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Gersthofen: Das Gersthofer Musikhaus schließt nach fast 50 Jahren

Gersthofen

Das Gersthofer Musikhaus schließt nach fast 50 Jahren

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    Nach 48 Jahre muss Gabriele Deiser das Musikzentrum Gersthofen schließen.
    Nach 48 Jahre muss Gabriele Deiser das Musikzentrum Gersthofen schließen. Foto: Diana Zapf-deniz

    Nach beinahe einem halben Jahrhundert hat das Musikzentrum Deiser in Gersthofen in der Annastraße Nähe Festplatz für immer geschlossen. Gabriele Deiser steht gefasst mit einem zuversichtlichen und einem weinenden Auge in ihrem Musikgeschäft.

    „Ich musste mich für diesen Entschluss ein Jahr lang durchringen“, erzählt die kleine, zierliche Frau, die bereits mit 15 Jahren selbst Unterricht im Musikstudio gab. „Die Schließung hat gesundheitliche Gründe und ich darf diesen großen Aufwand nicht mehr betreiben“, berichtet sie. Denn wenn sie das Musikzentrum nur mit halber Kraft machen kann, könne sie es nicht halten. „Irgendwann muss man Farbe bekennen, auch wenn es nicht leicht fällt.“ Andererseits sei sie auch ein Stück weit froh, da sie nun dringend auf sich selbst achten müsse.

    Übergabe der Räume des Musikhauses ist Ende des Monats

    Die Übergabe der Räume findet Ende April statt. Der Räumungsverkauf konnte aufgrund der Coronakrise nur im März stattfinden, den April darf sie nicht mehr dafür nutzen. Im Laden stehen noch einige Musikinstrumente herum, viele Kisten und auch ein paar Gitarren hängen im Schaufenster. Behutsam nimmt sie das Bild ihres vor zwei Jahren verstorbenen Mannes Xavier Deiser, der soeben seinen 90. Geburtstag gehabt hätte, ab. Er eröffnete das damalige Orgelstudio am 1. Februar 1972 in der Ludwig-Herrmann-Straße 81a in 8906 Gersthofen. Gabriele Deiser war damals gerade ein Mädchen von zehn Jahren und hatte bereits zweieinhalb Jahre Unterricht auf der Heimorgel bei ihm. Im musischen Gymnasium Maria Stern lernte sie, die Kirchenorgel zu spielen.

    Die Geschichte des Musikzentrums ist nicht nur eine musikalische Erfolgsgeschichte, sondern auch eine ganz persönliche Liebesgeschichte, die gerade zu Beginn viele Kritiker hatte. „Mein Mann war über 30 Jahre älter als ich. Heuer hätten wir unser 50-jähriges Kennenlernen“, sagt sie und ihre Augen glänzen bei den Gedanken an ihren Mann. „Zwischen meinem Mann und mir hat die 36 Jahre, die wir als Paar zusammen waren, kein Blatt Papier gepasst. Auch nicht in der schlimmen Zeit, als er alt und krank wurde.“ Deiser hat zwei Töchter und ein Enkelkind.

    Umzug von Gersthofen nach Meitingen

    „Ich bin sehr dankbar und möchte keinen Tag missen. Das hat alles so sein müssen“, ist die leidenschaftliche Musikerin überzeugt, die in Kürze nach Meitingen ziehen wird. „Mit 19 Jahren bin ich dann bei meinem Mann hängen geblieben“, lacht sie und weiß noch wie heute: „Er zeigte mir Pfingsten 1982, wie man Olé Guapa spielt und da hat es gefunkt.“ Bei ihren Erzählungen spürt man bei jedem Wort und jeder Geste, dass sie ihren verstorbenen Mann stets hoch geschätzt und bewundert hat.

    Gabriele Deiser gab bereits mit 15 Jahren selbst Unterricht im Musikstudio.
    Gabriele Deiser gab bereits mit 15 Jahren selbst Unterricht im Musikstudio. Foto: Diana Zapf-Deniz

    Nach ihrer Lehre ging sie für immer zu ihm ins Geschäft, war seine rechte Hand und stand zu jeder Zeit hinter ihm. „Wir waren stets voll, hatten unzählige Schüler, deren Kinder und Kindeskinder zum Unterricht kamen. Es war ein tolles Klientel und es hat mir großen Spaß gemacht. Ich möchte mich bei allen für die Freundschaft und Treue bedanken“, sprudelt es nur so aus der Musiklehrerin, die auf zehn Instrumenten Unterricht gab, heraus. Umgekehrt erhält sie nahezu täglich Abschiedsbriefe, Karten und Blumen und ist dabei zu Tränen gerührt und auch ein wenig stolz: „Dann haben wir doch alles richtig gemacht.“

    Zeitungsartikel einstiger Schüler in Gersthofen

    An der „Wall of Fame“ hängen Zeitungsartikel einstiger Schüler, die den Sprung nach oben geschafft oder bei ihr bis zuletzt Unterricht gegeben haben wie etwa Organist Marius Herb, Pianist Tyron Kretzschmar, Violinist Nico Franz, John Garner, Schlagzeuger Nick Herrmann sowie Schlagersänger Michi Glück. Deiser zeigt im Laden in eine Ecke: „Das sind rund 100 Ordner voller Noten, die ich selbst geschrieben habe; stapelweise jede Woche.“ Für ihre Instrumentalisten hat sie stets gerne Arrangements erstellt. In den 48 Jahren gab es rund 200 Konzerte. Gerne denkt sie an das zehnjährige Jubiläum im Gasthof Strasser zurück, als es noch keine Stadthalle gab, aber auch an die großen Jubiläumskonzerte zum 25. und 40. Bestehen mit musikalischen Größen wie Roman Sterzik und George Fleury.

    Mehrmals gelang es ihr, Überraschungskonzerte für ihren Mann zu seinen runden Geburtstagen zu organisieren, unter anderem Auftritte mit 250 Schülern und Ehemaligen ihm zu Ehren. „Der Antrieb meines Mannes und mir war, dass die Musik so wertvoll ist, dass sie jedem etwas bringt, der ein bisschen Interesse hat.“ Abgewiesen habe sie so gut wie nie jemanden. „So lange jemand gerne kommt, gebe ich nicht auf. Bei manchen dauert es halt nur länger bis es klappt, aber es wird.“ Zuletzt nimmt Gabriele Deiser ein Bild des im Jahr 2000 gebauten Hauses von der Wand. Das gebastelte Kunstwerk bekamen sie einst von Schülern: Ein musikalisches Klassenzimmer mit der alten Anschrift. Erinnerungen, die in ihrem Herzen bleiben und die sie mit in ihr neues Zuhause nehmen wird.

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