Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg Land
Icon Pfeil nach unten

Landkreis Augsburg: Corona: Warum manche Altenheime den Lockdown zurück wollen

Landkreis Augsburg

Corona: Warum manche Altenheime den Lockdown zurück wollen

    • |
    Rot-weißes Absperrband hängt vor dem Maschendrahtzaun auf der Nordseite des Johannes Altenheims in Meitingen. Die Absperrung soll Besucher davon abhalten den Bewohnern zu nahe zu kommen.
    Rot-weißes Absperrband hängt vor dem Maschendrahtzaun auf der Nordseite des Johannes Altenheims in Meitingen. Die Absperrung soll Besucher davon abhalten den Bewohnern zu nahe zu kommen. Foto: Marcus Merk

    Rot-weißes Absperrband hängt vor dem Maschendrahtzaun auf der Nordseite des Johannesheims in Meitingen. Die Absperrung soll Besucher davon abhalten, den Bewohnern zu nahe zu kommen. "Die sprechen dort mit ihren Verwandten und achten nicht auf den Abstand", sagt Geschäftsführer Stefan Pootemans. Seine Vorsicht ist verständlich. Schließlich ist das Coronavirus besonders bedrohlich für die Bewohner der Einrichtung. In Augsburg sind in einem Altenheim jüngst 14 Bewohner auf einen Schlag infiziert gewesen, in Aichach sind im Mai 17 Bewohner innerhalb kürzester Zeit in einem AWO-Heim gestorben. Mehr, als der gesamte Landkreis Augsburg bisher an Toten zu beklagen hat. In den Altenheimen im Augsburger Land gibt es bis jetzt keine Corona-Toten.

    Corona bedeutet für Mitarbeiter im Altenheim vor allem eine Menge Arbeit

    "Am liebsten wäre mir, es wäre wieder Lockdown. Das war so schön einfach ohne Besucher", sagt er. Wer einen der Bewohner besuchen will, muss vorher anrufen und eines der sechs einstündigen Zeitfenster pro Station und Tag buchen. Und die Warteliste ist lang. Wenn der Besucher im Johannesheim aufschlägt, muss er einen Mundschutz tragen, sich die Hände desinfizieren und Abstand halten. Zudem soll er egal, wo er hingeht, den möglichst kürzesten Weg einhalten. Wegen der besonderen Gefahr muss all das peinlich genau überwacht werden. "Dafür geht der Großteil meines Tages drauf", sagt Pootemans. Er schätzt etwa 90 Prozent seines Arbeitstages. Am liebsten würde er die Besuche wieder verbieten. Das ist laut den neuesten Regelungen der Staatsregierung aber nicht erlaubt.

    Die Bereitschaft der Besucher sich an die Regeln zu halten sei aber begrenzt, sagt er. "Ich muss die Leute immer wieder dran erinnern, dass gerade Pandemie ist", sagt Pootemans. Er möchte seine Regeln im Zweifel lieber etwas zu streng als nicht streng genug haben: "Meine Aufgabe ist es, meine Bewohner vor Gefahren zu beschützen", sagt er. Er sei allerdings großem Druck ausgesetzt, mehr Besuche zuzulassen. "Ich habe schon mehrmals E-Mails von Landrat Martin Sailer bekommen, dass ich wieder einen Angehörigenabend machen soll", berichtet er. Er weigert sich aber und verweist auf das Infektionsrisiko. Das sei eine viel größere Gefahr für die Senioren als das häufig beschworene Vereinsamungsrisiko.

    AWO will Kommunikation mit Angehörigen möglich machen

    Der Vorsitzende der AWO-Schwaben, Heinz Münzenrieder, sieht das anders. "Wir haben viele Tote in den Altenheimen. Nicht nur wegen Corona, auch wegen der Vereinsamung", sagt er. Die AWO wolle in ihren Heimen die Kommunikation mit den Angehörigen ermöglichen: "Die Familie und das kleine Zimmer bei uns ist für viele Bewohner alles, was sie noch haben", sagt Münzenrieder.

    Im AWO-Heim in Schwabmünchen sieht das zum Beispiel folgendermaßen aus: „Einmal täglich dürfen die Bewohner für eine Stunde Besuch bekommen“, sagt Heimleiter Michael Zimmermann. „Die Leute können sich dann im Eingangsbereich mit ihren Angehörigen aufhalten. Zimmerbesuche sind nur erlaubt, wenn der Senior bettlägerig ist.“ Dabei wird streng darauf geachtet, dass die Senioren keinem Gesundheitsrisiko ausgesetzt werden. Jeder Besucher müsse sich einer strengen Kontrolle am Eingang unterziehen, bei der Symptome abgefragt und die Temperatur gemessen werden, sagt Zimmermann. Mit den Schnelltests, die die Bundesregierung jüngst versprochen hat, könne man in Zukunft auch zusätzliche weitere Besuche ermöglichen, denkt AWO-Präsident Münzenrieder laut nach.

    Altenheime sind in Sorge wegen der Grippezeit

    Das Personal des Seniorenheims weise die Familien der Senioren immer wieder darauf hin, mit den Rentnern größere Menschenmengen zu meiden. Wenn die Mitarbeiter mitbekommen, dass Heimbewohner Veranstaltungen besucht haben, wird schnell reagiert. „Wir kontrollieren bei dem Bewohner dann drei Mal täglich, ob Symptome auftreten“, sagt Zimmermann.

    Die nächsten Monate und die aufkommende Grippezeit erwartet der Heimleiter mit Sorge: „Schon jetzt fallen immer wieder Mitarbeiter aus, weil sie eine Erkältung haben und auf ihr Corona-Testergebnis warten.“ Personell sei das Heim derzeit aber gut aufgestellt. In den Wintermonaten könnte sich das ändern: „Es sieht nicht rosig aus. Theoretisch können wir Mitarbeiter aus anderen Seniorenheimen anfordern. In der Praxis werden aber auch dort Kollegen ausfallen“, sagt Zimmermann. „Das bedeutet mehr Arbeit für alle.“

    Lesen Sie dazu auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden