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Hausbesuche: In Gersthofen ist Weihnachten auch im Sommer

Hausbesuche

In Gersthofen ist Weihnachten auch im Sommer

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    Gerhard Mögele kann zu jeder seiner Krippen eine Geschichte erzählen. Seit mehr als 25 Jahren baut und sammelt er die kleinen Kunstwerke. Auch seine Frau teilte das Hobby. 
    Gerhard Mögele kann zu jeder seiner Krippen eine Geschichte erzählen. Seit mehr als 25 Jahren baut und sammelt er die kleinen Kunstwerke. Auch seine Frau teilte das Hobby.  Foto: Marcus Merk

    Zehn Krippen im Haus – damit sollte eigentlich Schluss sein. Das zumindest hatten sich Josefine und Gerhard Mögele vorgenommen, nachdem ihre Wohnung für die jährlichen Ausstellungen rund um Weihnachten fast gänzlich in Beschlag genommen worden war. Doch es kam anders.

    Heute gibt es im ganzen Haus der Familie, in dem einmal drei Familien gewohnt haben, Zimmer, die für gar nichts anderes als die Dauerausstellung der Krippen mehr genutzt werden. Während es draußen Sommer ist, führt Gerhard Mögele, 75, inzwischen Witwer, an den verschiedensten Ställen und Krippen vorbei und kann zu jeder eine eigene Geschichte erzählen.

    Angefangen hatte alles mit einem unvorsichtigen Satz. Irgendwann baue ich einmal eine Krippe, hatte Gerhard Mögele im Freundeskreis gesagt. Da war er noch keine 50 Jahre alt. „Wenn man so etwas sagt, dann hat man eigentlich schon verloren“, weiß er heute. Er will damit sagen: Die nächsten Jahre sind vorgezeichnet. Prompt bekam er zum runden Geburtstag Figuren einer Heiligen Familie geschenkt. Und fing an, Krippen zu bauen.

    Unterbau und Landschaft sind die ersten Schritte

    Richtig in Fahrt kam das Hobby dann wenige Jahre später, als seine Frau Josefine ebenfalls in den Krippenbauverein Ichenhausen eintrat. Sie lernte nun ebenfalls, Krippen zu bauen. Ihre erste selbst gemachte Krippe ist heute im Arbeitszimmer untergebracht und steht gleich neben dem Schreibtisch. „Eine Krippe muss wachsen“, ist der Krippenbauer überzeugt. Unterbau und Landschaft sind die ersten Schritte, dann kommt die Heilige Familie mit dem Jesuskind selbst und, je nach Geschmack, Erweiterungen: Mal eine Herberge neben dem Stall, mal ein Schuppen oder eine ländliche Landschaft.

    Fürs Einkleiden der Figuren war von Anfang an Josefine Mögele zuständig: „Es werden wohl so 400 gewesen sein, die von ihr Kleider erhalten haben“, schätzt Gerhard Mögele. Winzige gehäkelte Umhängetücher für Maria, gestrickte Westen oder genähte Pluderhosen oder Umhänge für die Heiligen Drei Könige – alles hat sie selbst gemacht.

    Mit dem gemeinsamen Hobby änderte sich auch ein wenig der Blick der beiden auf die Welt: Im Türkei-Urlaub fielen ihnen postkartengroße Teppiche für die Ausstattung der orientalischen Krippen auf, fast wie von selbst führte der Weg im Oberpfalz- oder Südtirolurlaub immer auch in einschlägige Geschäfte. Gerhard Mögeles Tipp: Außerhalb der Saison lassen sich tolle Schnäppchen machen.

    Aus Dämmwolle wird ganz einfach eine hügelige Landschaft

    Nicht nur der Blick, auch die Fantasie wurde im Laufe der Jahre ganz neu geschult. Wenn Gerhard Mögele heute in einen Baumarkt geht, sieht er nicht nur Schrauben und Hammer. Aus der Rolle, auf der Meterware Teppich aufgerollt ist, wird die Grundlage für einen orientalischen Turm und aus Dämmwolle lässt sich ganz einfach eine hügelige Landschaft modellieren. Und aus übrig gebliebenen Stückchen Rattangeflecht alter Stühle lassen sich mittelalterliche Fensterfüllungen gestalten.

    Freilich, wenn es Sommer ist, dann muss der Krippenliebhaber schon ein wenig improvisieren. Da wird ein Hirte aus dem Sonnenlicht herausgenommen und woanders hingestellt, damit seine Kleidung nicht zu sehr ausbleicht. Schäfchen aus einer schlichten Krippe mit filigranen Porzellanfiguren werden zur Seite gestellt, damit die Katzen der Familie sie nicht auf den Boden stoßen können. Einer der Ausstellungsräume war einmal eine Küche, zu erkennen ist das noch am unempfindlichen Bodenbelag und einem Hängeschrank mit Geschirr. Darunter jedoch reiht sich auf den Arbeitsplatten eine Krippenlandschaft an die andere.

    Hier steht auch ein besonderes Stück, das schwäbische, Allgäuer und orientalische Elemente vereint. „Meine Frau hatte mal gesagt, da fehlt eine Krippe in der Ecke. Ich hatte das natürlich schon gesehen, wollte aber nichts sagen“, erinnert er sich. Und so entstand die Eckkrippe im Stilmix.

    Ein Kirchenmaler ist für die Hintergründe zuständig

    Krippen, das sind ganz oft auch Gemeinschaftswerke. Während Josefine Mögele auch für andere Krippenbauer die Kleider der Figuren herstellte, bekam die Familie wiederum aufwendig geschnitzte Stücke zurück. Ein Freund lieferte immer wieder kleine schmiedeeiserne Türglocken oder Aufbauten für einen Brunnen und ein Kirchenmaler aus dem Raum Günzburg ist für die Hintergründe zuständig.

    Noch heute fasziniert Gerhard Mögele ganz besonders eine Krippe im Schnee mit dem passenden Hintergrundbild: Dicht verschneit ist dort die Landschaft, entsprechend dick sind die Figuren in der Krippe eingepackt. Auf dem Bild sieht man einen Lattenzaun – den Gerhard Mögele dann in der Verlängerung vor der Krippe weitergebaut hat.

    Während die Katzen im Garten den Sommer genießen, plant Gerhard Mögele schon seine nächste Krippe. Sie soll einen fast verfallenen Stadl im alpenländischen Stil darstellen. Ab September will er wieder in seine Werkstatt im Keller gehen. In der Vorweihnachtszeit und bis Lichtmess können dann Gäste seine Krippen bestaunen. Spenden überweist er dann regelmäßig an den Bunten Kreis, dem Augsburger Verein, der chronisch kranke Kinder und ihre Eltern unterstützt.

    Bereits erschienen in unserer Serie "Hausbesuche":

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