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Ausstellung: Kein Ende, sondern nur ein Wechsel der Räume

Ausstellung

Kein Ende, sondern nur ein Wechsel der Räume

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     „Es wird Nacht um mich“ nennt Malzer diese Skulptur.
    „Es wird Nacht um mich“ nennt Malzer diese Skulptur. Foto: A. Lode

    Adelsried „Ich bin nicht tot, ich wechsle nur die Räume“, schrieb Michelangelo vor 500 Jahren. Dieser wunderschönen Todesmetapher widmete Hans Malzer eine Skulptur, eine seiner Wortsäulen, Holzstelen mit halbreliefähnlichen herausgehauenen Sprüchen, Zitaten, Psalmen übersät, die Buchstaben durch dezente Farbe hervorgehoben. Eine andere Wortsäule in Michelangelos Nähe ist Voliere zugleich, die beiden kleinen Türhälften stehen sperrangelweit offen: „Ich bin nicht der Tote, den ihr seht“, steht rundherum: „Ich bin der Vogel und der Käfig das, dem ich entflog und der nun öde steht.“

    Der arabische, von Friedrich Rückert übersetzte Spruch gefällt Malzer besonders gut und inspirierte ihn unter anderem zu seiner derzeitigen Werkschau: Mitten in das sommerliche Blühen stellte der Adelsrieder Bildhauer und Maler seine Ausstellung über den Tod. Der Tod ist zeitlos, sagt er: „Mein Bestreben war und ist es, möglichst in meinen Arbeiten das ganze menschliche Leben darzustellen.“ Dazu gehören auch Geburt und Lebensende.

    Einen weiteren Anstoß zum Thema gab ein Krankenhausaufenthalt Malzers letztes Jahr. Anders als in seinen bisherigen Ausstellungen habe er die Exponate diesmal in „eine Art Installation“ gebettet, erzählt Hans Malzer weiter: cremeweiße, herabhängende Tücher bilden im größten Raum Nischen, in denen die Skulpturen und Säulen stehen, die herausgehauenen Sprüche sind zur Verdeutlichung für den Besucher auf die Tücher gemalt.

    In östlichen Kulturen ist Weiß die Farbe des Todes, hier umgibt sie die Exponate mit jenseitiger Schwerelosigkeit. An ägyptische Mumien mit Goldmaske erinnert die liegende, bis auf die Hände bandagierte Gestalt, die eine Bleimaske trägt, im Alter also allmählich ihrer Sinne beraubt wird: „Es wird Nacht um mich“, steht als Motivzitat zu lesen, auf vergoldetem, blattähnlichem Nachen treibt die Gestalt auf dem Styx oder dem Strom des Lebens. Die meisten Arbeiten sind neueren Datums. Einzig das Totenofficium der Ostkirche, ein Buch mit Illustrationen, die an Kirchenfenster erinnern und mit kalligrafischem Text, stammt aus den Sechzigern, erklärt Malzer. Im Obergeschoss hängt ein ebenfalls vor einiger Zeit entstandenes Triptychon, das die Nachtseiten des Lebens zeigt, Gewalt, Schmerz, Leid, Verzweiflung, gewaltsamen Tod. Davor kauern zwei Pietà-Skulpturen: Die linke Frauenfigur, „Srebrenica“ genannt, entstand zum Bosnienkrieg, wirft sich über den Toten, hüllt ihn ein. Rechts die schwarz gewandete „Iraka“, ihre Klage laut durch erhobene Arme ausdrückend.

    In einem Nebenraum sprießt das Wunder des Lebens: Aus einem Apfelkern entsteht wuchernde Pracht, Blüten, Früchte, in einer farbigen Baumstumpfskulptur vereinigt, aus einem winzigen Samen der Mensch, aus dem Kokon der prachtvolle Schmetterling. „Ostern hat Sprengkraft“, erläutert Hans Malzer zu dem gleichnamigen Exponat: Das Außen ist dunkel, doch das in Kreuzform gesprengte Innen strahlt vergoldet, ein treibender Same ist die Kraft.

    „Stark wie der Tod ist die Liebe“, verkündet eine Wortsäule: Das verliebte, ein hermetisch geschlossenes Miteinander bildende Paar im Eingangsbereich hat nur Augen für das Gegenüber, gemeinsam blicken die älteren Eheleute in den Spiegel und sehen den Tod, der Zurückgebliebene schließlich schaut auf den leeren Stuhl, trauert um den verstorbenen Partner.

    Malzers Figuren sind archaisch, reduziert, massiv, wirken aber nicht schwer oder eckig, sondern lebendig, beweglich, ausdrucksvoll. Auch wenn der Tod Gerippe oder düsterer Engel mit dem Rücken zum Engel des Lebens ist, erscheint er nicht drohend. Im Sonnengesang des Franz von Assisi ist dem „Bruder Tod“ sogar die lobpreisende letzte Strophe gewidmet, Malzer ließ sie in seiner Ausstellung Wortsäule werden.

    Öffnungszeiten Sonntag 10./17./24. Juni sowie 1. Juli jeweils von 14 bis 18 Uhr (Führung um 15 Uhr) sowie nach Vereinbarung unter Telefon 08294/682.

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