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Interaktive Karte: Geschichte: Das weit verzweigte Netz des Nazi-Terrors in Schwaben

Interaktive Karte

Geschichte: Das weit verzweigte Netz des Nazi-Terrors in Schwaben

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    In Schwaben gab es zur Zeit des NS-Regimes zahlreiche Außenlager des Konzentrationslagers Dachau. Tausende Menschen
    In Schwaben gab es zur Zeit des NS-Regimes zahlreiche Außenlager des Konzentrationslagers Dachau. Tausende Menschen Foto: Julian Leitenstorfer (Archiv)

    Wer heute an das KZ Dachau denkt, hat die Bilder von ausgemergelten Menschen und einer endlos wirkenden Reihe von Baracken vor Augen. Das Konzentrationslager steht auch für ein weit verzweigtes Netz des Terrors und der Ausbeutung. Während des Zweiten Weltkriegs entstanden in Schwaben etliche KZ-Außenstellen – einige davon auch im Umkreis von Augsburg. Das hatte einen Grund.

    Augsburg

    Für die Fertigung in den Augsburger Messerschmitt-Werken – damals einer der wichtigsten Flugzeughersteller im Deutschen Reich – wurden zunehmend KZ-Häftlinge eingesetzt. Die SS vermietete sie wie Sklaven. Sie transportierte die Häftlinge zur Produktion und war zumeist für Bewachung, Verpflegung und Versorgung zuständig.

    Hinter diesen Toren in Pfersee verbirgt sich die Halle 116. Im Zweiten Weltkrieg brachten die Nationalsozialisten dort Häftlinge unter.
    Hinter diesen Toren in Pfersee verbirgt sich die Halle 116. Im Zweiten Weltkrieg brachten die Nationalsozialisten dort Häftlinge unter. Foto: Annette Zoepf

    Unter unmenschlichen Bedingungen mussten die überwiegend jüdischen Häftlinge Zwangsarbeit leisten. In der sechsten Lieferung zum historischen Atlas von Bayerisch-Schwaben sind auf einer Karte die KZ-Außenlager und die Zwangsarbeiterlager dargestellt. Paul Hoser fasst die Situation zusammen.

    Die Lager in Haunstetten und Gablingen wurden bombardiert

    In Haunstetten existierte zum Beispiel ein Außenlager mit 2700 Häftlingen, das im April 1944 bei einem Bombenangriff der US-Luftwaffe getroffen wurde. Ein Teil der Männer wurde daraufhin ins Lager Gablingen verlegt, das ebenfalls bombardiert wurde. In einer Halle der damaligen Luftnachrichtenkaserne in Pfersee entstand ein weiteres Lager für bis zu 2000 Menschen.

    Zweiter Weltkrieg: Flugzeuge wurden in ländlichen Regionen produziert

    Wegen der zunehmenden Angriffe aus der Luft verlegten die Messerschmitt-Verantwortlichen die Fertigung der Militärflugzeuge immer stärker in ländliche Regionen. Auch BMW dezentralisierte die Produktion, um mögliche Schäden klein zu halten. Es entstanden immer mehr KZ-Außenkommandos und KZ-Außenlager in der Nähe von Rüstungsfirmen.

    Burgau

    Das bewachte Lager wurde außerhalb der Stadt an der Mindel errichtet und hatte mehrere Holzbaracken. In ihnen kamen zunächst KZ-Häftlinge aus Pfersee unter. Sie montierten die angelieferten Teile der Me262 im Waldwerk Kuno. Ziel war es, die fertigen Düsenjäger auf dem rund zwei Kilometer langen und ausgebauten Teilstück der Autobahn starten zu lassen.

    Diese Gedenktafeln auf dem jüdischen Friedhof in Ichenhausen erinnern an die im KZ in Burgau getöteten Menschen.
    Diese Gedenktafeln auf dem jüdischen Friedhof in Ichenhausen erinnern an die im KZ in Burgau getöteten Menschen. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Im Februar und im März 1945 kamen rund 1000 Frauen aus den Lagern Ravensbrück und Bergen-Belsen in Burgau an. Einige überlebten die Fahrt nicht. 150 jüdische Frauen wurden für die Arbeit im Waldwerk ausgesucht und erhielten dafür die doppelte Essensration: täglich zwei Scheiben Brot.

    Gablingen

    Im Außenlager Gablingen kamen im Februar 1944 rund 350 Häftlinge unter. Es befand sich am Rand des Flugfelds. Unter anderem wurden auf dem Gelände Tragflächen für den Düsenjäger M 262 gebaut.

    Horgau

    Das Außenlager und das Waldwerk der Messerschmittwerke zur Tragflächenproduktion wurden nahe des Bahnhofs Horgau errichtet. Ab September 1944 standen dort versteckt im Wald 21 einfache Holzbauten und drei Produktionsgebäude mit Betonböden.

    Bei Horgau mussten Zwangsarbeiter im Nazi-Regime in der Flugzeugproduktion mitarbeiten.
    Bei Horgau mussten Zwangsarbeiter im Nazi-Regime in der Flugzeugproduktion mitarbeiten. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Das Lager wurde Anfang April 1945 aufgelöst und die 274 Häftlinge nach Pfersee gebracht. Tafeln erinnern heute am ausgeschilderten Gedenkort Blechschmiede an das Waldwerk. Im Scheppacher Forst gibt es seit 2018 übrigens einen Gedenkweg, der sich mit dem Waldwerk Kuno befasst.

    Hurlach und Obermeitingen

    Im Kies des Lechfelds sollten vor Kriegsende Großbunker mit einer Länge von bis zu 400 Metern entstehen. Das Ziel: Unterirdisch und geschützt den Flugzeugbau vorantreiben. In den Lagern rund um die Baustellen der drei Großbunker mit den Tarnnamen „Weingut II“, „Walnuss II“ und „Diana II“ wurden über 20.000 Menschen interniert. Sie mussten zum Teil in Erdhütten hausen.

    In Schwaben gab es etliche Außenstellen des Konzentrationslagers in Dachau. In Hurlach war der Standort des sogenannten KZ Kommandos Kaufering IV.
    In Schwaben gab es etliche Außenstellen des Konzentrationslagers in Dachau. In Hurlach war der Standort des sogenannten KZ Kommandos Kaufering IV. Foto: Archiv Roletschek

    Ernährung und Arbeitsbedingungen waren dramatisch schlecht und dienten der Maxime „Vernichtung durch Arbeit“. Über 6000 Menschen starben an Erschöpfung, Hunger und Krankheiten, weitere 2700 wurden als arbeitsunfähig selektiert und in die Vernichtungslager Auschwitz und Bergen-Belsen transportiert. Wie viele Menschen im Lager Obermeitingen lebten, ist nicht bekannt.

    Lauingen

    Häftlinge waren zunächst in einem Kellerraum der Landmaschinenfabrik Ködel und Böhm untergebracht. Dort ließ Messerschmitt Triebwerksverkleidungen für die Me262 fertigen. Im August 1944 kamen weitere 300 Häftlinge, die in der Tuchfabrik Feller untergebracht wurden.

    In Lauingen erinnert eine Gedenktafel an die Zwangsarbeit, Verfolgung und Massenmorde im sogenannten Dritten Reich.
    In Lauingen erinnert eine Gedenktafel an die Zwangsarbeit, Verfolgung und Massenmorde im sogenannten Dritten Reich. Foto: Berthold Veh (Archiv)

    Anfang 1945 entstand ein Barackenlager zwischen Lauingen und Wittislingen. Insgesamt sollen 3000 männliche Häftlinge in Lauingen gearbeitet haben. Im Februar 1945 sollten 600 Häftlinge aus Bergen-Belsen kommen – die meisten kamen in Würzburg bei einem Bombenangriff ums Leben.

    Türkheim

    Das Lager galt als sogenanntes Schonungslager, in dem Kranke aus dem Lagerkomplex Kaufering isoliert wurden. Das Lager (Kaufering VI) bestand aus Baracken und Erdhütten. Etliche ungarische Juden wurden direkt aus Budapest nach Türkheim gebracht. Als die amerikanischen Truppen zum Kriegsende anrückten, wurde die Mehrheit der Häftlinge evakuiert. Zunächst sollte der Tross von über 1000 Häftlingen zu Fuß nach Dachau gehen, wurde dann aber wegen der dortigen Überfüllung über Landsberg, Windach und Pasing nach Allach getrieben.

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