Neusässerin hatte sich nach ausführlicher Information fürs Impfen entschieden. "So können wir ja nicht weitermachen", sagt sie nüchtern. Nach ihrem Eindruck werden es immer mehr Kollegen, die sich so schützen lassen wollen. Die Mitarbeiter auf der Covid-Station waren als erstes an der Reihe. Inzwischen gehen die Impfungen auf den anderen Abteilungen weiter. Die Krankenschwester möchte in der Zeitung bei diesem persönlichen Thema lieber keinen Namen nennen.

    Bereitschaft zur Impfung unter Pflegekräften in Krankenhäusern höher als in Altenheimen

    Ihr Eindruck von den Kollegen: "Einige warten mit der Impfung noch ab, haben Angst." Das sei aber nicht mehr oder weniger als sonst im Familien- und Freundeskreis auch. Die Neusässerin glaubt, dass in den Krankenhäusern bei den Pflegekräften die Bereitschaft zur Impfung höher ist als in Altenheimen. Die Krankenpflegerin erklärt sich das so: "Wenn man auf der Covid-Station gewesen ist und sieht was dort passiert, lässt man sich impfen." Auch sie arbeite dort als Aushilfe und sei betroffen von den "auch jungen Schicksalen".

    Generell findet die junge Neusässerin den Kurs von Ministerpräsident Söder gut und richtig. Doch beim Thema Impfpflicht für Pflegepersonal sei er zu sehr vorgeprescht. "Da wird etwas auf dem Rücken der Pflege ausgetragen", findet die junge Frau. Sie fände es viel wichtiger, dass Geimpfte besondere Vorteile, zum Beispiel beim Reisen, bekommen sollten. Solche Belohnungen wären ein Anreiz.

    Die Debatte um eine Impfpflicht für Pflegeberufe kommt nach Ansicht des CSU-Bundestagsabgeordneten Hansjörg Durz zum falschen Zeitpunkt. Nach seiner Ansicht nehme die Bereitschaft zum Impfen sowieso zu. Aufklärung und Information seien der bessere Weg. "Außerdem haben wir sowieso nicht ausreichend Impfstoff, also brauchen wir gar nicht darüber diskutieren." Durz sagt auf Nachfrage unserer Redaktion, dass er sich impfen lassen werde, sobald er an die Reihe komme. Als Abgeordneter zähle er aber anders als Regierungsmitglieder nicht zu einer priorisierten Gruppe.

    Ministerpräsident Söder hat vorgeschlagen, dass der Ethikrat eine Impfpflicht für Pflegekräfte gegen das Coronavirus prüft.
    Ministerpräsident Söder hat vorgeschlagen, dass der Ethikrat eine Impfpflicht für Pflegekräfte gegen das Coronavirus prüft. Foto: Eric Lalmand/Belga, dpa (Symbolfoto)

    Der theologische Vorstand des Diakonischen Werks Augsburg (DWA), Fritz Graßmann, stellt fest, dass die Impfbereitschaft in den DWA-Pflegeheimen sehr unterschiedlich sei. Die Quote liege zwischen 20 und 50 Prozent. Bei der Zahl müsse man aber bedenken, dass die Diakonie in den Heimen in Neusäß und Gersthofen Corona-Ausbrüche hatte und Mitarbeiter, die damals infiziert waren, nicht geimpft wurden.

    Altenpflege mit Angst und Abstand ist keine Lösung

    Grundsätzlich ist Graßmann "sehr dafür", dass sich möglichst viele Pflegekräfte impfen lassen. "Ich glaube, dass wir nur so zu einer normalen Pflege zurückkommen werden." Denn Pflege brauche Kommunikation, Zuwendung und Berührung. Abstand und Angst dürften nicht zum Alltag gehören. Graßmann ist daher froh, dass viele Pflegekräfte, die beim ersten Durchgang noch nicht mitmachen wollten, sich inzwischen für die Impfung entschieden haben. Die Diakonie lehne eine Impfpflicht ab, so Graßmann und sagt ganz offen. "Ich selbst möchte auch nicht zur Impfung gezwungen werden, obwohl ich mich lieber heute als morgen impfen lassen würde."

    Nach Überzeugung des Diakonie-Chefs liegt das Problem woanders: Es brauche bessere Informationen, weil sich nach seiner Erfahrung viele Pflegekräfte im Internet und auf sehr suspekten Social-Media-Plattformen falsch informierten. Seine Forderung: "Es braucht öffentliche Werbung, gute Erfahrungen mit dem Impfen und damit ein bisschen Zeit."

    Bei der AWO Schwaben sind rund 600 Mitarbeiter geimpft

    Die AWO Schwaben, mit 24 Alten- und Pflegeheimen und fast 2000 betreuten Pflegebedürftigen, lobt das zügige Vorankommen der Corona-Impfungen in ihren Einrichtungen. Es sei rund die Hälfte der rund 1200 Mitarbeitenden geimpft, das sei ein überraschend großer Erfolg. Es sei zu keiner einzigen Komplikation gekommen. Mit jeder Impfung wachse das Vertrauen.

    AWO-Schwaben-Präsidiumsvorsitzender Dr. Heinz Münzenrieder dazu: "Ich bin ehrlich froh, dass sich die in den Wirren der ersten Impftage anscheinend abzeichnende Skepsis bei unseren Pflegekräften gelegt hat." Eine Impfpflicht lehnen die AWO-Verantwortlichen ab. Münzenrieder: "Gerade die Menschen in der Pflege sind für ihren Dienst bis an ihre Grenzen und darüber hinaus gegangen. Dafür haben sie zu wenig Anerkennung bekommen." Die Debatte zur Impfpflicht schlage in dieselbe Kerbe und lasse Wertschätzung für die Fachkräfte vermissen, kritisiert Münzenrieder. "Eine umfassende Informationsstrategie über den Impfstoff würde dagegen das überfällige Signal senden, dass sie ernst genommen werden."

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Impfen gegen Corona: Druck ohne Anlass

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