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Grab von Nordendorf: Der Reiter von Nordendorf gibt den Archäologen Rätsel auf

Grab von Nordendorf

Der Reiter von Nordendorf gibt den Archäologen Rätsel auf

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    Zwischen 600 und 700 n, Christus wurde der Mann bestattet.
    Zwischen 600 und 700 n, Christus wurde der Mann bestattet. Foto: Marcus Merk

    Die Forscher wissen weder wie er hieß noch woran er starb. Nur, dass das 1,80-Meter-Mannsbild möglicherweise Rückenschmerzen geplagt haben, die von einem leichten Bandscheibenvorfall herrühren könnten. Zwischen 20 und 40 Jahre alt war der Mann, als man ihn vor über 1300 Jahren in sein Grab legte. Heute gilt der tote Reiter von Nordendorf (Landkreis Augsburg) als einer der besten Zeugen für eine Zeit, aus der es nur wenige Überlieferungen gibt: Das frühe Mittelalter, in dem aus den Menschen im heutigen Bayern die Bajuwaren wurden.

    Ein Zeichen für eine frühe Christianisierung sind diese Kreuze aus Blattgold, die dem Reiterkrieger mitgegeben wurden.
    Ein Zeichen für eine frühe Christianisierung sind diese Kreuze aus Blattgold, die dem Reiterkrieger mitgegeben wurden. Foto: Marcus Merk

    Die Restaurierungswerkstätten des Landesamtes für Denkmalpflege im Herzen von München am Montagvormittag: In dem engen Gewölbe drängen sich Wissenschaftler und Journalisten, Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) kommt dazu. Der Auflauf gilt drei kleinen Kreuzen aus Blattgold, einem Geschirrsatz aus Bronze und einer verbogenen Lanzenspitze aus Eisen. Geborgen wurden sie Ende August neben anderen Fundstücken aus einem bis dahin unentdeckten Grab bei Nordendorf.

    Schon öfter spektakuläre Funde in Nordendorf

    Der knapp 2500 Einwohner zählende Ort zwischen Meitingen und Donauwörth ist Frühmittelalterforschern schon länger ein Begriff. 1844 stießen Arbeiter beim Bau der Bahnlinie nach

    Im Sommer 2019 wurde ein paar hundert Meter südlich des großen Gräberfeldes gegraben. Als die Archäologen das Gerippe eines Pferdes zutage förderten, war der Nordendorfer Bürgermeister Elmar Schöniger noch nicht sonderlich beeindruckt, doch das hat sich inzwischen geändert.

    Gefunden wurden nämlich die Gräber von zwei hochrangigen Persönlichkeiten. In einem lagen die Überreste eines etwa 50 Jahre alten Mannes und ein Zaumzeug, der Rest der Beigaben war vermutlich schon wenige Jahre nach der Bestattung entnommen worden.

    Der Krieger wurde mit seinen Waffen begraben

    Aber Grab Nummer zwei hat die vermutlich mehr als 1300 Jahre unversehrt überstanden. Darin lagen das Skelett des Kriegers, Schwerter, Schild und Lanze sowie ein Zaumzeug. Daneben ein weiteres Grab, in dem das kopflose Pferd bestattet worden war.

    Sehr selten: dieses Bronzegeschirr aus dem Mittelmeerraum.
    Sehr selten: dieses Bronzegeschirr aus dem Mittelmeerraum. Foto: Marcus Merk

    Mehr noch als die Waffen des Reiters von Nordendorf faszinierten die Forscher aber die übrigen Grabbeigaben: die goldenen Kreuze und eine bronzene Kanne sowie eine Geschirrschale. Nicht mehr als 30 derartige Stücke gibt es in ganz Bayern. Die jetzt gefundenen stammen aus dem Mittelmeerraum, wahrscheinlich aus Ägypten.

    Um die Mitte des siebten Jahrhunderts nach Christus, so erklärt es Dr. Ruth Sandner vom Landesamt für Denkmalpflege, wurden die Menschen noch mit den Dingen bestattet, die ihren sozialen Staus widerspiegelten. Die Archäologen sind sich deshalb sicher, auf das Grab eines Angehörigen der Oberschicht gestoßen zu sein. Die Funde ließen auf eine wohlhabende Bevölkerungsgruppe schließen, die auch Kontakte in die Ferne unterhielt. Das kostbare Geschirr aus dem Mittelmeerraum könne als Handelsgut oder Beutestück in Schwaben gelandet sein, so der Chef des Landesamtes, Generalkonservator Mathias Pfeil. Die Kreuze – sehr frühe Zeichen einer Christianisierung, sind die ersten Kreuzfunde in Nordendorf überhaupt. Pfeil: "Dieser Krieger muss was ganz Besonderes gewesen sein."

    Schlummern im Erdreich weitere Überraschungen?

    Möglicherweise, sagt Ruth Sandner, wurden die jetzt gefundenen Gräber bewusst getrennt vom übrigen Gräberfeld angelegt. Das müssten die Forscher nun herausfinden. Denn die neuen Funde von Nordendorf sind noch lange nicht vollständig ausgewertet, in der Nachbarschaft schlummern im Erdreich womöglich weitere Überraschungen.

    Der Reiter von Nordendorf hat aller Wahrscheinlichkeit nach zum Germanen-Volk der Alamannen gehört, die landläufig gerne als Vorfahren der Schwaben bezeichnet werden, aber genauso in die Ahnentafel der Bajuwaren gehören. Diese, so ist der aktuelle Stand der Forschung, sind nämlich das Ergebnis einer Verbindung von germanischen Einwanderern und romanischen Bewohnern, die im Laufe der Zeit zu einem Volk zusammenwuchsen.

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