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Gablingen: KZ-Außenlager: Ein Bett für drei Gefangene

Gablingen

KZ-Außenlager: Ein Bett für drei Gefangene

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    Am Flugplatz Gablingen
    Am Flugplatz Gablingen Foto: Marcus Merk

    Es waren nicht einfach Zwangsarbeiter. Es waren KZ-Häftlinge, die während des Zweiten Weltkriegs in einer ausgelagerten Rüstungsfabrik in der Nähe des Fliegerhorsts Gablingen arbeiten mussten. Unbestreitbar sind, neueren Forschungen nach, diese historischen Wahrheiten.

    Auch in Gablingen gab es eine Außenstelle des Konzentrationslagers Dachau, das insgesamt 169 solcher Außenlager im Laufe des Krieges unterhielt. Einen Hinweis auf die Existenz dieser Einrichtung finde man in Gablingen selbst aber nicht, so Kreisheimatpfleger Dr. Peter Fassl.

    Wann genau das Lager in der Umgebung des Fliegerhorsts entstand, kann heute nicht mehr festgestellt werden, so Historiker Wolfgang Kucera. Auch wo es lag, sei nicht hundertprozentig sicher, wohl zwischen der Bahnlinie Augsburg-Donauwörth und der alten Bundesstraße 2 am Schienenstrang, der vom Bahnhof Gablingen zur damaligen IG Farben in Gersthofen (dem heutigen Industriepark) führt. Es bestand wohl hauptsächlich aus Holzbaracken, eventuell auch aus Wachtürmen. Zumindest zeitweise scheinen auch die von den Luftwaffensoldaten geräumten Kasernengebäude am Luftpark Gablingen genutzt worden zu sein.

    Wohl nur wenige Monate, von Anfang 1944 bis zu seiner Zerstörung am 24. April 1944, war das Lager belegt. Und dabei mit nicht wenigen Männern: Während zunächst im Januar und Februar 1944 wohl 352 Männer hier untergebracht waren, stieg die Zahl dann auf mehr als 1000. Die waren aus Haunstetten nach Gablingen verlegt worden, nachdem das dortige Außenlager bei einem Luftangriff zerstört worden war.

    Anders als im Außenlager in Horgau, der sogenannten Blechschmiede, war das Lager in Gablingen ein reines Wohnlager, zum Arbeiten mussten die Gefangenen woanders hin. Ein Großteil von ihnen wurde jeden Tag mit dem Zug zurück nach Haunstetten gebracht, um dort weiter beim Rüstungsunternehmen Messerschmitt im Stammwerk zu arbeiten.

    Die heutige Kenntnis des Lagers beruht hauptsächlich auf Augenzeugenberichten. Vor Ort hat sich Wolfgang Kucera mit einigen von ihnen getroffen. Sie sprechen davon, dass sie jeden Tag von 4 Uhr früh bis um 23 Uhr nachts unterwegs waren. Eine kleinere Gruppe, etwa 200 bis 300 Gefangene, arbeitete in den Hangars des Gablinger Flughafens an Flugzeugteilen.

    Der Gefangene Edmund Falkuss hat Wolfgang Kucera bereits vor fast zehn Jahren von den damaligen Lebensbedingungen berichtet. Die Ausstattung sei überaus einfach gewesen, zwei bis drei Gefangene hätten sich allein ein Bett teilen müssen. Untergebracht waren Männer aus vielerlei Nationen. Er und weitere Gefangene erinnerten sich auch Jahrzehnte später noch an eine Hinrichtung von sechs Mitgefangenen, die Lebensmittel gestohlen hatten. "Das war wohl im Anschluss an den Luftangriff auf den Fliegerhorst geschehen", so Wolfgang Kucera. Sie wurden erhängt und zur Abschreckung einen ganzen Tag lang hängen gelassen.

    Zwei Italiener kamen beim Angriff ums Leben

    Die Opfer kamen aus Russland und Polen. Umgekommen sind beim Angriff auf das Außenlager ebenfalls zwei Italiener, wie in den Standesamtsakten der Gemeinde Gablingen noch heute nachzulesen ist. Geahndet worden seien diese Verbrechen nicht, heißt es in einem Forschungsbericht, der von der Kulturstiftung des Bunds und des Auswärtigen Amtes gefördert worden ist. So habe es 1973 zwar Ermittlungen gegeben, die wurden aber bald schon wieder eingestellt.

    Bei den Arbeiten rund um die Blechschmiede in Horgau war Wolfgang Kucera dabei. Dort konnten im Wald Fundamente der damaligen Rüstungsfabrik gefunden werden. Ob es solche Reste wohl auch in Gablingen noch gibt, hält der Historiker für unsicher. Zum einen sei das Gebiet lange weiter genutzt worden, zunächst im Rahmen des Fliegerhorsts während des Krieges und anschließend von der amerikanischen Armee. Geforscht haben zum Thema außer Wolfgang Kucera unter anderem auch schon Gernot Römer und Dr. Bernhard Lehmann vom Gersthofer Gymnasium.

    Einen Versuch sei eine detaillierte Untersuchung aber freilich wert, glaubt er. Übrigens auch im Wald bei Zusmarshausen: Denn auf Zusmarshauser Flur befand sich, ebenfalls gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, die Waldfabrik, in der die KZ-Häftlinge aus dem Außenlager Burgau ebenfalls für Messerschmitt arbeiten mussten.

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