Im Wald bei Horgau im Landkreis Augsburg ist mutmaßlich ein Reh von einem Wolf gerissen worden. Bereits im Dezember fand eine Spaziergängerin das tote Tier auf einer Wiese unweit des Horgauer Ortsteils Auerbach. Ein DNA-Test ergibt nun: Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat ein Wolf zugeschlagen. In den vergangenen Jahren häufen sich ähnliche Fälle in der Region.
Morgens gegen neun Uhr meldete ein Spaziergängerin Anfang Dezember ein totes Reh, erinnert sich die zuständige Jagdpächerin. Das Tier hatte einen Kehlbiss, der Bauchraum war leergefressen. Zunächst ging man davon aus, dass das Tier von einem wildernden Hund gerissen wurde, erklärt die Jagdpächterin. Doch bei genauerer Untersuchung des Kadavers wurde klar, dass es ein größeres Tier gewesen sein könnte. War es ein Wolf? Eine DNA-Untersuchung des Reh-Kadavers sollte Klarheit bringen.
Jäger ist sich sicher, dass ein Wolf bei Horgau unterwegs war
Vermutlich weil man die Probe am toten Reh erst einen Tag nach dem Fund entnahm, ist das Ergebnis nicht ganz eindeutig. Alles deute aber darauf hin, dass das Tier von einem Wolf gerissen wurde, sagt die Jagdpächterin. Weil sich in der Zwischenzeit auch andere Tiere wie Füchse oder Dachse an dem Kadaver zu schaffen machten, lasse sich das heute nicht mehr mit hundertprozentiger Sicherheit feststellen. Dennoch: Die DNA-Untersuchung ergab, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein oder zwei Wölfe handelt, die das Reh gerissen haben. Die Rede ist von rund 75-prozentiger Wahrscheinlichkeit.
Wölfe: So verhalten Sie sich
Begegnen Sie dem Tier respektvoll.
Nicht wegrennen. Wer mehr Abstand möchte, sollte sich langsam zurückziehen.
Hunde sollten in jedem Fall angeleint werden werden.
Wenn Ihnen der Wolf zu nahe erscheint, machen Sie ihn auf sich aufmerksam. Zum Beispiel durch lautes Sprechen oder Gestikulieren.
Laufen Sie dem Wolf auf keinen Fall hinterher.
Wölfe dürfen niemals gefüttert werden. Sie lernen sonst sehr schnell, Menschen mit Futter zu verbinden und suchen dann möglicherweise aktiv menschliche Nähe.
Jäger Wolfgang Mälzer ist sich sicher, dass ein Wolf unterwegs war. Er hat Fotos des Kadavers gesehen und sagt: "Das kann kein Hund gewesen sein, das schaffen nicht einmal zwei Hunde". Als man das Reh gefunden habe, sei es noch warm gewesen. Das deute darauf hin, dass der Wolf in kürzester den Bauchraum des Tieres gefressen haben muss. "So schnell kann nur ein Wolf gewesen sein", sagt Mälzer. Außerdem stehe er in Kontakt zu Jägern im Allgäu, wo vor kurzen ein ganz ähnlicher Fall bekannt wurde. Auch dort wurde ein Reh gerissen. Die Wunden des Tieres seien nahezu identisch, sagt Mälzer. Er warnt nun Hundebesitzer, die in der Gegend spazieren sind, ihre Tiere unbedingt an die Leine zu nehmen. Das ist im Wald ohnehin Pflicht, doch sei Zeit besonders wichtig, da Wölfe auch Hunde angreifen können. Angst müsse man vor dem eigentlich sehr scheuen Tier nicht haben, wohl aber Respekt.
Wolf im Kreis Augsburg: In Bayern gibt es seit 2006 wieder Wölfe
Der Wolf ist von Natur aus vorsichtig und weicht dem Menschen aus, erklärt das Landesamt für Umwelt. Im Einzelfall können besonders Jungtiere dem Menschen gegenüber unerfahren und neugierig sein. Das stelle aber keine Gefährdung des Menschen dar. Seit der erneuten Anwesenheit von Wölfen in Deutschland hat es keinen Angriff auf Menschen durch Wölfe gegeben.
In Deutschland gibt es seit 1996 wieder Wölfe, in Bayern seit 2006. Die deutsche Wolfspopulation nimmt derzeit pro Jahr um etwa 30 Prozent zu, erklärt ein Sprecher des Landesamts für Umwelt. Auch in Bayern steigt die Anzahl der Territorien. Aktuell gibt es in Bayern in acht Regionen standorttreue Tiere. Ein Wolf gilt als standorttreu, wenn dieser über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten nachgewiesen wird oder er Nachwuchs hat.
Nach Bayern können jederzeit einzelne Wölfe zu- oder durchwandern, sowohl aus dem Nordosten Deutschlands als auch aus den Alpen. Jungtiere legten bei Geschlechtsreife weite Strecken auf der Suche nach einem eigenen Territorium zurück. Nachgewiesen werden die Tiere häufig durch Aufnahmen automatischer Wildtierkameras oder genetische Belege, wie im aktuellen Fall bei Horgau. Im Frühsommer 2019 war erstmals nach vielen Jahrzehnten ein Wolf im Augsburger Land aufgetaucht. Er hatte am auf einer Weide am Ortseingang von Biberbach ein Lamm gerissen. Nach dem Fall wurden weitere Hinweise bekannt. Wenig später wurde ein weiteres totes Nutztier im Kreis aufgefunden, das mutmaßlich von einem Wolf gerissen wurde.
Die Fälle von gesichteten Wölfen im Großraum Augsburg häufen sich
Im Juli hat ein Wolf in Igenhausen (Landkreis Aichach-Friedberg) sieben Schafe gerissen. Dieser Wolf ist längst über alle Berge - erst ins Allgäu und dann in den Bregenzerwald in Vorarlberg (Österreich). Anhand von Gentests konnten Experten nachweisen, dass der gleiche Wolf dort Schafe gerissen hat. Fachleute aus dem Nachbarland gehen auch davon aus, dass dieser Wolf, der aus einem Rudel im ostdeutschen Brandenburg stammt, in Richtung Alpenhauptkamm und Italien weitergezogen ist. Zuletzt gab es Meldungen über einen Wolf im Kreis Landsberg. Dort ist in der zweiten Januarwoche ein junger Wolf auf der Autobahn A96 bei Igling überfahren worden.
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