Die Bahn sucht das Gespräch: Im Internet kann man mitverfolgen, was die Planer des Bahnausbaus zwischen Ulm und Augsburg auf die Fragen der Bürger antworten. Zwar ist weder klar, wann und wo gebaut wird, noch wie viel Geld das Vorhaben, das im Bundesverkehrswegeplan mit zwei Milliarden Euro veranschlagt ist, letzten Endes kosten wird. Doch je mehr Überlegungen öffentlich werden, desto größer wird die Unruhe im westlichen Landkreis Augsburg. Denn durch diesen wird die Trasse führen. Diese Unruhe spiegelte sich auch im Montag im Kreistag wider.
Vier bis zu 500 Meter breite Korridore für Bahnausbau im Kreis Augsburg
Dort stand Projektleiter Markus Baumann von der Bahn AG Rede und Antwort. Unter anderem ging es dabei um folgende Punkte.
Die Trasse Vier bis zu 500 Meter breite Planungskorridore gibt es. Einer läuft bis Dinkelscherben auf der jetzigen Strecke und dann durch den südlichen Landkreis Günzburg Richtung Ulm. Die anderen drei orientieren sich früher oder später Richtung Autobahn. Daraus wollen die Planer vier etwa 20 Meter breite Trassen entwickeln, wobei auch Kombinationen unter den jetzigen Korridoren möglich sind. Anfang 2023 sollen die Vorschläge auf dem Tisch liegen. Bis Anfang 2024 will sich die Bahn auf ihre Vorzugsvariante festlegen und diese dem Bundestag zum Beschluss vorschlagen.
Für den Neusässer Bundestagsabgeordneten Hansjörg Durz (CSU) ist aus Landkreissicht nach wie vor der Ausbau der Bestandsstrecke bis Dinkelscherben die beste Lösung. Sie würde nicht nur mehr Platz auf der Schiene, sondern auch einen Ausbau der Bahnhöfe und des Lärmschutzes dort mit sich bringen. Sie sei "die einzige Variante, mit der beides gelöst ist", sagte Durz. Harald Güller, SPD-Fraktionschef im Kreistag, fürchtet mit Blick auf die Bedingungen der Bahn allerdings, dass das Unternehmen anderes im Sinn hat. "Ich habe das verdammte Gefühl, dass alle Änderungen zum Ziel haben, einen Neubautrasse zu favorisieren. Das finde ich nicht in Ordnung." Hannes Grönninger (Grüne) ist dagegen für einen Neubau. Der Ausbau der Bestandsstrecke werde auf dieser "für 15 Jahre für Behinderungen" sorgen.
Züge sollen bis zu 300 Stundenkilometer schnell sein
Die Bedingungen Streckenweise sollen die 112 Schnellzüge am Tag 300 Kilometer in der Stunde schnell fahren können, damit sie es in 26 Minuten von Ulm nach Augsburg schaffen. Nötig seien insgesamt vier Gleise, so Baumann. Damit auf den neuen Gleisen auch der Güterverkehr rollen kann, darf sie nicht zu große Steigungen haben. Deshalb wird es viele Tunnel geben. "Sehr kritisch" sehe man auf die Trassen in Autobahnnähe, sagte der Zusmarshauser Bürgermeister Bernhard Uhl (CSU).
Bahnhof Wörleschwang Unter diesem Schlagwort geistert durch die Debatte die Idee, an eine neu gebaute Schnellbahnstrecke auch regionale Bahnhöfe zu setzen. Machbar ist das, weil die Schnellbahnstrecke an einzelnen Stellen viergleisig wird, damit dort Züge überholt werden können. Doch aus eigenem Antrieb wird die Bahn an diesen technischen Halten keine Haltepunkte einrichten. Der Anstoß müsste vom Freistaat Bayern kommen, der auch die Regionalzüge bezahlen müsste. Kurz: Es fährt kein ICE nach Wörleschwang (knapp 800 Einwohner, Ortsteil von Zusmarshausen).
Was die Bahn nicht macht Nicht zuständig sieht sich die Bahn im Zuge des Ausbaus für die jetzigen Bahnhöfe an der Strecke, sofern diese vom Ausbau nicht berührt werden. Nicht zuständig fühlt sie sich auch für den "Flaschenhals" an der Einfahrt zum Augsburger Hauptbahnhof, auf den Markus Ferber (CSU) hinwies. Dazu müsse es ein eigenes Projekt des Bundes geben, so Markus Baumann von der Bahn. Gebe es aber bislang nicht.
Landrat Sailer fordert "Lösung aus einem Guss"
Kopfschütteln Spätestens diese Bemerkung löste bei etlichen Kreisräten zumindest ein verschärftes Stirnrunzeln aus. "Es gibt wieder keinen Gesamtzuständigen", schimpfte Silvia Daßler (Grüne) und warnte vor einem "Schildbürgerstreich". Landrat Martin Sailer (CSU) forderte "eine Lösung aus einem Guss". Seine Schlussfolgerung: Der Kreis müsse die verschiedenen Themen bei sich zusammenführen. Gelegenheit gibt es bald wieder: Im Februar will die Bahn die nächste Sitzung des mit regionalen Vertretern besetzten Projektbeirats abhalten.
Und wofür das Ganze? Die Sinnfrage stellte AfD-Fraktionschef Jörg Mikszas. Für die neuen Gleise müsse die Bahn mindestens eine Million Tonnen Beton verbauen und produziere damit genauso viel klimaschädliches Gas CO2. Bis die CO2-Einsparungen durch die Bahnstrecke, die mit 23.000 Tonnen im Jahr angegeben werden, das ausgeglichen haben, würden 40 Jahre ins Land gehen, rechnete Mikszas vor. Bahn-Projektleiter Baumann wollte die Zahl nicht kommentieren, das tat später der Grünen-Kreisrat Felix Senner. Er hielt dem AfD-Mann vor, mit überzogenen Zahlen zu operieren. Der CO2-Ausstoß bei der Betonherstellung sei nur halb so hoch, wie von Mikszas behauptet.
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