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Landkreis Augsburg: Altenheime im Kreis Augsburg fühlen sich mit Corona-Schnelltests überfordert

Landkreis Augsburg

Altenheime im Kreis Augsburg fühlen sich mit Corona-Schnelltests überfordert

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    Manche Corona-Auflagen in den Pflegeheimen im Landkreis Augsburg sorgen für Kritik.
    Manche Corona-Auflagen in den Pflegeheimen im Landkreis Augsburg sorgen für Kritik. Foto: Frank Molter, dpa (Symbolfoto)

    25 Altenheimbewohner sind laut Landratsamt im Landkreis Augsburg bisher an Corona gestorben. Fast die Hälfte der 55 Corona-Toten im Landkreis Augsburg hat also in einem Pflegeheim gewohnt. Diese Zahl könnte schon bald noch weiter steigen. Momentan gibt es 86 Infizierte Senioren in den Pflegeheimen im Augsburger Land.

    Nach dem Corona-Ausbruch: Wie es im Paul-Gerhard-Haus in Gersthofen und im Lohwaldheim Neusäß läuft

    Allein im Haus Raphael gibt es 30 Infizierte und 13 Tote. "Einige Bewohner haben sich zwischenzeitlich gut erholt und sind in stabilem Zustand, andere haben weiter Symptome und sind teils auch in kritischer Lage. Die Bewohner, die sich derzeit in anderen Einrichtungen befinden, werden voraussichtlich bis Weihnachten ins Haus Raphael zurückkehren", so Claus.

    13 Bewohner zwischen 75 und 93 Jahren sind an oder mit Covid-19 gestorben, elf davon im Haus Raphael. Es war ihr Wille oder die Entscheidung der Angehörigen auf Basis von Patientenverfügungen, auf eine intensivmedizinische Versorgung im Krankenhaus zu verzichten. Sie wurden im Haus Raphael ärztlich wie palliativpflegerisch umfassend bis zum Tod betreut. "Die Angehörigen konnten die Betroffenen jederzeit besuchen. Wo gewünscht standen auch Seelsorger und Hospizbegleiter zur Seite. Jeder einzelne der verstorbenen Bewohner fehlt uns, ebenso wie den hinterbliebenen Verwandten. Es ist bedrückend zu erleben, mit welcher Macht das Virus Leben raubt. Trotz ihres hohen Alters und der krankheitsbedingten Einschränkungen hätten sicher viele der verstorbenen Bewohner noch mehr Zeit mit ihren Lieben verbracht und länger gelebt", sagt Andreas Claus.

    Im Gersthofer Paul Gerhard Haus ist die Situation weiterhin angespannt. Immernoch werden dort weitere Corona-Fälle entdeckt. Für Patienten, die nicht im Sterben liegen, gibt es ein Besuchsverbot. Die Situation am Lohwald in Neusäß hat sich weitgehend entspannt. Noch sind nicht alle Bewohner gesund, aber keiner liegt mehr im Krankenhaus.

    Da das Virus sich auch in anderen Altenheimen im ganzen Land ausbreitet, haben Staats- und Bundesregierung neue Regeln für Altenheime eingeführt, die seit Dienstag in Kraft sind: Jeder Bewohner darf nur noch einen Besucher pro Tag in Empfang nehmen und auf dem Heimgelände muss jeder eine FFP2-Maske tragen. Besonders kontrovers diskutiert wurden aber die neuen Regeln für Corona-Tests: Jeder Besucher muss einen negativen Corona-Test vorweisen können. Dieser darf nicht älter als drei Tage sein. Wer keinen hat bekommt bei Ankunft einen Schnelltest, der in etwa einer halben Stunde ein Ergebnis liefert. Auch Mitarbeiter und Bewohner müssen zweimal die Woche auf Corona getestet werden. Da kommen schnell hunderte Tests täglich zusammen.

    Helfen in Altenmünster und Langweid bald Soldaten bei den Corona-Tests?

    Die Firma Benevit aus Mössingen betreibt zwei Altenheime im Landkreis Augsburg. Das Haus Zusamaue in Altenmünster und den Lechauenhof in Langweid. Dort soll nach dem Willen der Benevit-Gruppe bald die Bundeswehr zum Einsatz kommen: "Wir haben einfach nicht die nötigen Personalressourcen für die ganzen Tests, sagt Geschäftsführer Kaspar Pfister. 100 Tests täglich in den 30 Einrichtungen der Benevit-Gruppe sei zu viel für die Firma. Ob die Bundeswehr hilft ist fraglich. Das Landratsamt will erstAmtshilfe beantragen, wenn die Versorgung der Bewohner gefährdet ist. Besonders kritisch sieht Benevit, dass auch negativ getestete eine Maske tragen müssen.

    Auch im Johannesheim in Meitingen sieht man die neuen Maßnahmen sehr kritisch: "Die neuen Regeln sind wirklich schlecht geschnitzt", sagt Heimleiter Stefan Pootemans. Die Anschaffung der Tests sei bürokratisch. Er muss Nachschub zuerst beim Landratsamt beantragen, dann muss er auf dem leergefegten Markt Tests und Utensilien finden und sich anschließend das Geld vom Landratsamt zurückerstatten lassen. Zudem ist die Anschaffung teuer. Mit über 24.000 Euro schlägt ein Monatsvorrat an Tests für das Johannesheim aktuell zu Buche.

    Hunderte Corona-Schnelltests brauchen Zeit

    Das größte Problem ist aber der Zeitaufwand: Pootemans hat etwa hundert Mitarbeiter, die zweimal pro Woche getestet werden müssen. Bei 15 Minuten pro Test wären das 50 Wochenstunden oder mehr als eine Vollzeitkraft. Das Personal muss zudem medizinisch ausgebildet sein, wenn sie die Fehlerquote nicht in die Höhe treiben soll. Für jede der vier Stationen muss er zudem zwei Mitarbeiterinnen einstellen, die die Bewohner testen: "Wer soll das alles wuppen?", fragt sich Pootemanns. Besucher lässt das Johannisheim schon gar nicht mehr ins Haus, obwohl das erlaubt wäre: "Das würden wir zeitlich dann erst recht nicht schaffen", sagt Pootemans. Ein gut durchdachtes Hygienekonzept sei sehr viel effizienter als die neuen Maßnahmen.

    Was das Problem noch verschlimmert: "Auch das Pflegepersonal wird zunehmend krank", warnt Graßmann von der Diakonie . 51 Corona-Fälle verzeichnet das Landratsamt aktuell bei Pflegepersonal. Kollegen, die Kontakt mit den Infizierten hatten müssen ebenfalls in Quarantäne und verschärfen den Personalmangel noch weiter. Die Diakonie sucht gerade Verstärkung bei Zeitarbeitsdiensten. "Hilfsdienste wie die Malteser und das Rote Kreuz wollen gerne helfen, aber sind ebenfalls ausgelastet", bedauert Graßmann. Er hat Verständnis für Rufe nach einem Besuchsverbot: "Es ist nachvollziehbar wenn Heimleiter am liebsten niemanden reinlassen würden, aber das können wir nur im Notfall tun, wenn die Heimaufsicht es anordnet", sagt Graßmann. Auch die Isolation könne Schaden verursachen: "Man kann Menschen auch durch Vereinsamung kaputtmachen", glaubt er.

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