Eine Welle der Kritik an der Tarifreform des Augsburger Verkehrsverbunds (AVV) schwappt über die Region. Unterschiedliche Stimmen zu den Neuerungen im öffentlichen Nahverkehr werden auch im Augsburger Land laut. Doch was sagen dazu Kreisräte, die an der politischen Diskussion im Vorfeld beteiligt waren und sind.
Manfred Buhl (FDP): Von der Kritik an der Tarifreform sieht sich Manfred Buhl, Vorsitzender der vierköpfigen FDP-ÖDP-Fraktion im Kreistag, bestätigt. Man habe diese Problempunkte „samt und sonders von Anfang an benannt“, stellt er fest. So habe seine Fraktion unter anderem darauf gedrängt, die Wochenkarte beizubehalten und das Spar-Abo schon ab 8 Uhr gelten zu lassen. „Da sind die Schülerverkehre schon weg.“ Das Spar-Abo wollte man für weniger als zwölf Monate. Er habe dies im Juni 2017 bei einer Tagung von Kreis- und Stadträten der AVV-Träger klar formuliert. „Aber die Kollegen glaubten vor allem den Fachleuten“, so Buhl, der bei vielen Kreisräten auch die Bereitschaft vermisste, das komplexe Thema intensiv auszudiskutieren. Die Stadt Königsbrunn habe er immer wieder gewarnt, dass ihre AVV-Nutzer schlechter gestellt werden als die aus anderen Städten.
Fabian Mehring (Freie Wähler): Die neue Preispolitik ist für Fabian Mehring „allerhöchstens der erste Schritt.“ Er plädiere nach wie vor für eine stärkere Unterstützung des ländlichen Raums. „Es muss noch massiv nachgebessert werden“, sagt der Fraktionsvorsitzende. Er geht davon aus, dass viele potenziellen AVV-Kunden auf das Auto umsteigen werden. „Und damit sind wir schneller beim Verkehrschaos.“ Bis zum Sommer möchte die Fraktion daher ein Antragspaket schnüren. „Bei den Bürgermeistern im Landkreis fragen wir deshalb nach, wo es noch hakt.“ Insgesamt ist Mehring nicht zufrieden: „Das Defizit wird verdoppelt und die Gästezahlen halbiert.“
Harald Güller (SPD): Viele der kritisierten Aspekte seien vorhersehbar gewesen, sagt der SPD-Politiker. „An der Ticketstruktur zum Beispiel muss gearbeitet werden“, sagt er. Sein Eindruck: „Da ist kein großer Wurf gelungen. Von der AVV hätte ich mehr Leitung und Klarheit gewünscht.“ Die aktuelle Entwicklung nennt er deshalb eine Notoperation. Der Blick auf andere Verkehrsverbünde zeige, dass diese ihre Kunden nicht in ein Abo drängen, sondern flexible Alternativen anbieten: „Zum Beispiel im Sommer, wenn Arbeitnehmer mit dem Rad zur Arbeit fahren. Solche Ansätze müssen wir ernst nehmen.“ Er sagt aber auch: „Nicht jedes Problem ist in der Praxis lösbar.“
Joachim Schoner (Grüne): Ein Verfechter der neuen Abo-Struktur ist Joachim Schoner. „Diese hat sich ganz klar verbessert. Gelegenheitsfahrer sind nämlich unabhängig vom Fahrpreis unterwegs“, sagt er. Auf Kritik habe man reagiert und beispielsweise Gersthofen auf den Zonenrand gelegt. Die Entwicklungen aber müssen weiterhin genau verfolgt werden: „Das heißt alle Argumente analysieren. Wenn schwere Versäumnisse auftauchen sollten, dann muss man eventuell sofort reagieren.“ Auch das kritische Echo nimmt er wahr: „Das bedeutet für mich, dass ich nicht vollständig zufrieden sein kann.“
Lorenz Müller (CSU): Die Tarifreform habe die CSU-Fraktion sehr intensiv und sorgfältig beraten, sagt deren Vorsitzender Lorenz Müller. Die meisten Klagen betreffen die Zusammenlegung der Zonen 1 und 2. Das sei eine Forderung der Stadt Augsburg gewesen. Müller spricht von einer Abwägung, die die Kreispolitiker zu treffen hatten. Daraus hätten sich deutliche Verbesserungen ergeben: „Die Härten durch die Zusammenlegung haben wir für die Städte Gersthofen, Neusäß, Stadtbergen im Wege der Verhandlung deutlich gemindert.“ Für Königsbrunn sei dies nicht durchsetzbar gewesen. Weitere Vorteile aus Müllers Sicht: Familien oder Gruppen werden mit dem Tagesticket durch kostenlose Mitnahme entlastet. Die Tariferhöhung bei der Steifenkarte sei moderat. Das Sparabo ab 9 Uhr sei neu und könne von einem sehr breiten Nutzerkreis in Anspruch genommen werden. (pit, hsd, kou-)