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Gersthofen: Ärztenotstand in Gersthofen? So gut ist die Versorgung wirklich

Gersthofen

Ärztenotstand in Gersthofen? So gut ist die Versorgung wirklich

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    Ärztesprecher Dr. Jakob Berger sieht keinen Hausärztenotstand in Gersthofen.
    Ärztesprecher Dr. Jakob Berger sieht keinen Hausärztenotstand in Gersthofen. Foto: Marcus Merk (Archivfoto)

    Als bekannt wurde, dass zum Jahresende 2020 die Schließung des Medizinischen Versorgungszentrums Dr. OblingerOblinger in Gersthofen anstand, machte sich unter den teilweise seit Langem von Dr. Wolfgang Oblinger und Dr. Luz Ocampo Hurtado behandelten Patienten große Bestürzung breit. Grund für die Auflösung war zum einen der absehbare Ruhestand des Arztes. Zum anderen wollten die Wertachkliniken, welche die Praxis vor gut zwei Jahren übernahmen, den gastroenterologischen Sitz erhalten und nach Schwabmünchen verlagern, wo es keinen gab. "Wir schaffen dadurch mehr Versorgungsgerechtigkeit", erklärte damals der Vorstand der Wertachkliniken in

    Ärztesprecher sieht für Gersthofen keinen Notstand

    Die bisherigen Patienten des Medizinischen Versorgungszentrums mussten sich neue Ärzte suchen. Dennoch sieht der schwäbische Bezirksvorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbands, Dr. Jakob Berger, der selbst eine Praxis in Meitingen hat, "derzeit keinen Ärztenotstand in Gersthofen". Nach wie vor gebe es in dieser Stadt zwölf Hausärzte. "Ein halber Sitz, der frei war, ging nämlich nach Gersthofen."

    Wo Hausärzte und Fachärzte arbeiten, werde anhand der sogenannten Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) entschieden, so Berger weiter. Deren Landesausschuss legt bei einer jährlichen Tagung fest, wie viele Hausärzte, Fachärzte oder Psychotherapeuten sich in einem bestimmten Gebiet - dem sogenannten Planungsbereich - niederlassen dürfen. So sollen alle Patienten möglichst gleichmäßig Zugang zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung haben. Gersthofen gehöre zum "Mittelbereich Augsburg" des Bedarfsplans. Dazu gehören eben unter anderem auch Schwabmünchen und Bobingen. "Und in diesem Mittelbereich ist derzeit kein Sitz frei - also kann sich im gesamten Bereichsgebiet kein zusätzlicher Arzt ansiedeln." Dies könne sich allerdings monatlich ändern, wenn beispielsweise ein Hausarzt aus Altersgründen seine Praxis schließt.

    Gersthofen als Speckgürtelkommune attraktiv für Ärzte

    Vor allem in den nächsten Jahren werde dies wohl häufiger vorkommen. "Insgesamt ein Drittel der Allgemeinärzte ist über 60 Jahre alt." Insgesamt drohe dann ein Ärztemangel. Berger: "Aber Gersthofen gehört zum Speckgürtelbereich Augsburgs. Da ist es relativ leicht, jemanden zu finden, der eine Praxis übernimmt." Und gerade Gersthofen sei hier als durchaus attraktiver Standort anzusehen. Hier hat Berger nicht so große Sorgen. "Eng werden wird es aufgrund der Altersstruktur in den nächsten Jahren eher auf dem Land im Bereich Zusmarshausen und Dinkelscherben sowie in Nordschwaben, beispielsweise Donauwörth-Nord und Dillingen."

    An der Zahl der Medizinstudierenden liege dies nicht, davon gebe es genügend, so Berger weiter. Es liege eher daran, dass viele junge Ärzte sich scheuen, aufs Land zu gehen. Um diesem Effekt gegenzusteuern, habe der Hausärzteverband eine Stiftung, die Studenten einen Zuschuss gibt, wenn sie eine Famulatur auf dem Land ablegen. Die Famulatur ist in der Schweiz, Österreich und Deutschland ein durch die Approbationsordnungen für werdende Ärzte und Apotheker vorgeschriebenes Praktikum von viermonatiger (Medizin) beziehungsweise achtwöchiger (Pharmazie) Dauer.

    Wer als Arzt aufs Land geht, bekommt Unterstützung

    Weiter gebe es eine staatliche Unterstützung in Höhe von 60.000 Euro als Starthilfe, wenn sich ein junger Arzt auf dem Land ansiedle. Hinzu komme eine Landarztquote: "5,8 Prozent aller Medizinstudienplätze gehen an diejenigen, die aufs Land gehen wollen." Dies werde sich allerdings erst in zehn bis zwölf Jahren auswirken. "Die nächsten zehn Jahre werden wir eine kleine Delle in der Arztversorgung erleben." Die gute Nachricht: Die Zahl der Facharztprüfungen steige in den letzten Jahren wieder. Und die Uniklinik könne mit ihren Studiengängen durchaus auch positiv beitragen, hofft Berger.

    Berger hat festgestellt: "Die jungen Kollegen denken teilweise anders, sie wollen oft angestellt sein." Die "Einzelkämpfer" werden seltener, es bilden sich lieber Praxisgemeinschaften. Damit lasse sich auch ein geregelter Alltag besser organisieren, zum Beispiel wenn Frauen und Mütter in Teilzeit arbeiten und Familie haben. "Durch die vor drei Jahren eingeführte Bereitschaftsdienstordnung kann ein Landarzt heute ein relativ normales Leben führen." Denn Stadt und Land würden dadurch gleich behandelt.

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