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Landkreis Augsburg: Gottesdienste mit Masken: Beim Beten wird die Luft dünn

Landkreis Augsburg

Gottesdienste mit Masken: Beim Beten wird die Luft dünn

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    Ein Pfarrer mit Mund-Nasen-Schutz, das gab es bisher auch noch nicht. Doch auch in der Wallfahrtskirche in Violau fand gestern die erste Messe mit Pfarrer Pfefferer unter strengen Hygienevorschriften statt.
    Ein Pfarrer mit Mund-Nasen-Schutz, das gab es bisher auch noch nicht. Doch auch in der Wallfahrtskirche in Violau fand gestern die erste Messe mit Pfarrer Pfefferer unter strengen Hygienevorschriften statt. Foto: Diana Zapf-Deniz

    Eigentlich wäre am Sonntag Trachtenwallfahrt in Violau gewesen. Auf Dirndl und Lederhose musste Wallfahrtspfarrer Thomas Pfefferer verzichten. Stattdessen hat er eine historische Messe gefeiert. „Viele ältere Gemeindemitglieder haben mir gesagt, dass es nicht mal Hitler geschafft habe, den Messbetrieb zu unterbrechen. Das ist in über 2000 Jahren Kirchengeschichte noch nie passiert“, berichtet der katholische Dekan. Das Coronavirus hatte es möglich gemacht. Am Sonntag hatte die Pause im Augsburger Land ein Ende.

    In Violau wurden nach dem Ritus Hostien ausgeteilt

    Pfefferer ist dankbar, weitermachen zu dürfen, obwohl die Atmosphäre unter der sehr leeren Kirche und der Mundschutzpflicht leide. „Ein Livestream ist einfach kein Ersatz“, sagt der Dekan. Auf Gesang wurde weitgehend verzichtet. Jede zweite Bank musste frei bleiben. Kleine Schilder mit einem maskenbewehrten Smiley signalisierten, wo man sich hinsetzen konnte, um den Abstand einzuhalten. In der Mitte des Schiffs stand eine Doppelreihe Stühle, auf die sich Paare setzen konnten. Ein Ordner leitete die Kirchgänger am Anfang zu ihren Plätzen.

    Eigentlich sollte die Kommunion auch nur geistig durchgeführt werden, das heißt ohne eine Hostie zu erhalten. Dabei blieb es aber nicht: „Wir haben eine Menge Anrufe und Zuschriften bekommen, nachdem wir das bekannt gegeben haben. Die Hostie zu empfangen scheint den Menschen ein tiefes Bedürfnis“, sagt Pfefferer. Man entschied sich in Violau dafür, zusätzlich zur geistigen Kommunion während der Messe nach der Beendigung des Ritus, Hostien auszuteilen. „Wer Sorgen hat sich anzustecken, kann dann schon gehen“, sagt Pfefferer.

    Die Corona-Pause war laut Pfefferer eine schwere Prüfung für die Kirche: „Viele dachten, dass wir den Menschen in dieser schweren Zeit zu wenig unterstützen. Trotz der vielen tollen Ideen in den Gemeinden“, so Pfefferer. Er sehe es als Geschenk, wieder loslegen zu dürfen: „Das müssen wir aber sehr vorsichtig tun.“ Auf absehbare Zeit werden in seinem Dekanat die Messen in dieser modifizierten Version abgehalten: „Die Leute haben sehr gut mitgemacht und Verständnis gezeigt“, lobt er.

    Predigt hinter Plexiglas

    Ortswechsel: Am vierten Sonntag nach Ostern, auch als Sonntag Kantate bezeichnet, wird in der evangelischen Bekenntniskirche in Gersthofen wieder Gottesdienst gefeiert. Pfarrerin Anna Barth hatte mit ihrem Mann noch in der Nacht die Halterungen für die vorgeschriebenen Plexiglasscheiben für die Kanzel und den Ambo gezimmert und das gesamte Kirchenteam hatte an alles gedacht, was es zu beachten galt. Jeder Sitzplatz wurde ausgemessen und gekennzeichnet, Liederzettel für jeden gedruckt und Hinweisschilder aufgehängt.

    Predigt hinter einer Plexiglasscheibe: Pfarrerin Anna Barth, Liturgin Heike Müller und Stadtdekan Michael Thoma während des ersten Gottesdienstes in der Bekenntniskirche Gersthofen seit der Corona-Schließung.
    Predigt hinter einer Plexiglasscheibe: Pfarrerin Anna Barth, Liturgin Heike Müller und Stadtdekan Michael Thoma während des ersten Gottesdienstes in der Bekenntniskirche Gersthofen seit der Corona-Schließung. Foto: Diana Zapf-Deniz

    Dekan Frank Kreiselmeier streift sich Handschuhe über und steht an der Eingangstür, ausgestattet mit Mund-Nasen-Schutz und einer Flasche Desinfektionsmittel. Denn anstelle eines Handschlags und Lächelns gibt es zur Begrüßung einen Sprühstoß Händedesinfektion und freundliche Blicke. Diakon Christian Wolf hakt die angemeldeten Besucher auf einer Liste ab und weist Plätze zu. 22 Gemeindemitglieder hatten sich angekündigt und es gab noch vier Reserveplätze.

    Es herrscht ein wenig Aufregung, ob auch wirklich alles korrekt gemacht wird. „Es ist schon sehr befremdlich“, stellt Gemeindemitglied Stefanie Dahlen fest und hofft, dass künftig vielleicht vermehrt Gottesdienste im Freien stattfinden. Barth gibt zu Beginn den Rat: „Wenn Sie merken, es geht Ihnen nicht gut, dann sorgen Sie bitte für sich selbst und gehen an die frische Luft.“ Auf einem Hinweisschild steht „Bitte halten Sie den Mindestabstand von zwei Metern ein, tragen Sie eine Gesichtsmaske und summen Sie die Lieder nur mit.“

    Applaus aus den Reihen

    Heike Müller sang stellvertretend für die Kirchengemeinde. Stadtdekan Michael Thoma schloss in sein Gebet die Kinder ein, die gerade viel zu kurz kommen, die Erwachsenen, die viel leisten und ertragen, aber auch die Armen, Kranken und Schwachen. Thoma kam nach Gersthofen, um der Dekanatskantorin Elisabeth Kaiser die Urkunde der evangelischen Kirche in Bayern zur Ernennung als Kirchenmusikdirektorin zu überbringen. „Wie überreicht man kontaktlos Blumen“, fragt Barth und stellt den schönen Maistrauß samt Vase ab, damit die Geehrte ihn dort an sich nehmen kann. Kaiser war gerührt und die Besucher applaudierten.

    Als alle Anwesenden das Vaterunser laut beten, wird erneut klar, wie hinderlich die Masken sind. Die Luft ist dünn darunter. Genau auf den Abstand achtend, begab sich die hinterste Reihe beginnend nach Gottesdienstende zuerst aus der Kirche. Draußen war jeder froh, tief durchatmen zu können ohne Maske. Trotz aller Schwierigkeiten zeigen sich die Besucher dankbar, dass ein Zusammentreffen und Gottesdienstfeiern wieder möglich sind.

    Lesen Sie hierzu auch: Messen und Corona: In den Kirchen ist Normalität in weiter Ferne

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