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Gersthofen: Corona-Krise: Jeder Gewerbetreibende kämpft, aber auf solider Basis

Gersthofen

Corona-Krise: Jeder Gewerbetreibende kämpft, aber auf solider Basis

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    Nicht nur das Kinderkarussell im Gersthofer City-Center war während der Corona-Ladenschließungen außer Betrieb. Die Gewerbetreibenden traf der Lockdown teilweise hart.
    Nicht nur das Kinderkarussell im Gersthofer City-Center war während der Corona-Ladenschließungen außer Betrieb. Die Gewerbetreibenden traf der Lockdown teilweise hart. Foto: Marcus Merk

    Die Corona-Krise hat vielen Industriebranchen im Augsburger Land einen wirtschaftlichen Absturz beschert. Aber auch Gewerbetreibende, kleine Unternehmen und Selbstständige stehen immer öfter mit dem Rücken zur Wand. Von einem Absturzszenarium will der Zweite Vorsitzende der Gersthofer Ortsgruppe des Bundes der Selbständigen (BDS), Alexander Döll, dennoch nicht sprechen, vor allem nicht vor Ort. Hier sei das Gewerbe trotz Corona-Krise nach wie vor generell solide aufgestellt.

    Als Grund dafür nennt Döll, der als selbstständiger Rechtsanwalt tätig ist, den Unternehmenstyp. „In Gersthofen gibt es viel alteingesessenes Gewerbe und zahlreiche Familienbetriebe.“ Sie seien nicht nur regional verankert, sondern vereinen Risiko und Kontrolle in einer Hand, planen krisenfest und haben Rücklagen angesammelt. Rund 50 Mitglieder weist der örtliche BDS auf. „Mir ist keine drohende Insolvenz aufgrund der Corona-Pandemie bekannt“, resümiert Döll.

    Stimmung der Gersthofer Gewerbetreibenden ist nicht rosig

    Dass die Stimmung unter den Gersthofer Gewerbetreibenden trotzdem nicht rosig ist, liegt auf der Hand. Die wenigsten erhoffen sich eine rasche Erholung ihrer eingebrochenen Umsätze. Viele richten sich auf magere Zeiten ein. Besonders schlecht ist die Stimmung im Gastronomie- und Hotelgewerbe. „Dort leben die Inhaber vor allem von Veranstaltungen, Seminaren und Feiern“, berichtet der stellvertretende BDS-Chef. Diese seien massiv eingebrochen.

    Bestätigt wird dies von Karoline Hrachowina vom Hotel-Restaurant Römerstadt an der Donauwörther Straße. „Selbstverständlich sorgen wir uns um unsere Existenz“, teilt sie auf Nachfrage mit. Für ihre Branche sei dies ein ganz schwieriger Weg. „Seit sieben Jahren fließen Herzblut und Schweiß in unseren Betrieb. Und plötzlich fehlen nahezu komplett die Einnahmen und das Miteinander mit den Gästen.“ Gerade Letzteres sei als Dienstleistungsunternehmen eine harte Sache, die auch emotional trifft. „Da wir in den letzten Jahren gut gewirtschaftet haben, sind wir bislang noch glimpflich davongekommen.“

    Tourismus stärker getroffen als die Gastronomie?

    Viel stärker getroffen als die Gastronomie sei der Tourismus, sagt Gaby Riss. „Die Reisebüros hatten wochenlang sozusagen Berufsverbot“, klagt die Inhaberin des TUI-Reisecenters an der Bahnhofstraße. Allein die Stornierungswelle wegen der Corona-Pandemie hätte Arbeit ohne Ende gebracht, aber keine Provision. „Wir kämpfen ums Überleben.“ Auf die Politik mit ihrer staatlichen Finanzhilfe ist sie sauer. „Die kann unsere Branche komplett vergessen“, ärgert sie sich. Umfassende Hilfe erhalte nur die Industrie. Die Nachfrage nach Urlauben laufe zwar zögernd an, dennoch betrachte sie sich als Verliererin in der Corona-Krise.

    Die Inhaberin des Gersthofer TUI-Reisecenters klagt, dass die Tourismusbranche besonders hart getroffen wurde.
    Die Inhaberin des Gersthofer TUI-Reisecenters klagt, dass die Tourismusbranche besonders hart getroffen wurde. Foto: Julian Stratenschulte, dpa (Symbol)

    Nicht so krass sieht es Joachim Frey von Auto Frey an der Flotowstraße. Obwohl: Auch er hadert mit der Politik. Es sei weder eine zweite Abwrackprämie noch eine Kaufprämie gekommen, um seiner Branche aus der Absatzkrise zu helfen. Dieses „Hinhalten“ habe ihn verschnupft. Eine Überlebensgefahr des Autohauses bestehe aber nicht, betont der Geschäftsführer. Während des Corona-Lockdowns sei zwar der Fahrzeugverkauf zum Erliegen gekommen, doch die Werkstatt weitergelaufen. Joachim Frey hofft nun auf die Senkung der Mehrwertsteuer, um die Nachfrage nach Neuwagen anzukurbeln. „Darüber hinaus werden wir im Verbund mit unserem Hersteller die eine und andere Kundenaktion durchführen.“

    Es kam kaum noch Kundschaft in Gersthofen

    Auch an Michael Grashei ist die Corona-Krise nicht spurlos vorbeigegangen. Dabei hätte er sein Ladengeschäft mit Orthopädieschuhtechnik offen lassen können, weil es der Grundversorgung dient. Doch es kam kaum noch Kundschaft. So musste er seinen Betrieb für sechs Wochen schließen und für sein Personal Kurzarbeit anmelden. Existenzängste habe er allerdings nicht, sagt er. In seiner Branche werde sich alles wieder einpendeln und der Ansturm später einsetzen. Viel Aufwand hätte aber die Umsetzung der Mehrwertsteuersenkung bereitet. „Das hat viel Zeit und Geld gekostet“, so Grashei.

    Nur gute Erfahrung hat Peter Kraffczyk vom gleichnamigen Friseursalon an der Ludwig-Hermann-Straße mit der staatlichen finanziellen Sofortmaßnahme gemacht. Das sei schnell und unproblematisch über die Bühne gegangen, urteilt er. Für alle getroffenen Beschränkungen und Vorkehrungen habe er volles Verständnis. Vor allem freut es ihn, dass ihm alle Kunden nach zweimonatigem Stillstand die Treue gehalten haben. „Das bedeutete für mich anfangs eine 60-Stunden-Woche“, erzählt Kraffczyk lächelnd.

    Kundenansturm beim Gersthofer Zweiradgeschäft

    Während Gaby Riss die Touristikbranche als Verlierer sieht, erlebt Zweirad Hofer an der Dieselstraße nach der Zwangspause einen regelrechten Kundenansturm. Aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus steigen viele Menschen auch für den Arbeitsweg auf das Fahrrad. Alex Hofer ist sich jedoch sicher, dass dieser Boom nicht auf Dauer anhält. „Alles wird sich wieder normal einpendeln“, teilt er mit.

    Hörbar ist in den Gesprächen nach dem Rückgang der Infektionen aber immer wieder die Angst vor einer zweiten oder dritten Corona-Welle. Und dann kann es auch bei noch stabilen Unternehmen plötzlich ganz anders aussehen.

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