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Landkreis Augsburg: Hausärzten im Augsburger Land geht der Nachwuchs aus

Landkreis Augsburg

Hausärzten im Augsburger Land geht der Nachwuchs aus

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    Dr. Christopher Buhlig betreibt in Welden zusammen mit seinem Vater eine Gemeinschaftspraxis.
    Dr. Christopher Buhlig betreibt in Welden zusammen mit seinem Vater eine Gemeinschaftspraxis. Foto: Marcus Merk

    Gemeinschaftspraxis im Augsburger Land sucht Verstärkung. So steht es auf den Internetseiten des Bayerischen Hausärzteverbands. Bislang hat Dr. Christopher Buhlig mit seinem Praxisteam in Welden allerdings wenig Erfolg bei der Suche gehabt. „Wir suchen schon seit fünf Jahren einen Ersatz für meinen Vater“, erzählt er. Der Vater sei mittlerweile 75 Jahre alt. Das Problem ist nicht neu, aber es rückt immer näher: Die Ärzte im Landkreis Augsburg werden älter. Nachfolger sind aber oft nicht in Sicht. Gerät die medizinische Versorgung vor Ort also demnächst ins Wanken? Die Hausärzte im Landkreis sehen mit Sorge in die Zukunft. So gaben 75 Prozent in einer Bedarfsanalyse an, dass sie ein Versorgungsproblem im hausärztlichen oder fachärztlichen Bereich für die Landkreisbewohner sehen.

    Jeder fünfte Hausarzt im Landkreis Augsburg sucht einen Nachfolger

    Diese und weitere Erkenntnisse hat Jana Schlosser, Leiterin der Gesundheitsregion plus im Landkreis, jetzt in der Bürgermeisterdienstbesprechung bekannt gegeben. Der mit der Bedarfsanalyse beauftragte Lehrstuhl für Epidemiologie der Ludwig-Maximilians-Universität München hat dafür Telefoninterviews mit Bürgermeistern geführt, Experten befragt und 76 Fragebögen von Hausärzten ausgewertet.

    Dabei kam heraus, dass etwa die Hälfte dieser 76 Hausärzte in den kommenden fünf Jahren ihre Praxisstruktur verändern wollen. Entweder, indem sie den Praxisstamm vergrößern oder einen mobilen Assistenten beschäftigen. Wieder andere sind an einem kooperativen Praxismodell interessiert. 18 Prozent suchen im Moment einen Nachfolger für ihre Einzelpraxis, 14 Prozent haben ihn bereits gefunden und acht Prozent wollen ihre Praxis ganz schließen.

    Das Durchschnittsalter der Ärzte im Landkreis ist hoch. Im Bereich Dinkelscherben liegt es bei fast 58 Jahren, um Schwabmünchen bei 56 und im Versorgungsbereich Meitingen bei knapp 54 Jahren. Junge Mediziner zieht es oftmals in die Städte. Doch auch im Bereich Augsburg sind die Hausärzte im Schnitt über 55 Jahre alt.

    Junge Ärzte ins Augsburger Land zu locken könnte schwierig werden

    Die befragten Ärzte im Landkreis gaben gleich mehrere Gründe an, warum es schwierig werden dürfte, Nachwuchskräfte aufs Land zu locken. Bei der Umfrage erklärten sie, dass Ärzte grundsätzlich mit wachsender Bürokratie belastet werden. Dr. Christoph Buhlig aus Welden kann das nur bestätigen. Außerdem würden zu oft oder gar verfehlt ärztliche Leistungen in Anspruch genommen, wie die Umfrage ergab. Zudem sei der Hausarztberuf insgesamt nicht besonders attraktiv.

    Dr. Christoph Buhlig sagt, die Arbeitsbelastung sei einfach hoch. Arbeitsbedingungen wie in einer Klinik könne eine Landarztpraxis nicht bieten, es sei denn, die Nachwuchsmediziner steigen als Teilhaber in die Praxis mit ein. „Diese Verantwortung wollen viele nicht übernehmen“, hat er festgestellt.

    Wie sollen junge Ärzte also angelockt werden? Die Bürgermeister wünschen sich bei dieser Aufgabe mehr Unterstützung. Auch 100 Experten, die zur Lage der gesundheitlichen Versorgung im Landkreis befragt wurden, sehen Handlungsbedarf bei der hausärztlichen Versorgung. Weiterhin müsse etwas getan werden bei der Versorgung psychisch Kranker und bei der Pflege.

    Die Politik im Augsburger Land ist schon aktiv geworden

    Die Gesundheitsregion plus habe sich die Optimierung der Gesundheitsversorgung zur Aufgabe gemacht, wie die Leiterin Jana Schlosser erklärte. Der Arbeitskreis Hausärztliche Versorgung soll in Kürze Maßnahmenpakete ausarbeiten, mit denen der Ärztenachwuchs gewonnen werden kann.

    Noch hat dieser Arbeitskreis jedoch nicht getagt. Das Projekt Gesundheitsregion plus befinde sich noch im Aufbau, sagte Jana Schlosser dazu. Der Internetauftritt mit weiteren Informationen stehe jedoch schon bereit. Der Arbeitskreis, der sich mit dem Thema Psychische Gesundheit befasst, werde ebenfalls erst noch zusammenkommen.

    Die beiden Arbeitskreise Pflege und Gesundheitsportal seien hingegen schon aktiv. Das Thema Pflege drängt, denn schon seit mehreren Jahren ist der Bedarf an ambulanten Pflegeplätzen im Landkreis groß, wie die Analyse ergab. In den kommenden Jahren wird er voraussichtlich weiter steigen.

    Der Arbeitskreis Pflege soll deshalb unter anderem Konzepte erstellen, wie dem Fachkräftemangel im Pflegebereich entgegengewirkt werden kann. Zwar bemühen sich die Kommunen im Landkreis beispielsweise um die Ansiedlung von Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten. Allerdings gestaltet sich das schwierig, wie in der Bürgermeisterdienstversammlung deutlich wurde.

    So hätten Anbieter von ambulanter oder stationärer Pflege den Kommunen schon eine Absage erteilt, wie es dort hieß. Nicht etwa, weil die Lage oder das Grundstück nicht passend gewesen wären, sondern weil es schlicht an Personal für eine solche Einrichtung fehlt.

    Stand August 2020

    • Augsburg Zur Gesundheitsregion Augsburg gehören Gersthofen (zwölf Hausärzte), Neusäß (19 Hausärzte), Diedorf (zehn Hausärzte), Stadtbergen (15 Hausärzte), Königsbrunn (15 Hausärzte) und Augsburg (196 Hausärzte). Die Region gilt laut Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung mit 108 Prozent als überversorgt. 100 Prozent entsprechen einem Arzt für 1671 Einwohner. Von den hier praktizierenden 267 Hausärzten sind 144 Männer. 86 sind über 60 Jahre alt (32 Prozent). Das Durchschnittsalter liegt bei 55.
    • Meitingen Zur Gesundheitsregion Meitingen gehören Nordendorf (sechs Hausärzte), Biberbach (zwei Hausärzte), Langweid (sieben Hausärzte), Gablingen (drei Hausärzte), Thierhaupten (zwei Hausärzte), Meitingen (zwölf Hausärzte) und Rehling mit Aindling (jeweils zwei Hausärzte) und Affing (vier Hausärzte). Der Versorgungsgrad liegt bei fast 104 Prozent. Von den 39 Hausärzten sind 21 Männer, elf sind über 60 Jahre alt (35 Prozent). Das Durchschnittsalter liegt bei fast 54 Jahren.
    • Dinkelscherben Zur Gesundheitsregion Dinkelscherben gehören Gessertshausen (drei Hausärzte), Horgau (zwei Hausärzte), Aystetten (drei Hausärzte), Adelsried (zwei Hausärzte), Welden (zwei Hausärzte), Emersacker (ein Hausarzt), Altenmünster (ein Hausarzt), Zusmarshausen (vier Hausärzte) und Dinkelscherben (drei Hausärzte). Der Versorgungsgrad liegt bei 84 Prozent und nähert sich damit der Unterversorgung, die bei 75 Prozent erreicht wäre. Von den 21 Hausärzten sind 14 Männer, neun Mediziner sind über 60 Jahre alt (43 Prozent). Ihr Durchschnittsalter beträgt fast 58 Jahre.
    • Schwabmünchen zur Gesundheitsregion Schwabmünchen gehören die Orte Fischach (drei Hausärzte), Langenneufnach (ein Hausarzt), Walkertshofen (ein Hausarzt), Mickhausen (ein Hausarzt), Bobingen (zwölf Hausärzte), Wehringen (vier Hausärzte), Großaitingen (vier Hausärzte), Graben (ein Hausarzt), Untermeitingen (sieben Hausärzte), Klosterlechfeld (ein Hausarzt) und Schwabmünchen (15 Hausärzte). Der Versorgungsgrad liegt aktuell bei fast 107 Prozent. Von den 50 Hausärzten sind 35 Männer, 19 davon sind bereits über 60 Jahre alt (38 Prozent). Das Durchschnittsalter der Ärzte liegt bei 55 Jahren. (kabe)

    Zu diesem Thema gibt es auch einen Kommentar: Auch für Hausärzte muss der Job zum Leben passen

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