Bus- und Bahnfahrten für alle gratis: Der Vorstoß der Bundesregierung für einen kostenlosen Nahverkehr sorgt derzeit für lebhafte Diskussionen. Wie würde so etwas in einer Stadt wie Gersthofen funktionieren? Auch um diese Frage dürfte es sich drehen, wenn am kommenden Montag, 19. Februar, in der Stadthalle der Fachdialog „Stadt entwickelt Mobilität“ ab 19 Uhr über die Bühne geht.
Hinter dem sperrigen Titel verbirgt sich ein brisantes Thema, das alle angeht: Mit welchen Mitteln bewegen sich die Menschen in Zukunft fort – und zu welchem Preis? Für den Gastgeber, Gersthofens Bürgermeister Michael Wörle, ist klar, auch in seiner 22000-Einwohner-Stadt führt die bisherige Verkehrspolitik auf Dauer in die Sackgasse. Angesichts ständig steigender Zulassungszahlen und Staus auf den Schnellstraßen rund um die Stadt sagt Wörle: „Wir bekommen ein Mengenproblem.“
Bisher in Gersthofen abgelehnt
Und wie bekommt man dieses in den Griff? Mit kostenlosem Nahverkehr? Mit einem besseren Anschluss ans Augsburger Straßenbahnnetz, den die Gersthofer Stadtpolitik in früheren Jahren stets abgelehnt hat? Denkanstöße könnte am Montag ab 19 Uhr der renommierte Verkehrsplaner Prof. Gebhard Wulfhorst von der TU München liefern, bevor es unter der Moderation von Christoph Frey (Augsburger Allgemeine) in die Debatte geht.
Immer wieder für Diskussionen sorgt die zunehmende Verkehrsbelastung auf Autobahn und B2. Der Verkehrsknoten Gersthofen entwickelt sich in den Morgenstunden zunehmend zur zeitraubenden Staufalle. Wie ein Pendler die Situation erlebt, kann der Gersthofer Helmut Schütz sicher nachvollziehen. Denn er arbeitet in München als Chef der Obersten Baubehörde des Innen- und Verkehrsministeriums. Schütz weiß damit aus erster Hand, wie viel noch geht beim Straßenbau. Am Montag kann er darüber erzählen.
Leistungsfähige Verbindungen wichtig
Auf leistungsfähige Verkehrsverbindungen legt auch Reinhold Braun wert. Der Sortimo-Chef vertritt als Vorsitzender der IHK-Regionalversammlung für das Augsburger Land die Interessen der Wirtschaft. Als Unternehmer setzt Braun mit dem Fahrzeugausstatter Sortimo übrigens durchaus auch auf die Verkehrswende. Bei Zusmarshausen entsteht derzeit die größte Stromtankstelle der Welt, mit elektrischen Lastenfahrrädern baut sich Sortimo ein weiteres wirtschaftliches Standbein auf.
Innovationen dieser Art von heimischen Unternehmen freuen den Augsburger Landrat Martin Sailer sicher. In Gersthofen wird er in erster Linie als Aufsichtsratsvorsitzender des Verkehrsverbundes AVV auf der Bühne sitzen. Dessen Preispolitik wird seit einer Tarifreform zum Jahreswechsel kontrovers diskutiert, vor allem in Augsburg laufen Fahrgäste Sturm. Sailer kann schildern, was aus seiner Sicht möglich und politisch durchsetzbar ist.
Denn letzten Endes wird es wieder ums Geld gehen. Für den Verkehrsverbund AVV etwa ist von rund 70 Millionen Euro die Rede, die ein kostenloser Nahverkehr im Großraum Augsburg kosten würde – jährlich.
Doch bevor man daran denkt, sollte man zuerst einmal die Ausstattung im Nahverkehr verbessern. Diese Auffassung vertritt Ingo Wortmann, quasi im Nebenberuf Aufsichtsratsmitglied der Gersthofer Verkehrsgesellschaft (GVG). Im Hauptberuf ist Wortmann Chef der Münchner Verkehrsbetriebe und damit zuständig für den Nahverkehr im größten bayerischen Ballungsraum. Gleichgültig, ob München oder Augsburg: Zuerst müsse die Infrastruktur und damit die Qualität der Beförderung passen, sagt Wortmann.
Dass es in Sachen Qualität durchaus Luft nach oben gibt, belegt ein gestern veröffentlichtes Qualitätsranking der Bayerischen Eisenbahngesellschaft. Darin belegt der Nahverkehrszug Fuggerexpress, den auch in Gersthofen täglich viele Menschen benutzen, Platz 18 von insgesamt 28. Im Vorjahr hatte es trotz schlechterer Noten noch zu Platz 17 gereicht. Aber andere Angebote wurden eben schneller besser. (AL, cf)
Termin Der Fachdialog „Stadt entwickelt Mobilität“ findet in der Gersthofer Stadthalle am kommenden Montag, 19. Februar, statt. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr.