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Landkreis Augsburg: Das lange Warten auf Corona-Soforthilfen bereitet Unternehmen Sorge

Landkreis Augsburg

Das lange Warten auf Corona-Soforthilfen bereitet Unternehmen Sorge

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    Viele Unternehmen aus der Region warten noch immer auf die Corona-Soforthilfen. Die finanzielle Not ist groß, weil Läden wie das Modegeschäft  von Barbara Wiedemann nicht öffnen durften.
    Viele Unternehmen aus der Region warten noch immer auf die Corona-Soforthilfen. Die finanzielle Not ist groß, weil Läden wie das Modegeschäft von Barbara Wiedemann nicht öffnen durften. Foto: Barbara Wiedemann

    In ihrem Laden hängt die neueste Trachtenmode. Doch verkaufen wird Barbara Wiedemann nicht mehr viel. Wiesn, Wasen, Frühlingsfest – alles abgesagt. „Damit brechen mir die Haupteinnahmequellen weg“, sagt die Geschäftsinhaberin aus Wehringen. Die Mietkosten trage sie weiter. Doch auf Soforthilfen der Landesregierung wartet sie bis heute.

    Firmen klagen: Keine Antwort auf Soforthilfe-Antrag

    Dabei hatte Wiedemann bereits Ende März den Antrag gestellt. „Ich habe mehrmals nachgehakt und wurde immer wieder vertröstet“, sagt sie. Vor kurzem erreichte sie dann die Nachricht, sie solle eine Liste aller fehlenden Einnahmen und Ausgaben nachreichen – innerhalb von vier Tagen. Ansonsten entfalle ihr Anspruch auf Soforthilfe. „Ich war geschockt“, sagt Wiedermann. Trotzdem versucht sie der Aufforderung nachzukommen. Denn wie sie sagt: „Ohne die finanzielle Hilfe sieht es schlecht aus.“

    Gabi Olbrich-Krakowitzer ist von solchen Erfahrungsberichten nicht überrascht. Die ödp-Kreisrätin arbeitet hauptberuflich bei der Industrie- und Handelskammer Schwaben. Ihr Arbeitgeber hilft der Regierung von Schwaben, die die Anträge bearbeitet, die Hotline für Fragen zu besetzen. „Es gibt Anrufer, die erst nach vier Wochen eine Ablehnung erhalten haben. Sie müssen dann Hartz IV beantragen“, sagt Olbrich-Krakowitzer. Die Sozialleistungen aus dem Monat Wartezeit gingen ihnen verloren. „Es kommt vor, dass Anrufer in Tränen ausbrechen, oder persönlich bei der Regierung vorbeikommen wollen“, sagt sie. „Diesen Menschen wurde sofortige Hilfe versprochen. Dann lässt man sie vier Wochen hängen. In der Zeit bekommen sie keine Nachricht, kein Geld und werden von Existenzängsten geplagt.“

    Unternehmen haben keine Einnahmen und laufende Kosten

    Auch Leonidas Karakostas ist enttäuscht. „Ich habe in meinem Limani-Restaurant in Neusäß kein Einkommen, aber trotzdem laufende Kosten“, sagt der Grieche. Soforthilfen der Landesregierung hat er noch nicht bekommen. Beantragt hat er sie direkt am ersten Tag. Dagegen hat Karakostas die Hilfen, die er für sein anderes Geschäft, eine Waschstraße, beantragt hatte, schon erhalten. Mittlerweile bietet er Speisen zum Mitnehmen an, aber die Einnahmen seien ein Tropfen auf den heißen Stein. „Je nachdem wie lange die Situation noch geht, könnte es eng werden“, sagt er.

    Olbrich-Krakowitzer kann die Situation vieler Unternehmer verstehen. Man könne ihnen nicht die Schuld geben, den Antrag falsch ausgefüllt zu haben: „Viele die ein Gewerbe anmelden, können nicht richtig Deutsch. Die kann man nicht einfach vertrösten“, sagt Olbrich-Krakowitzer. Es gebe keine Möglichkeit, einen fehlerhaften Antrag zu verbessern. Olbrich-Krakowitzer: „Den muss man online stellen, aber das geht nur einmal, weil dann die Steuer-ID blockiert ist“.

    Die Regierung von Schwaben bestätigt das. Die Antragsflut ist enorm: Nach Angaben der schwäbischen Regierung gingen am ersten April etwa 26000 Anträge ein. Am 22. April seien davon 20100 bearbeitet worden. Davon wurde etwa ein Drittel abgelehnt oder sei nicht zu bearbeiten. „Wir arbeiten mit verstärktem Personaleinsatz und machen Überstunden. Auch am Wochenende“,sagt ein Sprecher auf Nachfrage. Das geht nicht immer glatt: Am Gründonnerstag hatte die Behörde kurzfristig ein Team von 200 Mitarbeitern zusammengestellt, um Anträge zu bearbeiten. Diese hatten aber erst nach Ostern Zugang zum Computersystem.

    Die Anträge verspäten sich

    „Wir behandeln die Anträge, wenn möglich, nach Eingangsdatum. Fehlerhafte oder unvollständige Anträge führen zu einer Verzögerung“, heißt es aus der Behörde. Wegen falscher Adressierung, oder Fehlern der Post habe es teilweise Verzögerungen von bis zu zwei Wochen gegeben. In der Anlaufphase habe es etwa zwei Drittel unleserlicher oder unvollständiger Anträge gegeben. Mittlerweile habe man auf ein Onlinesystem umgestellt. Laut Olbrich-Krakowitzer hat dies dazu geführt, dass eine größere Menge Anträge zwischen dem ersten und 17. April liegen geblieben sind.

    Im bayerischen Wirtschaftsministerium setzt man weiter auf die Sachbearbeiter der Regierungen: „Die Anträge werden auf ihre Plausibilität und Korrektheit geprüft. Bei den Regierungen ist die nötige Förderpraxis vorhanden. Deswegen waren diese Behörden genau die richtige Wahl“, sagt Aaron Gottardi vom Wirtschaftsministerium.

    In anderen Bundesländern wie Nordrhein Westfalen würden die Hilfen zwar deutlich schneller ausgezahlt, aber wenig bis gar nicht geprüft. Im Freistaat werde jeder Antrag einzeln von einem erfahrenen Sachbearbeiter geprüft. „So konnten wir bereits über 800 Millionen Euro gezielt an betroffene Unternehmen ausschütten“, sagt Gottardi.

    Landkreis Augsburg: Die Stammkunden unterstützen weiter

    Karakostas ist auf die Solidarität seiner Stammkunden angewiesen: „Viele Stammgäste unterstützen uns“, sagt er. Selbst nachdem die Auflagen für Gaststätten gelockert werden, ist er sich nicht sicher, ob sich seine Situation verbessern wird: „Die Leute haben trotzdem Angst. Es ist keine schöne Zeit gerade“.

    Auch Wiedemann versucht sich vorerst ohne Hilfen über Wasser zuhalten. Statt Trachtenhemden verkauft sie in ihrem Wehringer Laden „Von G’Wild“ jetzt selbst genähte Schutzmasken. 400 hat sie schon gezaubert. Sie sagt: „Ich habe gelernt, im Regen zu tanzen, irgendwie wird es schon gehen.“

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