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Landkreis Augsburg: Das steckt hinter der Mega-Fusion der Sparkassen

Landkreis Augsburg

Das steckt hinter der Mega-Fusion der Sparkassen

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    Soll ihre Selbstständigkeit verlieren und in der Sparkasse Schwaben-Bodensee aufgehen: die Kreissparkasse Augsburg, hier die Zentrale am Martin-Luther-Platz in Augsburg.
    Soll ihre Selbstständigkeit verlieren und in der Sparkasse Schwaben-Bodensee aufgehen: die Kreissparkasse Augsburg, hier die Zentrale am Martin-Luther-Platz in Augsburg.

    Der Augsburger Landrat Martin Sailer ist heute noch stolz: "Alle haben dicht gehalten." Im Stillen konnten die ersten Verhandlungen über die Fusion zur größten Sparkasse Schwabens über die Bühne gehen. Im August vergangenen Jahres gab es laut Sailer in Bad Wörishofen ein zweistündiges Gespräch zwischen den Sparkassenvorständen und den Verwaltungsratsvorsitzenden, Memmingens OB und Sailer als Augsburger Landrat.

    Das erste Date war vielversprechend. In der Folge wurden die weiteren Träger einbezogen und im Dezember war dann klar, dass nun Nägel mit Köpfen gemacht werden. Gutachter wurden auf die rechtliche und wirtschaftliche Seite der Fusion angesetzt, die nun bis 21. Mai in den kommunalen Gremien abgesegnet werden soll. Doch was bedeutet die Bankenehe? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

    Wie groß ist die neue Sparkasse?

    Mehr als 8,8 Milliarden Euro Bilanzsumme, 300.000 Kunden, über 1000 Mitarbeiter in insgesamt 62 Geschäftsstellen würden Schwabens größte Sparkasse bilden. Dieser Brocken, der dann den Namen Schwaben-Bodensee trägt, wäre auch im Vorteil, falls es in der schwäbischen Sparkassenlandschaft zu weiteren Fusionen kommen sollte. Er wäre der größere Partner.

    Wer ist der stärkere der beiden Partner?

    Kreissparkasse Augsburg und Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim betonen, dass beide Banken zu den zehn erfolgreichsten Sparkassen in Bayern gehören, allerdings stehen die Allgäuer ein Stück besser da. Bilanzsumme und Eigenkapital sind höher und auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis offenbar besser. Während die Allgäuer 55 Cent ausgeben müssen, um einen Euro zu verdienen, sind es bei der Kreissparkasse 62 Cent. Vonseiten der Kreissparkasse wurde mehrfach betont, dass man die Fusion jetzt aus einer Position der Stärke heraus anstrebe, bevor man in den kommenden Jahren dazu gezwungen sei. Denn die anhaltende Niedrigzinsphase werde die Ertragslage weiter verschlechtern.

    Wer nimmt wen auf?

    Die kleinere Sparkasse die größere. Hintergrund ist das größere Immobilienvermögen der Kreissparkasse. Damit sei es steuerlich günstiger, wenn ihr Zweckverband der aufnehmende sei, so Eike Schröer, Chefsyndikus des bayerischen Sparkassenverbandes. Er erläuterte am Montag im Kreistag die Bestimmungen des Fusionsvertrags.

    Wer hat künftig das Sagen?

    Chef eines fünfköpfigen Übergangsvorstands soll der Allgäuer Sparkassenchef Thomas Munding werden, sein Vize der designierte Kreissparkassenchef Horst Schönfeld, der kommendes Jahr in Ruhestand geht. Dann soll für ihn sein Vorstandskollege Wolfgang Zettl nachrücken. Wenn Munding im November 2024 altersbedingt aufhört, soll der Vorstand auf drei Köpfe schrumpfen, außer die Bank holt sich einen neuen Chef von außen. Der Verwaltungsrat soll bis zum Jahr 2032 23 Köpfe umfassen: 14 aus dem Bereich Allgäu, neun aus dem Bereich der Kreissparkasse. Nach 2032 erhöht sich das Gewicht der Landkreisvertreter, dann stellen sie acht von 17 Verwaltungsräten. Den Vorsitz im Kontrollgremium der Bank führt bis November 2024 der Augsburger Landrat Martin Sailer, danach sind alternierend bis 2026 die Oberbürgermeister und Landräte von Memmingen, Unterallgäu und Lindau dran. Künftig soll dann der Augsburger Landrat immer zwei Jahre an der Spitze stehen, seine vier Kollegen jeweils ein Jahr. Mit 36,92 Prozent wäre der Landkreis Augsburg der größte Anteilseigner der neuen Sparkasse, Schwabmünchen käme auf 5,28 Prozent. Den kleinsten Anteil hätte die Stadt Mindelheim mit 2,02 Prozent.

    Wer ist der Gewinner?

    Nach Angaben der Fusionsbefürworter sind das alle Beteiligten. Die neue Sparkasse sei wirtschaftlich und personell stärker aufgestellt. Davon hätten alle etwas: Beschäftigte, Kunden und nicht zuletzt die Kommunen, die sich über mehr Gewerbesteuer freuen dürften. Kritiker bezweifeln das. Ein Institut dieser Größenordnung sei zu schwerfällig und zu weit vom Kunden entfernt. Mit ziemlicher Sicherheit profitieren wird die Stadt Schwabmünchen als Standort. Das ist sogar im Fusionsvertrag verankert. Die dortigen Sparkasseneinrichtungen mit mehr als 130 Beschäftigten sollen sogar noch ausgebaut werden. In Bahnhofsnähe will die Bank ein repräsentatives neues Bürogebäude errichten.

    Was ist mit den Beschäftigten?

    Sie wurden von den Fusionsplänen ziemlich überrascht. Im Fusionsvertrag verankert wurde der Verzicht auf fusionsbedingte Kündigungen. Der Abbau von Stellen soll demnach durch die natürliche Fluktuation erfolgen. Weitere Filialschließungen sind derzeit kein Thema. Die Kreissparkasse hat 18, Memmingen-Lindau 44. Diese Zahl soll aufgrund älterer Beschlüsse auf 39 sinken. Eine zusätzliche Vereinbarung zwischen Personalrat und Bankvorstand soll Beschäftigte vor Versetzungen gegen ihren Willen schützen.

    Gibt es keine Kritik?

    Verwaltungsräte, Verbandsversammlung und Augsburger Kreistag haben sich einstimmig für die Fusion ausgesprochen. Öffentlich dagegengestellt hat sich bislang nur eine Gruppierung im Lindauer Stadtrat, die sich auf Argumente des Sparkassenkritikers Rainer Gottwald stützt. Dieser hält die Fusion für nutzlos und kritisiert überdies die Eile des Verfahrens. Erst am 22. April wurden die Fusionspläne öffentlich gemacht und sollen jetzt schon beschossen werden. Wenn, dann ergebe ein Zusammenschluss von Kreis- und Stadtsparkasse Augsburg einen Sinn.

    Warum haben sich nicht Stadt- und Kreissparkasse Augsburg zusammengetan?

    Spekuliert wurde über diesen Zusammenschluss schon oft und es gab auch schon Verhandlungen. Woran sie gescheitert sind? Vielleicht am Gefühl der Landkreisvertreter, sie würden von der Stadt zu sehr dominiert. Laut dem Augsburger Landrat Sailer gab es in seiner Amtszeit (seit 2008) zweimal Fusionsverhandlungen mit anderen Sparkassen. Diese seien aber an den Forderungen der Gegenseite gescheitert. Die Verhandlungen mit Allgäu seien dagegen von Anfang an von gegenseitigem Verständnis geprägt gewesen. In Augsburg werden sich also weiter zwei Sparkassen Konkurrenz machen.

    Wie geht es nun weiter?

    Bis zum 21. Mai sollen die Kreistage Lindau und Unterallgäu sowie die Stadträte in Mindelheim und Lindau zustimmen. Schwabmünchen war am Dienstagabend an der Reihe, der Stadtrat Memmingen hat seine für den Montag geplante Abstimmung wegen der hohen Inzidenzwerte im Allgäu um eine Woche verschoben. Bereits am vergangenen Freitag haben sich die Spitzen beider Sparkassen bei einem Strategietreffen über Aufgabenverteilungen und erste personelle Weichenstellungen unterhalten. die Stimmung sei prächtig gewesen, so Kreissparkassenvorstand Wolfgang Zettl. Er beschrieb sie wie "die erste gemeinsame Urlaubsreise eines Paares". Es habe hohe Sympathie geherrscht. "Von Liebe will ich noch nicht reden."

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