2010 findet ein Mann bei Horgau eine Waffe. Es handelt sich um eine Duellpistole, wohl aus dem frühen 19. Jahrhundert, die er dem Arbeitskreis für Vor- und Frühgeschichte übergab. Leider ist die Waffe in einem schlechten Zustand: Die Holzteile sind zerborsten, der Griff fehlt, und der Lauf und die Beschläge sind verrostet. An der Unterseite und am Abzug befinden sich Beschläge aus Messing in geschwungenen Formen. An den Schaftseiten sind rechteckige Felder mit einem diagonalen Rautenmuster angebracht. Die aufwendige Verzierung spricht dafür, dass es sich um eine Duellpistole handelt. Für eine militärische Waffe wäre dies zu untypisch. In Adels- und Offizierskreisen waren diese Duelle an der Tagesordnung, wenn jemand seine Ehre verletzt sah.
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Im 19. Jahrhundert sind Duelle an der Tagesordnung
Modernen Schätzungen zufolge machte im 19. Jahrhundert jeder vierte Adelige im Verlauf seines Lebens bei einem Duell mit. Im Deutschen Reich und in Österreich-Ungarn konnten Offiziere sogar wegen mangelnden Ehrgefühls entlassen werden, wenn sie eine Aufforderung zum Duell ausschlugen.
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts bildeten sich immer kompliziertere Regeln für Duelle heraus, die in mehreren konkurrierenden Regelbüchern niedergeschrieben wurden. Auslöser war immer eine Verletzung der Mannesehre eines Beteiligten. Etwa durch eine Beleidigung oder einen Schlag ins Gesicht. Aber auch wenn man eine Frau in seiner Obhut, wie seine Schwester oder Gattin, beleidigte.
Der Beleidigte forderte den Beleidiger über einen sogenannten „Sekundanten“, eine Art Vertreter, zu einem Duell auf. Dieser regelte im Falle des Ablebens eines Duellanten seine Angelegenheiten. Beim Duell waren dann meist ein Arzt, die Sekundanten für beide Seiten und ein Unparteiischer, der auf die Einhaltung der Regeln achtete, anwesend
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Die Nationalsozialisten erlauben Duelle und verbieten sie dann wieder
Beim Duell kamen Vorderladerpistolen mit einem Schuss im Magazin zum Einsatz, wie sie auch in Horgau gefunden wurde. Diese wurden genau baugleich hergestellt, um die Fairness zu sichern. Meistens wurden die Schusswaffen paarweise verkauft. Die beiden Duellanten stellten sich in einer verabredeten Distanz gegenüber voneinander auf und feuerten aufeinander. Ernsthafte Verletzungen waren dabei allerdings extrem selten. Meistens wurden diese durch große Abstände und Deckungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Je schwerwiegender die zugrunde liegende Beleidigung war, desto eher war man allerdings bereit, eine Verletzung in Kauf zu nehmen.
Im deutschen Reichsstrafgesetzbuch von 1871 war „Zweikampf mit tödlichen Waffen“ dann allerdings eine Straftat, die mit einigen Tagen Festungshaft belegt wurde, einer weniger stigmatisierten Form der Haftstrafe. Während des Ersten Weltkriegs wurden in Deutschland Duelle bis nach dem Friedensschluss aufgeschoben. In der Weimarer Republik wurden sie dann endgültig abgeschafft, aber von den Nationalsozialisten 1933 wieder erlaubt. 1937 wurden sie aber wieder verboten.
Grund war ein Duell zwischen Horst Krutschinna, einem ranghohen Mitglied der Hitlerjugend, mit Roland Strunk, einem Kriegsreporter der Propaganda-Zeitung Völkischer Beobachter. Krutschinna hatte eine Affäre mit Strunks Ehefrau gehabt. Strunk kam beim dritten Schusswechsel ums Leben. Damit starb einer der wichtigsten NS-Propagandisten, was Hitler so verärgerte, dass er Duelle verbot. Das Duell zwischen Krutschinna und Strunk war das Letzte auf deutschem Boden.
Dieses und andere Stücke sind im Online-Museum Omfala des Arbeitskreises für Vor- und Frühgeschichte zu sehen. Es kann kostenlos im Internet unter dieser Adresse angesehen werden.
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