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Gesetz: Homo-Ehe: Mehr als nur ein Wort

Gesetz

Homo-Ehe: Mehr als nur ein Wort

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    Homo-Ehe: Mehr als nur ein Wort
    Homo-Ehe: Mehr als nur ein Wort

    Immer wenn er das Wort „Lebenspartnerschaft“ hört, dann stellen sich bei Siegfried Pflips-Schurig die Nackenhaare auf. Der 51-Jährige bezeichnet sich als glücklich verheiratet – mit einem Mann. 2004 zog er der Liebe wegen von Leipzig nach Wörleschwang, einen Ortsteil von Zusmarshausen, fühlt sich nach nun zwölf Jahren im katholischen Bayern bestens integriert.

    Als sein erster Mann starb, war die Welt für Homosexuelle in Deutschland noch eine andere. Pflips-Schurig bekam keine Witwerrente, steuerlich wurde er wie ein Single behandelt. Auch die Lebenspartnerschaft mit seinem derzeitigen Mann musste noch vor dem Notar geschlossen werden. Vieles hat sich mittlerweile geändert. Nur verheiratet im rechtlichen Sinne ist Siegfried Pflips-Schurig noch immer nicht. „Das ist so was von bekloppt. Wir sagen alle: Wir sind verheiratet“, sagt er, regt sich auf. „Was bin ich denn dann als Witwer? Entschachtelt?“

    Nach dem deutlichen Ja im ausgerechnet erzkatholischen Irland zur Homo-Ehe erhofft er sich nun auch die volle Gleichstellung der Schwulen und Lesben in Deutschland. „Wir nehmen doch niemandem etwas weg. Ein paar Leute haben nur das Problem, das Kind auch beim Namen zu nennen.“ Dabei sei die Gesellschaft längst so weit, Homosexuelle zu tolerieren. „Bei der Freinacht, beim Feuerwehrball, da sind wir überall dabei. Wir sind in Wörleschwang gut integriert.“

    Dass es in Wörleschwang aber auch andere Meinungen gibt, musste das Paar Björn Eberle und Horst Fritze erfahren. Fritze wollte in den Pfarrgemeinderat – ein Versuch, der wegen seiner sexuellen Ausrichtung fehlschlug (wir berichteten), zumal der ehemalige Benediktinermönch seit 2007 unter der Haube ist.

    Die Reaktion der katholischen Kirche auf den Entscheid in Irland hält Björn Eberle nicht für aussagekräftig. „Das ist wirklich ein Minibruchteil der Gesellschaft. Die katholische Kirche ist für mich kein Maßstab. Die ist zu weit weg von der Realität.“ Nach Eberles Eindruck haben nicht nur die Wörleschwanger inzwischen Vorurteile abgebaut. „Man denkt immer, dass vor allem die älteren Menschen ein Problem haben – aber das stimmt nicht. Die gehen hier recht offen damit um. Es sind eher die Jugendlichen, die mal pöbeln“, sagt Eberle. Der Rest aber sei tolerant. Das liege auch an ihrem eigenen Verhalten, glaubt Eberle. „Wir laufen ja nicht bunt durch die Gegend oder dauernd händchenhaltend. Wir sind normale Menschen mit alltäglichen Sorgen wie jeder andere auch.“

    Zumindest privat hält er sich daran, auf der Bühne ist er manchmal als Travestiekünstler unterwegs, verkleidet sich als Frau. „Aber nur auf der Bühne“, stellt er klar. „Ich bin ein Mann, und ich will auch nichts anderes sein.“ Von einer Homo-Ehe erhofft er sich vor allem einen Impuls für noch nicht geoutete Schwule und Lesben. „Eigentlich ist es nur ein Wort. Aber es geht auch darum, in der Gesellschaft akzeptiert zu werden. Es würden sich mehr Homosexuelle zeigen, wenn es gleich gestellt wäre“, ist sich der 40-jährige Björn Eberle sicher. Und vielleicht würden auch mehr Paare Kinder adoptieren. „Ich habe mich dagegen entschieden, nicht weil ich keine wollte. Sondern weil ich dem Kind die Diskriminierung durch andere Kinder nicht antun will. Kinder können grausam sein.“

    In Zusmarshausen gab es erst eine standesamtlich geschlossene Lebenspartnerschaft, 2010. Seit 2009 ist dies an bayerischen Standesämtern möglich. „Das war wie bei einer normalen Ehe auch“, erinnert sich Standesbeamtin Christine Egner. „Ich habe das alles als sehr angenehm empfunden, die beiden Männer haben sich wie ein Ehepaar verhalten.“ Etwas mehr Erfahrung damit hat ihre Neusässer Kollegin Claudia Diehl. Vier gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schließt sie pro Jahr ab. „Das kann man schon eine Trauung nennen. Die Paare geben sich meistens besonders viel Mühe bei der Zeremonie“, sagt sie. Ein Paar etwa habe als Motto den „Hafen der Ehe“ gewählt und ein kleines Schiff durch das Amt getragen. „Da sind zwei Liebende, die sich binden und eine Familie gründen.“ Ein gemeinsamer Name sei bei den Paaren meist ein zentrales Anliegen.

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