Startseite
Icon Pfeil nach unten
Augsburg Land
Icon Pfeil nach unten

Gersthofen: Wie aus dem Gersthofer Loch eine Potenzialfläche wurde

Gersthofen

Wie aus dem Gersthofer Loch eine Potenzialfläche wurde

    • |
    Vor zehn Jahren rückten die Bagger an und schufen mitten im Stadtzentrum das "Gersthofer Loch", heute Potenzialfläche genannt.
    Vor zehn Jahren rückten die Bagger an und schufen mitten im Stadtzentrum das "Gersthofer Loch", heute Potenzialfläche genannt. Foto: Marcus Merk (Archivfoto)

    Es ist auf den ersten Blick ist eine simple, unattraktive Brachfläche mitten im Gersthofer Zentrum. Doch seit zehn Jahren ist das „Gersthofer Loch“ der große Aufreger, um welchen die Stadtpolitik kreist und welcher die Stadt bisher circa 20 Millionen Euro gekostet hat. Im Zuge der Auseinandersetzungen um eine künftige Bebauung wurde gar ein Bürgermeister – Jürgen Schantin – gestürzt und die CSU verlor ihre Mehrheit im Stadtrat und das Bürgermeisteramt.

    Es startete als ein Einzelhandelsprojekt, das der Dasinger Investor Peter Pletschacher etablieren wollte. Die Stadt hatte es 2008 versäumt, zuzugreifen, als die Grundstücke zum Kauf standen. Doch von Anfang an gab es Diskussionen über die Gestaltung des zunächst "Forum Gersthofen" genannten Projekts. Im Laufe der Jahre wurde die ursprünglich ausschließlich für innerstädtischen Einzelhandel angelegte Planung für das 7000 Quadratmeter große Areal mehrmals deutlich verändert und angepasst, um den Wünschen der Stadt und ihrer Bewohner entgegenzukommen.

    Auch in der Bevölkerung wurden Pletschachers Pläne kontrovers diskutiert. Der Investor erhielt sogar ein anonymes Schreiben, in welchem er massiv bedroht wurde. Schließlich stellte Pletschacher für mehrere Jahre alle Aktivitäten ein, als eine Stadtratsmehrheit mit einem Grundsatzbeschluss alle bisherigen Planungen wieder auf null stellte.

    Aus der Luft sieht man die seit zehn Jahren klaffende Baulücke im Gersthofer Zentrum besonders gut.
    Aus der Luft sieht man die seit zehn Jahren klaffende Baulücke im Gersthofer Zentrum besonders gut. Foto: Marcus Merk

    Es gab sogar zwei Bürgerbegehren, weil der Investor für seine Pläne die Strasser-Villa, in welcher sich derzeit das Gersthofer Kulturamt befindet, abreißen wollte und dies eine Initiative um den früheren Bürgermeister Siegfried Deffner verhindern wollte. Bei einem Bürgerentscheid im Februar 2017 stimmte eine knappe Mehrheit der Wähler dafür, dass die Villa verkauft und abgerissen werden darf. Dieses Geschäft kam aber nicht zustande, von den Abrissplänen nahm man wieder Abstand.

    Gersthofer Loch: Mittelalterliche Skelette gefunden

    Im Februar 2011 waren die Bagger angerückt, die alte Bebauung wurde abgerissen. Bei den Aushubarbeiten wurden vier Gräber samt Inhalt gefunden, die noch im selben Monat geborgen werden konnten. Die zum Vorschein gekommenen Skelette aus dem frühen Mittelalter wurden in der Anthropologischen Staatssammlung in München gebracht und dort untersucht.

    Gräber aus dem frühen Mittelalter wurden bei den Abbrucharbeiten in Gersthofen von Alexandra Völter (Firma Archbau) und Grabungstechniker Matthias Fendt vom Bayerischen Amt für Denkmalpflege  geborgen.
    Gräber aus dem frühen Mittelalter wurden bei den Abbrucharbeiten in Gersthofen von Alexandra Völter (Firma Archbau) und Grabungstechniker Matthias Fendt vom Bayerischen Amt für Denkmalpflege geborgen. Foto: Marcus Merk

    Im Herbst 2018 verkaufte Peter Pletschacher schließlich das Grundstück an den Augsburger Investor Johann Pfoo. Nach Informationen unserer Redaktion lag der Kaufpreis im Bereich von 17 Millionen Euro. Doch auch der neue Eigentümer konnte keine Einigung mit der Stadt zustande bringen und verkaufte das "Loch" im Oktober 2019 an den Investor Bernd Schwarz aus Pullach. Die Stadt machte diesmal von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und erwarb Anfang 2020 das Grundstück zum Preis von rund 20 Millionen Euro. Seitdem wird das Areal offiziell als "Potenzialfläche" bezeichnet.

    Erstmals kann die Stadt Gersthofen selbst über Brachfläche entscheiden

    Nach derzeitigem Stand wolle die Stadt auf der Brachfläche eine Fläche für alle Generationen schaffen, erklärt Bürgermeister Michael Wörle auf Anfrage unserer Redaktion. "Erstmals definieren wir jetzt selbst, was dort hinkommen soll, und nicht ein Investor." Das Areal wird als Teil einer umfangreicheren Gestaltung des Gersthofer Stadtzentrums gesehen.

    Rein technisch geprüft und als möglich erachtet wurde eine neue Einfahrt in die Rathaustiefgarage. Diese könnte an der Schulstraße zwischen Polizei und Stadthotel in den Boden führen. "Der Kanal und die Leitungen in der Bahnhofstraße, die unterquert werden muss, sind dabei kein Hinderungsgrund." Mit dieser neuen Einfahrt könnten die Rampe zur Rathaustiefgarage neben dem Wirtshaus zum Strasser geschlossen werden. Damit könnte ein weiteres Ziel - die Verbindung von Rathausplatz und Potenzialfläche über die dann gesperrte

    Eine Lösung für den Verkehr in der Gersthofer Bahnhofstraße?

    Denn derzeit ist angedacht, den Verkehr von der Bahnhofstraße ab der Kreuzung zur Mendelssohnstraße über die Ludwig-Thoma-Straße und eine neue Spange auf der Nordseite der Potenzialfläche über einen Kreisverkehr auf die Donauwörther Straße zu lenken. "Weil dann an der Strasserkreuzung eine Richtung wegfällt, wird diese entlastet", so Bürgermeister Michael Wörle. Ob im Norden der Potenzialfläche künftig auch eine kleine Einzelhandels- oder Wohnbebauung entstehen soll, ist derzeit noch nicht geklärt.

    Der Investor Bernd Schwarz erwarb im November 2020 mit seiner BS Wohnbau GmbH die Ladenpassagen und das Parkplatzgrundstück des City-Centers von der VIB Immobilien in Neuburg an der Donau. Laut Bürgermeister Michael Wörle gibt es erste Gedanken über eine Erweiterung der Einzelhandelsflächen unter dem Stadtpark.

    Lesen Sie auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden