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Gersthofen: Wechsel und Beständigkeit: Das tut sich im Gersthofer Handel

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Wechsel und Beständigkeit: Das tut sich im Gersthofer Handel

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    Rolf Thiel (Bild), Inhaber des Weinladens Lemberger, hat festgestellt, dass sich das Einkaufsverhalten geändert hat. Die Kunden seien qualitätsbewusster geworden.
    Rolf Thiel (Bild), Inhaber des Weinladens Lemberger, hat festgestellt, dass sich das Einkaufsverhalten geändert hat. Die Kunden seien qualitätsbewusster geworden. Foto: Siegfried P. Rupprecht

    Der Wandel im Handel: Martin Schaner kann ihn aus nächster Nähe beobachten. Allein in seiner Straße hätten in den vergangenen Jahren etliche Geschäfte geschlossen, erzählt der Inhaber der Parfümerie Kirner an der Augsburger Straße. Er erinnert sich beispielsweise an einen Schreib- und Spielwarenladen, an die Sport-Ecke und die Metzgerei Binswanger. Neue seien hinzugekommen, wie unlängst Cumpanum Brot und Brezn.

    Bei Schaner dagegen herrscht Beständigkeit. „Wir sind seit 1899 ein inhabergeführtes Traditionshaus, residieren im eigenen Gebäude und orientieren uns tagtäglich an den Sortimentswünschen unserer Kunden“, betont Schaner. „Darüber hinaus betreiben wir für unsere Produkte einen eigenen Online-Shop.“ Damit sei seine Parfümerie bestens aufgestellt und nah am Puls der Zeit.

    Ansprüche der Gersthofer Kunden haben sich gewandelt

    Die Ansprüche der Kunden haben sich gewandelt und bei Weitem nicht alle Händler in der Stadt haben damit Schritt gehalten, urteilt das Beratungsunternehmen Cima in einer Untersuchung im Auftrag der Stadt, in der Gesamtschau sei die Wettbewerbsfähigkeit „eher mäßig“. Einst bewährte Konzepte sind oft nicht mehr ausreichend, um die heutigen Erwartungen der Kunden zu erfüllen.

    „Definitiv sind Kunden heute anspruchsvoller als noch vor ein paar Jahren“, pflichtet Alois Huber vom Autohaus Huber & Söhne im Ortsteil Batzenhofen bei. Er nennt auch Gründe dafür: „Die Kunden kennen sich besser aus als früher.“ Heute kämen sie, nicht zuletzt durch die fortschreitende Digitalisierung, bereits mit viel Detailwissen, aussagekräftigen Informationen und Preisvergleichen ins Autohaus.

    Darüber hinaus seien die Kaufinteressenten, zumindest in seinem Segment, auch preisbewusster geworden. In den letzten Jahren hätten starkes Design und viel PS unter der Haube die Herzen höherschlagen lassen. „Heute sind Leistung und Optik zwar nach wie vor wichtig, aber mehr unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten.“ Zudem sei der Nimbus Statussymbol abgeschmolzen. Angepasst habe sich sein Autohaus darauf mit Kompetenz vor Ort, umfassendem Service und Persönlichkeit. „Vertrauen hat in unserer Branche eine sehr hohe Priorität“, resümiert Huber. „Diesen Faktor leben und praktizieren wir.“

    Auch das Interesse der Autokäufer hat sich gewandelt, weiß Alois Huber vom Autohaus Huber in Batzenhofen. Neben starkem Design und viel PS geht es heute um Ökologie und Ökonomie.
    Auch das Interesse der Autokäufer hat sich gewandelt, weiß Alois Huber vom Autohaus Huber in Batzenhofen. Neben starkem Design und viel PS geht es heute um Ökologie und Ökonomie. Foto: Siegfried P. Rupprecht

    Gersthofer Händler: Zugenommen haben spezielle Wünsche

    Zugenommen haben auch die speziellen Kundenwünsche. In diesem Punkt seien kleine Unternehmen natürlich im Vorteil, sie zu erfüllen, sagt Rolf Thiel, Inhaber des Weinladens Lemberger an der Ludwig-Hermann-Straße. „Diese Flexibilität ist unser Kapital.“ Vor allem junge Menschen würden mehr Wert auf Qualität legen. Das habe bei ihm aber auch damit zu tun, dass sein Geschäft eine tiefgehende Beratung biete und auch Weinproben.

    In die gleiche Kerbe schlägt Otto Hengster von Tamaro Fashion an der Bahnhofstraße. Er bestätigt, dass seine Kunden ebenso eine fundierte Beratung schätzen. „Wir legen großen Wert auf gut ausgebildetes Personal“, betont er. „Wir geben Tipps und Tricks, damit unsere Kundschaft gut aussieht und sich auch so fühlt.“ Bei anderen Modegeschäften seien profunde Ratschläge immer seltener. „Damit profitieren wir von der Schwäche der anderen Anbieter“, gesteht er.

    Den Veränderungen im Bereich der Qualitätsanforderungen begegnet Özcan Celep mit Strategie. Um Jung und Alt ins Geschäft zu locken und die Stammkundschaft zu behalten, versucht der Inhaber des Café TaXim im Hery-Park Gastronomie zu leben. Er propagiert das Miteinander mit den Gästen. Denn er weiß, die Zeit der Stammkundschaft aus Tradition ist vorbei.

    Viele Geschäfte setzen auf Service und Beratung

    Unisono stellen die Befragten fest, dass mit Begeisterung im Internet eingekauft wird. Vor allem die niedrigen Preise und die große Auswahl würden den Einkauf per Mausklick interessant machen. Gleichzeitig betonen sie, dass der stationäre Einzelhandel dadurch nicht immer den Kürzeren ziehen müsse. Das Zauberwort heiße Service und Beratung, verdeutlichen sowohl Alois Huber als auch Rolf Thiel und Otto Hengster. Dafür nähmen Kunden ihrer Erfahrung nach eine weite Anfahrt in Kauf.

    Dass das jedoch nicht immer klappt, dafür steht Betten-Haug. Inhaberin Traudi Lenz sorgte in ihrem Geschäft an der Ludwig-Hermann-Straße bis Ende 2018 fast vier Jahrzehnte lang für ein perfektes Schlafgefühl mit wohligen Bettdecken, hochwertigen Matratzen, erstklassigen Füllungen und individuellen Maßanfertigungen. „Die Leute ließen sich bei uns fachkundig über die Produkte beraten und Prospektmaterial mitgeben und bestellten dann zu Hause etwas günstiger im Internet-Shop“, rekapituliert Ehemann Max Lenz senior. Das habe letztlich mit zur Geschäftsaufgabe beigetragen. Derzeit werde nur noch die Bettenreinigung betrieben.

    Lesen Sie dazu auch: Handel im Wandel: Wie Geschäfte in der Innenstadt überleben können

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